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„Toter Gaul“ wirklich tot: Telekom schaltet De-Mail ab

Nach dreistelligen Millionenverlusten steigt die Telekom aus De-Mail, dem von der Bundesregierung initiierten Mailangebot, aus. De-Mail war angetreten, um sichere Behördenkommunikation zu ermöglichen.

3 Min. Lesezeit
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Die Deutsche Telekom wird künftig keine sichere E-Mail-Kommunikation nach dem De-Mail-Gesetz mehr anbieten. (Foto: Shutterstock)

Die Deutsche Telekom kündigt ihren Unternehmens- und Behördenkunden ihre De-Mail-Verträge „aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit“. Ab Anfang September 2022 bietet die Telekom den Dienst nicht mehr an. In einer Übergangsfrist von drei Monaten nach dem Ende des Dienstes haben Kunden die Möglichkeit, ihre Daten, also hauptsächlich ihren Mail-Verlauf, zu sichern. Danach schaltet die Telekom die Server ab. Privatkunden sind bislang nicht von Kündigungen betroffen, werden aber in diesem Herbst auch entsprechende Schreiben erhalten.

Verhandlungen über Kostenbeteiligung scheitern

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Noch im Sommer soll die Telekom mit dem für den Dienst zuständigen Bundesinnenministerium versucht haben, über eine weitere, möglicherweise erhöhte Kostenbeteiligung des Bundes zu verhandeln. Ob es ein Angebot seitens der Regierung gegeben hat, ist unklar. So oder so haben die Verhandlungen die Telekom am Ende zur Ausstiegsentscheidung geführt.

Dass eine Fortführung ohne finanzielle Verlustübernahme durch das Ministerium für das Kommunikationsunternehmen nicht infrage kommen würde, hatte sich aus verschiedenen Aussagen des Telekom-Chefs Tim Höttges, die er im Februar 2021 im Interview auf dem Youtube-Kanal „Jung & Naiv“ getätigt hatte, bereits klar erkennen lassen. Höttges nannte De-Mail einen „toten Gaul“ und einen „überkomplizierten“ Dienst. Deshalb habe es auch „nie jemanden gegeben, der dieses Produkt genutzt hat“.

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United Internet AG an Kundenübernahme interessiert – unter Voraussetzungen

Dabei bedeutet der Ausstieg der Telekom zwar einen Schlag für das Projekt, aber nicht dessen Ende. Immerhin gibt es mit der United-Internet-Gruppe einen weiteren großen „akkreditierten Diensteanbieter“. Deren Töchter Web.de und GMX haben in Person ihres Geschäftsführers Jan Oetjen bereits Interesse an der Übernahme des Telekom-Kundenbestandes geäußert.

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Das hatte Oetjen gegenüber dem Spiegel zwar grundsätzlich bestätigt, dabei aber klar zur Voraussetzung gemacht, dass dazu nicht nur „die weitere staatliche Unterstützung“, sondern vor allem eine „Ausweitung der Nutzung“ gewährleistet werden müsste. Das wäre nach seiner Ansicht recht einfach dadurch möglich, dass Behörden ihren Postversand von Postbrief auf De-Mail umstellen.

Zudem sei die De-Mail gut als Mittel der digitalen Identifikation zu gebrauchen und könne unter diesem Aspekt ein nützliches Werkzeug bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sein. Dieses „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ verpflichtet Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Oetjen schwebt nun ein übergreifender Login für die Bürgerinnen und Bürger über das individuelle De-Mail-Konto vor.

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Das ist De-Mail

Am 3. Mai 2011 war die vom Bundestag beschlossene Gesetzesinitiative der Bundesregierung zu Errichtung und Betrieb „einer elektronischen Kommunikationsplattform, die einen sicheren, vertraulichen und nachweisbaren Geschäftsverkehr für jedermann im Internet sicherstellen“ sollte, in Kraft getreten – das sogenannte De-Mail-Gesetz. Dieser Dienst sollte auf den Namen De-Mail hören und konnte im Grunde von jedem Provider angeboten werden, der bereit war, sich – wie vom Gesetz vorgesehen – zu akkreditieren.

Die Telekom war der erste und wichtigste Partner. Der Dienst wurde in der Folge stark beworben und mit hohem Aufwand an den Markt gebracht. Für Unternehmen und Behörden ist er kostenpflichtig, Privatpersonen können ihn kostenlos nutzen. Mit De-Mail sollte es möglich werden, sensible, vor allem behördliche Post sicher zu empfangen und auch sicher an die Behörde zu versenden.

Behörden waren gesetzlich verpflichtet worden, Zugänge für Empfang und Versand von De-Mail-Kommunikation einzurichten, was die meisten nur mit erheblichem Zeitverzug und auf kleinster Flamme tatsächlich getan hatten. So konnte keine echte Nutzenargumentation aufgebaut werden, weshalb der Dienst auch bei Privatpersonen keine Attraktivität entfalten wollte. Zuletzt war von etwa 600.000 Privat- und etwa 50.000 Geschäftsnutzenden die Rede.

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Linus Neumann vom Chaos Computer Club war Ende 2013 sogar so weit gegangen, De-Mail als Bullshit made in Germany zu bezeichnen. Der Dienst sei nur für jene interessant, die kein Problem damit hätten, ihre Mails direkt beim Bundesnachrichtendienst BND zu hosten, so der Aktivist.

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Dein t3n-Team

Ulrich Schramme

Ich hätte gar nicht gedacht, dass es De-Mail noch gibt. Das war doch schon verstorben, bevor es angefangen hatte.

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