Dynamik durch KI: Welche Trends die Halbleiterindustrie lenken werden

Nvidia begann mit Grafikchips, setzt nun voll auf KI-Prozessoren. (Foto: Gorodenkoff / Shutterstock)
Dank des Booms bei der künstlichen Intelligenz steht die Welt der Halbleiter vor einem gewaltigen Umbruch. Die Nachfrage nach Chips, die KI-Modelle schneller trainieren können oder große Sprachmodelle direkt auf Geräten wie Smartphones ausführen, steigt – denn dann müsste man weniger private Daten preisgeben. Regierungen, Tech-Giganten und Startups sind derzeit gleichermaßen dabei, sich ihr Stück vom wachsenden Halbleiterkuchen zu sichern.
Daraus ergeben sich zentrale Trends, auf die wir im laufenden Jahr achten sollten. Sie dürften bestimmen, wie sich die Branche künftig entwickelt und vor allem, wie wir Technik zukünftig verwenden.
„Chips-Acts“ rund um die Welt
Am Rande von Phoenix in Arizona bauen zwei der weltgrößten Chiphersteller, TSMC und Intel, mitten in der Wüste große Fabriken, von denen sie sich erhoffen, dass sie zum zentralen Sitz der amerikanischen Chipherstellung werden. Eine Gemeinsamkeit beider Projekte ist die Finanzierung: Im März kündigte US-Präsident Joe Biden 8,5 Milliarden US-Dollar an direkten Bundesmitteln und 11 Milliarden Dollar an Darlehen für Intels Projekte im ganzen Land an. Wochen später wurden weitere 6,6 Milliarden Dollar für TSMC, dessen Heimat eigentlich Taiwan ist, angekündigt.
Die Gelder sind nur ein Teil der US-Subventionen, die im Rahmen des 2022 unterzeichneten 280-Milliarden-Dollar-Gesetzes „Chips-Act“ in die Halbleiterindustrie fließen. Das viele Geld hat dazu geführt, dass nahezu jedes Unternehmen, das im Halbleiterökosystem tätig ist, nachrechnet, wie es seine Lieferketten umstrukturieren kann, um von den US-Subventionen zu profitieren. Ein Großteil der Gelder zielt darauf ab, die direkte amerikanische Chipherstellung anzukurbeln. Aber es gibt auch Raum für andere Akteure, von Geräteherstellern bis hin zu Startups für Materialien, die die Branche braucht.
Die USA sind jedoch nicht das einzige Land, das versucht, einen Teil der Lieferkette für die Chipherstellung aus dem Ausland zu holen. Japan gibt 13 Milliarden Dollar für sein eigenes Äquivalent zum Chips-Act aus, Europa wird mehr als 43 Milliarden Euro investieren, und Anfang dieses Jahres hat Indien ein 15-Milliarden-Dollar-Projekt zum Aufbau lokaler Chipfabriken angekündigt. Die Wurzeln dieses Trends reichen bis ins Jahr 2014 zurück, sagt Chris Miller, Professor an der Tufts University und Autor von Chip War: The Fight for the World’s Most Critical Technology. Schon damals hat China massive Subventionen für seine Chiphersteller ins Leben gerufen.
„Dies führte zu einer Dynamik, bei der andere Regierungen erkannten, dass sie keine andere Wahl hatten, als eigene Anreize zu bieten.“ Ansonsten hätten sie zusehen müssen, wie Unternehmen ihre Produktion nach China verlegten, sagt Miller. Diese Bedrohung in Verbindung mit dem Aufschwung der KI hat Regierungen im Westen dazu veranlasst, die lokale Produktion anzuschieben. Das könnte zu einem Schneeballeffekt führen, bei dem noch mehr Länder aus Angst, abgehängt zu werden, ihre eigenen Programme starten.
Keine grundlegende Umstrukturierung
Es sei unwahrscheinlich, dass das viele Geld zu brandneuen Chipriesen führt oder sich die größten Chipkonzerne dadurch grundliegend umstrukturieren, meint der Experte. Stattdessen werde es vor allem marktbeherrschenden Unternehmen wie TSMC einen Anreiz bieten, sich in mehreren Ländern zu etablieren.
Die Subventionen allein werden jedoch nicht ausreichen, um das schnell zu schaffen – TSMCs Bemühungen, Werke in Arizona zu errichten, werden bereits durch verpasste Fristen und Arbeitnehmerkonflikte erschwert. Auch Intel hat seine zugesagten Deadlines teilweise nicht eingehalten. Weiterhin ist unklar, ob die Anlagen, sobald sie in Betrieb genommen wurden, das gleiche Niveau erreichen werden, das die Unternehmen aus Asien kennen.
„Die Lieferkette wird sich nur langsam verändern, über Jahre und Jahrzehnte“, sagt Miller. „Aber immerhin verschiebt sie sich bereits.“