Digital Leadership: Wie Entscheidungsfindung im digitalen Zeitalter funktioniert

Mit Big Data ändert sich die Ausgangslage für Unternehmen grundlegend. Eine Fülle an Daten ist aufgrund neuer technologischer Entwicklungen verfügbar. Diese Daten sind das neue Gold, sofern sie ausgewertet und miteinander verknüpft werden. Allerdings zeigen Studien, dass deutsche Unternehmen das wirtschaftliche Potenzial der strategischen Nutzung großer Datenmengen noch lange nicht ausschöpfen. Die Vorteile von Big Data werden von Unternehmen aktuell nur zu rund 30 Prozent realisiert, so eine McKinsey-Studie. Am weitesten verbreitet ist der Einsatz von Advanced Analytics bei der Nutzung standortbasierter Dienstleistungen wie Navigation oder mobiler Werbung. Unternehmen in diesen Bereichen schöpfen gegenwärtig rund 50 bis 60 Prozent des Potenzials aus.
Digital ist besser
Auch die Anforderungen an Prozesse zur Entscheidungsfindung verändern sich unter dem Einfluss von Big Data. Für eine Studie befragte Führungskräfte geben mit einer Mehrheit von 42 Prozent an, sich bei ihren Entscheidungen auf umfangreiche Daten zu stützen. Eine weitere Gruppe setzt beim Thema Entscheidungen auf Kollaboration und involviert möglichst viele weitere Akteure (32 Prozent). Auf der Basis von Hypothesen und Empirie entscheiden 17 Prozent der Befragten. Die kleinste Gruppe trifft Entscheidungen intuitiv (zehn Prozent).
Trotz dieses niedrigen Werts ist Intuition nach wie vor eine wichtige Grundlage für Entscheidungsträger. Von den datenorientierten Führungskräften geben fast drei Viertel an, sich auch auf ihre Einschätzung und damit auf ihre Intuition zu verlassen.
Organisationen betonen Datenlage oft über
Intuition und Daten-Orientierung bilden dabei keinen Gegensatz: Intuition ist die persönliche, subjektive Erfahrung, beispielsweise als Konsument. Daten sind die gesammelten Erfahrungen vieler – also das Konsumentenverhalten.
Weicht die Datengrundlage von der persönlichen Intuition ab, vertrauen viele Führungskräfte stärker der Datengrundlage. Die Mehrheit der Befragten analysiert die Datengrundlage erneut (57 Prozent) oder sammelt weitere Daten (30 Prozent). Lediglich zehn Prozent der Studienteilnehmer ziehen die eigene Intuition vor und ignorieren die Datenlage. Die Ergebnisse legen nahe, dass Organisationen die Datenlage überbetonen. Gleichzeitig unterschätzen Führungskräfte den sinnvollen, werthaltigen Einsatz ihrer persönlichen Intuition. Manager sind gefordert, unter großer Unsicherheit und eingeschränkter Planbarkeit zu agieren. Strategien werden für immer kürzere Zeiträume entworfen. Gleichzeitig nimmt die Menge der Daten exponentiell zu.
Kompetenzen zur Entscheidungsfindung
Für eine fundierte Entscheidungsfindung im digitalen Zeitalter braucht es auch eine ausgeprägte Kompetenz zur gezielten Auswertung dieser Daten. Der Leadership Report 2016 des Zukunftsinstituts beschreibt vier Reifegrade von Big Data:
- Collect: In der ersten Stufe werden Daten-Kompetenzen ausgebaut und Datenströme gezielt gesammelt. Zunehmend werden auch Daten aus smarten Produkten erschlossen.
- Report: Existierende Daten werden dabei intensiver genutzt. Unternehmen setzen auf vergleichende Auswertungen wie beispielsweise Benchmarking sowie Cockpit-Analysen. Das Ergebnis sind Dashboards und Scorecards, die wichtige Informationen für die Unternehmensführung enthalten.
- Analyze: In dieser Phase steht die Entwicklung von Problemlösungsstrategien im Mittelpunkt. Mit analytischen Systemen werden Wirkungszusammenhänge hergestellt. Daraus lassen sich praktische Erkenntnisse gewinnen, die Unternehmen im Tagesgeschäft umsetzen können.
- Predict: Auf der höchsten Stufe nutzen Unternehmen Daten, um valide Prognosen für die Zukunft zu erstellen. Dazu werden Szenarien entwickelt, die komplexe Zusammenhänge erklären können. Diese Prognosen erlauben Aussagen über zukünftige Risikoprofile und Trends sowie über Änderungen des Kundenverhaltens. Die einzelnen Datenquellen stehen dabei nicht notwendigerweise in einem ursächlichen Zusammenhang.
Neben dem digitalen Reifegrad ist es für Führungskräfte wichtig, immer wieder die eigene Rolle und das Entscheidungsverhalten kritisch zu reflektieren. So können sich Manager nicht mehr ausschließlich auf ihr „Bauchgefühl“ verlassen. Stattdessen müssen sie konsequent den Umgang mit Daten lernen.
Unternehmenskultur wird digital – immer noch eine Herausforderung
Die Zeit von klaren Ursache-Wirkungszusammenhängen, konventionellen Denkmustern und einfachen Antworten ist vorbei. Statt Management by objectives oder anderen linearen Managementsystemen müssen Führungskräfte Schritte gehen, die die Unternehmenskultur und das Entscheidungsverhalten der Mitarbeiter verändern:
- Verantwortung dezentralisieren: In komplexen Systemen ist eine zentrale Top-Down-Steuerung nicht mehr möglich. Hierarchien werden flacher. Die Verantwortung wird auf sich weitgehend selbst steuernde Teams verlagert.
- Prozesse vereinfachen: Bürokratische und mit Regeln aufgeladene Prozesse führen dazu, dass Mitarbeiter aus der Verantwortung fliehen. Diese Entwicklung behindert die Agilität im Unternehmen. Außerdem hemmt sie das, was Unternehmen in der Zukunft immer mehr benötigen: Engagement und Initiative ihrer Mitarbeiter.
- Blickwinkel wechseln: Neue Herausforderungen brauchen neue Handlungs- und Denkmuster. Nur so entstehen neue Bilder und Lösungen. Mit einem Wechsel des Blickwinkels lassen sich Alternativen zu ursprünglich beabsichtigten Optionen erkennen.
- „Fail fast“: Eine Unternehmenskultur muss agiles Management fördern. Statt langen Planungsprozessen ist es besser, frühzeitig Entscheidungen zu treffen und Rapid Prototyping zu betreiben. Mitarbeiter müssen angstfrei arbeiten und im Unternehmensalltag initiativ Neues wagen können.
Die VUCA-Welt und Big Data haben starken Einfluss auf das Entscheidungsverhalten. Um nachhaltige Entscheidungen in unsicheren und komplexen Kontexten zu treffen, sollten sich Digital Leader und Mitarbeiter auf Daten und Intuition gründen.