Digitales Angebot dank Corona – so reagieren Startups

Aerobic im Fitnessstudio, Yogakurse und Pilates, der Besuch in der Boulderhalle – mit einer Mitgliedschaft bei Urban Sports Club war all das möglich. Das Startup bietet eine Flatrate fürs Schwitzen. Zumindest vor Corona. Seitdem das Coronavirus Sars-CoV-2-Virus grassiert, sind die Sportstudios geschlossen, Ausgangsbeschränkungen halten die Menschen in Deutschland und der Welt in ihren eigenen vier Wänden.
Für das Startup, das hinter der Fitness-Flatrate steht, bedeutete das vor allem eines: so schnell wie möglich umdenken. Denn wenn niemand mehr in Studios oder Sporthallen trainieren darf, steht das Geschäftsmodell von Urban Sports Club im Grunde vor dem Nichts. Dass das Unternehmen mittlerweile in einige Länder expandiert hat, machte die Situation da leider auch nicht besser. Schließlich ist die Lage um die Corona-Pandemie in den anderen europäischen Ländern ähnlich miserabel und zum Teil noch schlimmer.
Die einzige Chance: Ein digitales Angebot
Die Gründer von Urban Sports Club, Moritz Kreppel und Benjamin Roth, haben t3n im Interview erzählt, wie sie die Herausforderung gemeistert haben, eine Alternative für ihr bestehendes Konzept zu finden. Ziemlich schnell war klar, dass die einzige Möglichkeit, die aktuellen Herausforderungen irgendwie zu meistern, in einem digitalen Angebot bestand. Innerhalb von drei Tagen hat das Team von Urban Sports Club ein digitales Produkt gelauncht. „Wir hätten auch resignieren und unsere Mitglieder allesamt in eine Pause schicken können. Damit wäre weder Studios noch Mitgliedern noch unserem Team bei Urban Sports Club geholfen gewesen“, erzählt Benjamin Roth.
Die Mitglieder von Urban Sports Club haben jetzt die Möglichkeit, Onlinekurse im Livestream zu besuchen. Über 900 Partner, die vorher Workshops in Studios angeboten haben, streamen ihre Fitnessklassen nun live. Dass es keine simplen Aufzeichnungen von Sportkursen sind, hat dabei vor allem den Zweck, die Community weiter aufrecht zu erhalten. „Damit können Mitglieder ihre Trainingsroutine aus der Offline-Welt online zumindest teilweise fortsetzen“, erklärt Roth.
Den Gründern von Urban Sports Club geht es mit ihrem digitalen Angebot allerdings nicht nur darum, eine Alternative zum Training im Studio zu liefern. Vielmehr sei es gerade jetzt, wo alle zu Hause festsitzen, besonders wichtig, einen sportlichen Ausgleich für Körper und Geist zu schaffen. „Firmen mussten von einem Tag auf den anderen auf Homeoffice umstellen. Einige haben auf Kurzarbeit umgestellt, andere arbeiten mehr als vorher. Da freut sich jeder abends auf seinen Yoga- oder HIIT-Kurs“, sagt Moritz Kreppel. Ein weiterer Vorteil des digitalen Angebots sei es außerdem, dass die Mitglieder nun auch auf das Angebot anderer Städte zugreifen könnten: morgens München, abends Paris.
Das Konzept hat auch Vorteile
Bei Onlinekursen gebe es ein spannendes Phänomen, berichtet Kreppel: „Wir haben von Mitgliedern gehört, dass sie sich zu Hause allein plötzlich trauen, ganz neue Kurse zu besuchen, weil sie wissen, dass sie unbeobachtet sind. Da bietet eine Livestream-Option ganz neue Freiheiten.“ Das Gemeinschaftsgefühl, die Interaktionen und die Betreuung vor Ort kann ein digitales Angebot allerdings trotzdem nicht ersetzen, das wissen auch die beiden Gründer. „Ich spiele Fußball, gehe klettern und mache Functional Training. Mit Freunden, meiner Familie oder meinem Team zu trainieren, ist immer noch etwas anderes als ein Workout im Wohnzimmer“, erzählt Roth.
Das merkt man schließlich auch an den Mitgliederzahlen. So schnell Urban Sports Club auch reagiert hat – fünfzig Prozent ihrer Nutzer haben sie verloren. Langfristig nur auf das digitale Angebot zu setzen, kommt also nicht infrage. Ganz in der Schublade verschwinden soll es aber auch nicht. „In Zukunft wird es beides geben: Online- und Offlinekurse“, sagt Roth. Zumindest, sobald das wieder möglich ist.

Artnight-Gründerin Aimie Carstensen versucht, zuversichtlich zu bleiben. (Foto: Fabian Pfitzinger)
Ganz ähnlich wie Urban Sports Club erging es Artnight. Das Startup von Aimie-Sarah Carstensen und David Neisinger organisiert eigentlich offline Kunstevents. Dabei können sich die Teilnehmer in Kneipen oder Cafés zusammenfinden und, angeleitet von einem lokalen Künstler oder einer Künstlerin, verschiedene beliebte Motive auf Leinwand nachmalen. Artnight tritt dabei als Organisator der Events auf. Neben diesen Kunstevents gibt es außerdem sogenannte Plantnights, Shakenights und Bakenights. Zumindest gab es die – bis der Ausbruch des Virus gemeinsame Veranstaltungen dieser Art unmöglich gemacht hat.
Ebenso wie Urban Sports Club waren die Köpfe hinter dem Event-Startup also dazu gezwungen, umzudenken. Keine leichte Aufgabe. Denn Fitness vor dem Bildschirm hat ja schon länger Einzug in unsere Wohnzimmer gehalten. Aber Malen nach Anleitung? Klingt zunächst nicht nach der bahnbrechenden Idee, auf die alle in ihren eigenen vier Wänden gewartet haben. Liest man sich Bewertungen von Artnight durch, so dominiert schließlich der Gemeinschaftsaspekt die positiven Erinnerungen.
Die Teilnehmer malen vor der Kamera
Trotzdem hat das Startup nun sein gesamtes Angebot vorerst auf digitale Kurse umgestellt. Die Teilnehmer buchen sich ein Ticket für eine Live-Artnight und nehmen gemeinsam mit zwanzig anderen per Video am ausgewählten Event von zu Hause aus teil. Wer keine Malutensilien hat, kann sich über die Internetseite des Startups ein Kit mit Materialien nach Hause bestellen. Ähnlich funktioniert das auch für die Pflanzworkshops, die Cocktailkurse und die Backevents. „Wir sind davon überzeugt, dass Kontaktverbote, Ausgangssperren und Homeoffice die soziale Isolation verstärken, weshalb wir unser Modell auf Onlineformate angepasst haben“, erzählt die Gründerin Carstensen im Gespräch.
Trotzdem ist die Krise heftig
Und dennoch: Die Krise trifft Artnight sehr hart, wie die Gründerin im Interview erzählt. „Ob wir den Umsatzeinbruch mit unseren Live-Events und Tutorials auffangen können, werden die nächsten Wochen zeigen“, sagt Carstensen. Dauerhaft kann das Onlineangebot, das Artnight ebenso wie Urban Sports Club in Rekordzeit auf die Beine gestellt hat, also wohl auch nur eine Erweiterung zu Offline-Events sein. „Wir sind uns sicher, dass die Menschen nach der Coronakrise umso mehr wieder offline erleben wollen. Wenn das soweit ist, freuen sich unsere Künstler, Bartender, Floristen und Bäcker, viele Teilnehmer in den jeweiligen Events begrüßen zu dürfen.“
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