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MIT Technology Review Kolumne

Digitalisierung in der Verwaltung: Wie ich mich online in das Organspende-Register eintragen wollte

Verwaltungsdigitalisierung ist mehr als eine App für Terminvereinbarungen oder digitales Ausweisen. Das Beispiel Organspende-Register zeigt, dass diese Systeme manchmal über Schicksale bestimmen.

Von MIT Technology Review Online
3 Min.
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Bei mancher digitalen Verwaltungsdienstleistung ist die eID nötig. Unsere Kolumnistin Julia Kloiber muss sich diese eID vom Bürgeramt holen. Doch das hat leider "keine Termine verfügbar". (Foto: Mo Photography Berlin / Shutterstock.com)

„Ab sofort können Sie sich ganz einfach online in das Organspende-Register eintragen lassen“, tönt es aus meinem Fernseher. Freudig nehme ich mein Mobiltelefon in die Hand. Ich kann es nicht erwarten, mich einzutragen. Endlich keine labbrige Papierkarte mehr, die im Fall des Falles ohnehin niemand findet.

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Julia Kloiber (Foto: Oliver Ajkovic)

Als Österreicherin bin ich es sowieso gewohnt, beim Thema Organspenden automatisch Opt-in zu sein; damit ist der Eintrag in das deutsche Spendenregister für mich eine Selbstverständlichkeit. In Österreich gilt die sogenannte Widerspruchslösung: Alle, die in Österreich wohnen, sind automatisch Spender:innen, außer sie widersprechen aktiv. Die mit dem labbrigen Zettel im Portemonnaie sind in Österreich und vielen anderen EU-Ländern also all jene, die eine Spende ablehnen.

Aber diese Kolumne ist kein Organspende-Pro-und-Kontra, sondern ein Blick auf Digitalisierung, und der nächste Screen auf meinem Bildschirm ist der App-Store. Die Eintragung ins Register läuft nämlich über die sogenannte eID-Karte, die „elektronische Identität“, die in neuere Personalausweise integriert ist. So weit, so gut. Ich lade mir die Ausweis-App herunter und halte meinen Ausweis wie angewiesen an den Sensor meines Smartphones. Es vibriert befriedigend und auf dem Display erscheint ein blauer Haken. Für eine Millisekunde steigt so etwas wie Jubel in mir auf. Dann die Ernüchterung. Der blaue Haken verschwindet.

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Digitale Dienstleistungen: „Schnell und reibungslos funktionieren“

Ich bin absichtlich naiv an die Sache herangegangen. Ich habe versucht, mich in jemanden hineinzuversetzen, der einfach nur will, dass digitale Dienstleistungen schnell und reibungslos funktionieren. Nach einer Recherche finde ich heraus, dass ich mir als im Ausland lebende österreichische Staatsbürgerin erst eine eID-Karte vom Bürgeramt holen muss. Eine labbrige Papierkarte wird durch eine steife Plastikkarte ersetzt: ein Hoch auf die Digitalisierung! Als ich mich im Bürgeramt einlogge, um einen Termin zu vereinbaren, werde ich mit „keine Termine verfügbar“ begrüßt. Hier endet mein Versuch, mich als Organspenderin registrieren zu lassen. Schade eigentlich, denn in Deutschland stehen über 8000 Leute auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Jetzt könnte man sagen: Doof gelaufen, als im Ausland lebende Österreicherin ist das halt nicht so einfach, aber Deutsche müssen ja lediglich ihren Chip auslesen.

Immerhin sind laut Bundesinnenministerium 92 Prozent aller Personalausweise eID-fähig. Diese Zahl macht mich neugierig. Ich frage mich durch meinen Bekanntenkreis, auf der Suche nach eIDs. Meine Mini-Umfrage ist ernüchternd, nur eine Person hat eID aktivieren lassen. Das deckt sich mit den Zahlen der Studie des EGovernment Monitors, laut der nur 14 Prozent der Bürger:innen die digitale Identifikation nutzen. Der Grund: Die Menschen sehen keinen Vorteil und es fehlt ihnen an Anwendungsmöglichkeiten. Das kann man ihnen nicht zum Vorwurf machen, die Liste der Anwendungsfälle ist mager: Sie reicht von A wie Altersbestätigung in Onlineshops bis Z wie Zugang mit Pseudonym für Anmeldungen in Foren und Chatrooms. Insgesamt umfasst sie fünf Einträge.

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„Keine Termine verfügbar“

In der Theorie soll durch die digitale Eintragungsmöglichkeit ins Organspende-Register die Gruppe derjenigen, die ihre Spendenbereitschaft signalisieren, größer werden. In der Praxis hängt die Spendenbereitschaft am Erfolg der eID. Selbst wenn die eID aktiviert ist, sie aber jahrelang nicht genutzt wurde, ist die Chance groß, dass man seine PIN vergessen hat. Was dann folgt, ist der Weg aufs Bürgeramt, um die PIN zurücksetzen zu lassen. Und dann ist man an derselben Stelle wie ich – auf dem Screen mit den Worten „keine Termine verfügbar“. Als Fazit bleibt mir nur eines: Vielleicht sollte man in Deutschland statt auf technische Lösungen doch einfach auf eine Widerspruchslösung bei der Organspende setzen. Wie so oft im Leben gibt es einen nicht-technischen Fix für das Problem. Und so endet eine Kolumne über Digitalisierung mit der Empfehlung, ohne sie auszukommen.

Autorin dieses Textes ist Julia Kloiber. Sie arbeitet als Mitgründerin der feministischen Organisation Superrr Lab an gerechten und inklusiven digitalen Zukünften. In der gedruckten Ausgabe von MIT Technology Review berichtet sie in ihrer Kolumne über ihre Erfahrungen in und mit der Tech-Welt.
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Kommentare (2)

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Kane Abel

Ja, willkommen in Deutschland. Dem Land der Digitalen Einöde. Prärie der Prärien. Zumindest wenn es um nahezu alles geht, dass öffentlich oder mit Amtlich zu tun hat.

Ist nicht das erste Mal, das eine gute Idee letztendlich entweder, bestenfalls, lieblos für immer mitgeschleift wird, oder Mangels fehlendem Marketing, Verständnis oder Einsatzmöglichkeiten einfach elendig verendet.

Was könnte alles sein, wären wir nicht allzu oft zu träge, planlos oder engstirnig.

In diesem Sinne: Danke trotzdem! :-)

pommesmatte

Als Österreicherin ist eigentlich die Identifizierung mittels der österreichischen eID über das eIDAS Netzwerk vorgesehen.

Keine Notwendigkeit eine deutsche eID-Karte zu besorgen. Die ist für Menschen gedacht, die keine eigene eID über Ihren Staat erhalten können.

Warum das Organspende-Register trotz entsprechender Verpflichtung nicht ans eIDAS-Netzwerk angebunden ist, sollte man dort mal nachfragen.

So lange kann man sein eIDAS-Mittel z.B. an der BundID ausprobieren.w

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