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MIT Technology Review Analyse

Wenn Dunkelflauten den Strompreis nach oben treiben: Wie viel Speicher sichert die Energieversorgung?

Wenn Sonne und Wind im trüben Winter keinen Strom liefern, stellt das die Energieversorgung auf die Probe und treibt den Strompreis in die Höhe. Technisch ließe sich das lösen, dafür muss die Politik aktiv werden.

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Das deutsch-italienische Unternehmen Enapta hat modulare Elektrolyseure entwickelt, die sich wie Batterien in großen Racks unterbringen lassen. Der Trick: Gruppen von je zehn Modulen werden, je nach Bedarf, getrennt angesteuert – hier eine Anlage für 420 Module mit einer Leistungsaufnahme von einem Megawatt. Nach eigenen Angaben hat Enapta bereits 3700 Elektrolyseure in 50 Ländern verkauft. (Foto: Enapter)

Am Mittwoch, dem 6. November 2024, führte trübes Novemberwetter zu einer der härtesten Prüfungen für das deutsche Stromnetz. Gegen 18 Uhr konnten die Erneuerbaren nur noch 11,6 Prozent zur Last beisteuern.

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Um ähnliche niedrige Werte zu finden, muss man in der Datenbank von energy-charts lange zurückgehen: Am 16. November 2021 lag der EE-Anteil bei nur 11,8 Prozent. Damals war aber noch viel weniger Wind- und Solarleistung installiert. Warum kaum jemand davon etwas mitbekommen hat? Weil vor allem fossile Kraftwerke in die Bresche sprangen. Gut 15 Gigawatt steuerten jüngst Gaskraftwerke bei, mehr als 19 Gigawatt kamen von Kohlekraftwerken. Zu einer ähnlichen Situation kam es auch am 12. Dezember.

Das hatte allerdings – neben den Treibhausgasen – seinen Preis: Am Vortag stieg der Strompreis im Day-Ahead-Handel auf mehr als 820 Euro pro Megawattstunde – gut drei Mal so viel wie im November 2023.

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Dieser Artikel ist zuerst in der Ausgabe 2/2024 von MIT Technology Review erschienen und wurde seitdem aktualisiert. Darin setzen wir uns kritisch mit dem Stand der Energiewende in Deutschland auseinander. Hier könnt ihr das Heft als Print- oder pdf-Ausgabe bestellen.

Damit immer genug Strom fließt, braucht es ein austariertes Zusammenspiel

Solche „Dunkelflauten“ sind das härteste Problem der Energiewende. Selbst wenn Deutschland es schaffen sollte, seine Wind- und Solarkraftwerke wie geplant zu vervielfachen: Ist es Nacht und windstill, nützt die ganze installierte Leistung nichts. Damit das ganze Jahr über genug Strom fließt, braucht es ein fein austariertes Zusammenspiel von allen Komponenten des Stromnetzes. Ohne fossile Stromerzeuger müssen die Karten komplett neu gemischt werden.

Der für 2030 geplante Kohleausstieg ist dabei noch das kleinere Problem. Rein rechnerisch sind derzeit genug Gaskraftwerke installiert, um die Lücke zu füllen. Doch spätestens, wenn Deutschland bis 2045 völlig ohne fossile Brennstoffe, also auch ohne Erdgas, auskommen will, wird es eng. „Wir haben zahlreiche Studien dazu durchgerechnet und modelliert“, schreibt Michael Sterner, Professor für Energiespeicher an der OTH Regensburg, in seinem Buch „So retten wir das Klima“. Beim gegenwärtigen Anteil von 50 Prozent der Erneuerbaren reichten die vorhandenen Kurzzeitspeicher aus. „Ab einem Anteil von 70 Prozent steigt der Bedarf allerdings sprunghaft an, und von 80 auf 100 Prozent erhöht er sich noch mal um den Faktor 2 bis 4.“

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Erschwerend kommt hinzu, dass auch der Stromverbrauch in den kommenden Jahren stark ansteigen wird, etwa durch E-Autos und Wärmepumpen. Es gibt zwar eine ganze Reihe von Möglichkeiten, extreme Lastspitzen zu kappen: Energieintensive Großbetriebe, Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen lassen sich beispielsweise so steuern, dass sie das Netz nicht in den kritischsten Phasen zusätzlich belasten. Und auch Biomasse ließe sich stärker als bisher für die Stabilisierung des Stromnetzes einspannen.

Bei hartnäckiger Dunkelflaute braucht es große Stromspeicher

Doch selbst, wenn man alle diese Optionen ausreizt: Für eine hartnäckige Dunkelflaute werden sie nicht ausreichen. Viele Lasten lassen sich zwar um ein paar Stunden verschieben, aber nicht um mehrere Tage oder gar Wochen. Und von einer ungünstigen Großwetterlage sind meist auch die Nachbarländer betroffen. Ein Ausbau des europäischen Verbundnetzes, um fehlende Kapazitäten durch Zukäufe auszugleichen, würde also auch nur begrenzt helfen.

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Es braucht also Stromspeicher. Wie viele genau, ist allerdings schwer einzuschätzen. Einen ersten Anhaltspunkt zu den absoluten Werten liefert der tägliche Stromverbrauch Deutschlands. Er liegt laut Branchenverband VDE derzeit zwischen einer Terawattstunde im Sommer und vier Terawattstunden im Winter (unter anderem, weil Privathaushalte wegen der früher einsetzenden Dunkelheit mehr verbrauchen). Doch dies ist nur eine Momentaufnahme. „Die größte Unbekannte ist das Profil des zukünftigen Strombedarfs“, heißt es in einer Studie der FH Westküste. „Wann werden wir unsere Pkw laden und welche Lastspitzen erzeugen die Wärmepumpen?“ Weitere offene Fragen: Wie schnell werden die Erneuerbaren zugebaut und in welchem Strommix? Wie schreitet der Netzausbau voran? Welche Möglichkeiten der Lastverschiebung gibt es? Was können Biomasse, Geothermie und Wasserkraft leisten? Welche Rolle werden Energie-Importe spielen? Wie verändern sich Wetter und Klima? Und vor allem: Auf welche Dauer von Dunkelflauten muss man sich einstellen?

Um das herauszufinden, haben Oliver Ruhnau von der Hertie School in Berlin und der britische Unternehmensberater Staffan Qvist die Energie- und Wetterdaten von 35 Jahren in stündlicher Auflösung analysiert. Die längsten Dunkelflauten dauerten demnach rund zwei Wochen am Stück. Doch das war nicht alles: Oft folgten mehrere Dunkelflauten dicht hintereinander. Dann steht zwischendurch nicht genug erneuerbare Energie zur Verfügung, um die Speicher wieder zu laden. Insgesamt können dadurch Phasen mit Energiedefiziten (unter Einbeziehung der Speicherverluste) bis zu zwölf Wochen anhalten. Eine weitere Erkenntnis: In den extremsten Jahren war der Speicherbedarf mehr als doppelt so hoch wie in einem Durchschnittsjahr. Um auch für solche Extremfälle gewappnet zu sein, veranschlagen Ruhnau und Staffan Qvist den Speicherbedarf auf 36 TWh Strom. Andere Studien kommen auf ähnliche Größenordnungen.

Eine Stunde Speicher für das deutsche Stromnetz

Verglichen mit dem derzeitigen Bestand sind das ganz andere Dimensionen. Deutsche Pumpspeicherwerke können knapp 40 GWh aufnehmen – also etwa ein Tausendstel des Bedarfs. Und neue Pumpspeicherseen lassen sich kaum noch zubauen, denn dazu müsste man ganze Täler fluten. An Batterien sind derzeit gut 11 GWh installiert, das meiste davon als Heimspeicher. Gemeinsam könnten alle Speicher vielleicht eine Stunde lang das deutsche Stromnetz versorgen, dann wären sie leer.

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Auch dies ist nur eine Momentaufnahme. Leistung und Kapazität von Batteriespeichern haben sich hierzulande seit 2021 mehr als verdreifacht. Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters sind sie durch gesunkene Fertigungskosten und gestiegene CO₂-Preise mittlerweile so wirtschaftlich, dass sie weltweit zunehmend Gaskraftwerke zur Stabilisierung des Stromnetzes verdrängen. Bis Mitte des Jahrhunderts halten die Analysten von Frontier Economics allein in Deutschland knapp 300 GWh an großen Batteriespeichern für möglich.

Doch selbst das wäre nur etwa ein Hundertstel der bis 2045 nötigen Kapazität. Mehr wäre schon wegen des gewaltigen Rohstoffbedarfs kaum vorstellbar. Dazu kommen noch die Kosten. Damit sich die Stromspeicher rentieren, sollten sie idealerweise mehrmals am Tag be- und entladen werden, etwa zum Ausgleich kurzfristiger Schwankungen oder zur Überbrückung der Nacht. Langzeitspeicher für Dunkelflauten dürften aber eher auf ein bis zwei Zyklen im Jahr kommen. „Mit den heute bekannten Technologien kommen für die Langzeitspeicherung derart großer Energiemengen nur chemische Energiespeicher (zum Beispiel Wasserstoff oder Methan) infrage“, folgert der Branchenverband VDE.

Stromspeicherung: Wasserstoff, Methanol, Ammoniak

Hier offenbart sich ein Zielkonflikt: Die Stromspeicherung mit Wasserstoff hat höhere Umwandlungsverluste als die mit Batterien. Und bei synthetischem Methan sind die Verluste noch einmal höher als bei Wasserstoff. Bis zu drei Viertel der eingesetzten Energie kann dabei verloren gehen. Aber dafür lässt sich Methan einfacher handhaben und direkt im bestehenden Energiesystem einsetzen. Auch Methanol und Ammoniak könnten als Energieträger dienen – mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen. Ob die Effizienz oder das Handling wichtiger ist, hängt wiederum an einem ganzen Rattenschwanz weiterer Rahmenbedingungen: Energieüberschuss, Nutzung von Abwärme, Stromkosten, Infrastruktur, Importwege, Bedarf anderer Branchen und so weiter. „Die Langzeitspeicher werden nicht häufig im Jahr gebraucht, nur zum Lückenfüllen. Deshalb ist ihre Effizienz zweitrangig“, argumentiert Michael Sterner.

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Doch egal, für welchen Energieträger man sich entscheidet: Am Anfang steht immer der Wasserstoff. Und dieser sollte idealerweise mit grünem Strom erzeugt werden, also durch die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff (Elektrolyse). Wasserstoff kann direkt genutzt werden, aber auch als Ausgangsstoff für die Erzeugung anderer Energieträger wie Methan dienen (siehe Grafik unten). Hier lauert schon der nächste Zielkonflikt: Elektrolyseure arbeiten tendenziell am effizientesten, wenn sie möglichst gleichmäßig ausgelastet sind. Schließlich müssen sie Gase und Flüssigkeiten umwälzen, die auf jede Veränderung mit einer gewissen Trägheit reagieren. Für das Stromnetz ist aber das genaue Gegenteil gefragt: Verbraucher, die schnell und flexibel überschüssige Strommengen abnehmen.

Die Grafik zeigt die Umwandlungsschritte beim Ein- und Ausspeichern von Strom. Je mehr Schritte, desto schlechter ist tendenziell der Wirkungsgrad. Wie hoch er im Einzelnen ist, hängt auch davon ab, ob und wie dabei entstehende Abwärme genutzt werden kann. Beim Methan kommt noch hinzu, dass Kohlendioxid gewonnen und zu Kohlenmonoxid reduziert werden muss. Beides verbraucht weitere Energie. (Grafik und Quellen: MIT Technology Review)

 

Stand der Elektrolyseleistung in Deutschland

Bisher gibt es kein Elektrolyseverfahren, das alle Anforderungen gleichermaßen gut erfüllt. Moderne Elektrolyseure mit Protonenaustauschmembran (PEM) punkten zwar in Sachen Wirkungsgrad und lassen sich vergleichsweise schnell hoch- und runterregeln. „Allerdings halten sie nicht besonders lange, sind teuer, brauchen sehr reines Wasser und kritische Rohstoffe“, sagt Oliver Opel, Professor an der FH Westküste. Er plädiert deshalb für klassische alkalische Elektrolyseure, die bisherigen Arbeitspferde der Wasserstoffbranche. „Sie haben bei der Regelung und dem Wirkungsgrad enorme Fortschritte gemacht, und man braucht weniger kritische Metalle wie Iridium und Platin.“

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Im Moment sind in Deutschland rund 100 Megawatt an Elektrolyseleistung installiert. Im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie will die Bundesregierung die Leistung bis 2030 auf 10 GW verhundertfachen. Das soll für etwa 28 TWh Wasserstoff im Jahr reichen. Rechnet man die Umwandlungsverluste bei der Verstromung hinzu, entspricht das also gerade einmal einem Viertel bis einem Drittel des angenommenen Wasserstoffbedarfs. Die EU will bis 2030 europaweit 40 GW an Elektrolyseuren zubauen.

Selbst das 10-GW-Ziel ist schon ambitioniert – schon aus Mangel an Elektrolyseuren. Parallel zu „grünem“ Wasserstoff aus Elektrolyseuren setzt die EU allerdings auch auf „blauen“ Wasserstoff aus fossilem Erdgas, bei dem das entstehende CO₂ aufgefangen und deponiert wird – und auf den Import. Dieser würde das Ressourcenproblem allerdings nicht lösen, da auch potenzielle Wasserstoff-Exportländer um die gleichen Kapazitäten bei den Herstellern von Elektrolyseuren konkurrieren.

Speicher für Wasserstoff: Salzkavernen

Die gute Nachricht: Am Speichervolumen sollte der Plan nicht scheitern. Insgesamt haben die in Deutschland vorhandenen Erdgasspeicher in Form von Poren- und Kavernenspeichern eine Kapazität von weit über 200 Terawattstunden, bezogen auf den Heizwert. Das klingt nach satt und genug für die zäheste Dunkelflaute. Wasserstoff lässt sich allerdings nur in ausgehöhlte Salzkavernen speichern. „Das Gestein garantiert dabei eine hohe natürliche Dichtheit, die eine weitere Auskleidung unnötig macht“, schreibt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Diese Kavernen liegen überwiegend in Norddeutschland, wo auch die meisten Windparks stehen. „Die Nutzung zentraler Kavernenspeicher führt zu den geringsten Gesamtkosten“, hat das DIW berechnet. „Dies gilt dann, wenn sowohl die Wasserstoffherstellung als auch der Wasserstoffverbrauch nah am Kavernenspeicher liegen oder ein leistungsfähiges Wasserstoffnetz vorhanden ist.“ Speichere man den Wasserstoff hingegen nahe am Verbraucher, seien dafür vergleichsweise kostspielige Stahltanks nötig.

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Berücksichtigt man allerdings, dass die Energiedichte von Wasserstoff nur ein Drittel so hoch ist wie die von Erdgas, relativiert sich die vermeintlich riesige Kapazität der Kavernen. Nach Berechnungen des VDE blieben nach der Rückverstromung des Wasserstoffs nur etwa 13 TWh an elektrischer Energie übrig, sodass neue Kavernen erschlossen werden müssten. Eine Erweiterung der bestehenden Kavernen um rund 20 Prozent ist bereits im Bau beziehungsweise in der Planung.

Zurück zum Strom

Am einfachsten lassen sich Wasserstoff und synthetisches Methan in bestehenden Wärmekraftwerken verbrennen, mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 35 bis 45 Prozent. Für Wasserstoff müssen diese allerdings entsprechend umgerüstet werden. Brennstoffzellen erreichen hingegen 35 bis 65 Prozent. Oliver Opel hält das Effizienz-Argument allerdings für überschätzt: „Bei Brennstoffzellen sind dafür die Kosten pro Kilowatt höher.“ Außerdem benötigten sie kritische Rohstoffe, ähnlich wie die Elektrolyseure. Entsprechend utopisch wäre es, in den nächsten Jahren ausreichend viele Brennstoffzellen zuzubauen. Schon die Leistung aller bestehenden Gaskraftwerke, Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke reicht nach Einschätzung von Sterner nicht aus: „Die Kapazitäten sind zu verdoppeln, trotz der widrigen Umstände.“

Für das Stromsystem bedeutet das: Es muss ein Vielfaches der Energie aufbringen, die es den Speichern später wieder entnehmen kann. Würde die Leistung der Erneuerbaren dafür überhaupt ausreichen? Die Pläne der Bundesregierung sehen bis 2030 einen Zubau auf 145 GW an Windenergie und 215 GW an Solaranlagen vor. Zum Vergleich: Die maximale Last im Stromnetz lag bisher im Bereich von 80 GW. „Der Strom ist da, wenn wir die Ausbauziele für Wind und Photovoltaik erreichen“, sagt Oliver Opel. „Wir werden dann relativ oft relativ hohe Leistungen haben – bis zu 100 Gigawatt über dem Verbrauch.“

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Investition in die Energiewende: 150 Milliarden Euro für Elektrolyseure

Opel rechnet mit Investitionen von 150 Milliarden Euro für die Elektrolyseure sowie die Umrüstung des Gasnetzes und der Kraftwerke auf Wasserstoff. „Aber wir geben jedes Jahr 110 Milliarden für fossile Brennstoffe aus“, fügt er hinzu. Würde dieses Geld in die Energiewende investiert, würde es vier bis sieben Prozent Rendite bringen, hat Sterner berechnet.

Über den reinen Verkauf von Kilowattstunden wird das Geld nicht aufzubringen sein. „Ohne eine Anpassung des aktuellen Rechts- und Regulierungsrahmens und ohne – zumindest anfängliche – staatliche Förderung wird sich kaum ein Markt für Langzeitspeicher entwickeln können“, heißt es in der Studie des VDE. Dies gelte aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen, der Umwandlungsverluste und der niedrigen Zyklenzahl besonders für chemische Speicher. Sterner formuliert es griffiger: „Ihre Finanzierung wird zum Großteil über andere Märkte erfolgen. Wie bei der Feuerwehr, die bankrott wäre, wenn sie nur nach Brandeinsätzen finanziert würde.“

Dunkelflauten mit Strom aus heimischer Produktion zu überbrücken ist also möglich, aber enorm aufwendig. Bis 2045 müsste Deutschland, so Sterner, wöchentlich 35 Fußballfelder Solarparks, 17 neue Windräder, 62 Schiffscontainer-Batterien und 57 Container-Elektrolyseure installieren.

Politische Rahmenbedingungen zur Stromspeicherung müssen her

Die Politik muss dazu ein kaum zu überschauendes Geflecht von gegenseitigen Abhängigkeiten und beweglichen Zielen bändigen. In welchem Umfang beispielsweise Methan oder Wasserstoff zur Stromspeicherung genutzt werden, hängt auch ab vom Bedarf anderer Branchen wie Verkehr und Chemie, vom Ausbau des Strom- und Gasnetzes, von den Importwegen, von den europäischen Nachbarn, von den künftigen Stromkosten, vom Marktdesign.

Wie schwer sich die Ampel mit grundlegenden Entscheidungen tut, zeigt das Ringen um die Kraftwerksstrategie. Erst nach monatelanger Verzögerung wurde sie Anfang Februar vorgestellt. Sie sieht vor, zunächst 10 GW an konventionellen Gaskraftwerken auszuschreiben. 2032 soll entschieden werden, wann genau diese Kraftwerke vollständig auf Wasserstoff umzustellen sind. Ein Konzept, wie sie für ihre bereitgestellte Kapazität entlohnt werden, soll noch in diesen Sommer folgen. So verspricht es die Bundesregierung jedenfalls.

Vor allem aber stehen und fallen die Speicherpläne mit dem Ausbau der Erneuerbaren. Der kommt bei der Photovoltaik zwar recht gut voran, aber bei der Offshore-Windkraft hapert es beispielsweise an den nötigen Installationsschiffen und den geeigneten Häfen. Beides lässt sich nicht einfach per Gesetz herbeizitieren.

„Gesellschaftlich ist es vor allem eine Kommunikationsaufgabe“, schreibt Sterner. „All diese Ausblicke in die Zukunft gehen davon aus, dass alle Entscheidungen immer rationell getroffen werden. In der Politik, in Unternehmen und bei Privatpersonen. Und dass die Transformation unter idealen Bedingungen stattfindet – also immer zu jeder Zeit genügend Arbeitskräfte und Material vorhanden sind. Wir wissen aus unserer Erfahrung, dass das nicht der Fall ist.“ Daher wäre ein zeitlicher Puffer gut, so Sterner. „Den haben wir aber nicht. Leider. Nicht mehr.“

 

 

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Kommentare (1)

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Thomas Schmidt-Esterle

Sehr guter Artikel der auch Vergleiche zieht. Was bringt mir die Zahl xx GW oder xx TWH zu hören wenn ich keinen Bezug habe. Der Artikel hier stellt diesen Bezug her und zeigt auf in welchen Dimensionen hier überlegt werden muss.

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