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Analyse

E‑Commerce 2023: Die 5 wichtigsten Trends im Onlinehandel

Die Handelsbranche kann im kommenden Jahr die Krise bewältigen, wird aber die Rekordwachstumsraten der letzten Jahre nicht mehr erreichen. Dennoch dürfte 2023 auch für die E-Commerce-Händler:innen nicht langweilig werden.

Von Tobias Weidemann
6 Min.
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Für den Onlinehandel könnte das Jahr 2023 schwieriger werden als die Pandemiejahre. (Bild: Rawpixel.com/Shutterstock)

Natürlich kann man nicht sagen, dass die Party im E-Commerce vorüber ist – und doch herrscht in gewisser Hinsicht aktuell Katerstimmung. Das IFH Köln hat zwar erstmals seit Langem rückläufige Wachstumszahlen im B2C-E-Commerce ermittelt, doch die Umsätze bleiben weiterhin hoch. Inflation, Probleme bei den Lieferketten und Konsumzurückhaltung haben dazu beigetragen, dass viele Händler:innen auf Sicht fahren müssen und die Rekordzahlen der letzten Jahre nicht wiederholen konnten.

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Doch was macht das mit dem E-Commerce, der wohl auch im kommenden Jahr die 100-Millarden-Umsatzschwelle schaffen wird? Wir haben die Branche befragt und die wichtigsten Trends zusammengefasst.

Die Lieferkettenproblematik fordert automatisierte Prozesse

Wie viel Umsatz der Onlinehandel in den kommenden Monaten machen wird, hängt direkt davon ab, wie gut es den Händler:innen gelingt, die Lieferfähigkeit sicherzustellen, ist sich Hansjürgen Heinick, Onlinemarktexperte des IFH Köln, sicher: „Fällt die Gesamtkonjunktur wieder positiver aus, wirkt sich das auch auf den Umsatzzuwachs im Onlinehandel aus – in unseren verschiedenen Szenariovarianten rechnen wir bis 2026 mit positiven Zuwachsraten“, so Hansjürgen Heinick, Onlinemarktexperte des IFH Köln.

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Doch mehr denn je wird es 2023 wichtig sein, dass Händler:innen und Markenartikler ihre Lieferketten optimieren. „Damit Handelspartner schneller eingebunden werden können und Abläufe transparenter gestaltet werden können, braucht es die Automatisierung aller Prozesse, was in der Komplexität, wie es moderner E-Commerce erfordert, nur mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz erreicht werden kann“, erklärt Mark Sturzenegger, Senior Director Central Europe bei Boomi.

Auch mittelständische Handelsunternehmen werden daher das durchlaufen müssen, was Konzerne in ihrer IT-Strategie längst umgesetzt haben: Einrichtung agilerer Prozesse und Verschieben möglichst vieler Prozesse in die Cloud, um ein Maximum an Flexibilität zu gewährleisten. Mithalten muss gerade beim Thema Lieferketten die Kund:innenkommunikation. Denn war früher die Frage nach dem günstigsten Preis oftmals entscheidend für eine Bestellung, tritt nun immer häufiger die Frage nach der Lieferbarkeit in den Vordergrund.

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„Buy now, pay later“ wird für Händler zum Umsatzbooster

Schon in diesem Jahr gab es im Payment-Kontext eigentlich nur ein Thema, auf das gefühlt alle Payment-Dienstleister und PSPs gesetzt haben: „Buy now, pay later.“ Die Verbraucher:innen entscheiden sich gerade angesichts der Krise und der angespannten wirtschaftlichen Lage immer häufiger für diese Bezahlform, die vor allem durch die großen US-Player nach Deutschland gekommen ist. Für Händler:innen wie Kund:innen ist das eine dankbare Lösung.

Einerseits trägt BNPL zu kurzfristiger Liquidität bei und Kund:innen kaufen dadurch auch mal etwas, das sie aktuell nur schwer oder zumindest nicht sicher bezahlen könnten. Doch gerade das ist auch andererseits ein Risiko, wie etwa Ken Serdons, Chief Commercial Officer beim Finanzdienstleister Mollie, erklärt: „Bei Banken und Finanzdienstleistern breitet sich die Besorgnis über die Verschuldung der Konsumenten aus und ihre Bemühungen zum Verbraucherschutz werden sich intensivieren.“ Und der CCO befürchtet, dass das dahinterstehende Preismodell vieler Dienstleister dem Druck der Rezession womöglich nicht standhalten kann. Die Folge könnten Kostensteigerungen sein, die Dienstleister an die Händler:innen weitergeben.

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Cybercrime kommt vor allem im E-Commerce an

„Follow the money“ lautet ein bekanntes Bonmot, wenn es um die Risiken für Cybercrime geht. Und die Bedrohungen des immer besser organisierten Verbrechens treffen immer häufiger Onlinehändler:innen und ihre Dienstleister. Dabei geht es teilweise um klassische Erpressertrojaner (Ransomware), die den Geschäftsbetrieb der Händler:innen unterbrechen oder lahmlegen, andererseits aber auch um klassischen Betrug, das Erschleichen von Zugangsdaten von Käufer:innen, auf deren Nutzer:innenkonten Waren bestellt werden.

Eine Studie von Yeswehack hat ergeben, dass die Händler:innen zwar immer besser für diese Risiken gerüstet sind, dass aber gerade bei kleineren Händler:innen noch Nachholbedarf herrscht. Sieben von zehn der befragten Unternehmen nutzen demnach IT-Architektur- und IT-Security-Lösungen, sowohl auf Hardware als auch auf Software basierte. Rund die Hälfte (52 Prozent) setzt auf regelmäßige Sicherheitsschulungen für neue und bestehende Mitarbeiter:innen. Doch gerade Bug-Bounty-Programme zur Schwachstellensuche könnten im nächsten Jahr zu verbessertem Schutz der Unternehmen beitragen, glaubt Phil Leatham, Deutschland-Geschäftsführer bei Yeswehack.

Auch der Bochumer Cyberdefense-Anbieter G-Data ist sich sicher, dass auf Händler:innen immer ausgefallenere und effizientere Bedrohungsszenarien zukommen werden. „Ein zentrales Problem für die IT-Sicherheit in Deutschland bleibt, dass Unternehmen die Warnungen zu Schwachstellen oder Sicherheitsrisiken nicht ernst nehmen“, sagt Andreas Lüning, Mitgründer und Vorstand von G-Data. „Sie unterschätzen das reale Risiko eines Cyberangriffs für sich und setzen auf das Prinzip Hoffnung.“ Lüning sieht private Smartphones, insbesondere auch iPhones, gefährdet – deren Anwender gelten als kaufkräftiger und nutzen ihr iPhone vermehrt als Wallet, Schlüssel und für Banking- und Payment-Anwendungen. „Social-Engineering-Attacken können jeden treffen und haben das Ziel, persönliche Daten oder Informationen von Opfern abzugreifen.“

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Secondhand wird salonfähig – wenn die Qualität stimmt

Die Knappheit bei bestimmten Produkten, verknüpft mit der Tatsache, dass viele Anwender:innen finanziell mehr rechnen müssen, hat im vergangenen Jahr dazu geführt, dass Gebrauchtware zunehmend beliebt wird. Das ist im Prinzip ein guter Trend, auch wenn dadurch beispielsweise im Bereich der Smartphones und Notebooks weniger Kund:innen Bedarf an einem Neugerät sehen.

Schon jede:r Dritte zwischen 24 und 44 Jahren hat laut einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands HDE ein gebraucht erworbenes Gerät verschenkt – und die Zahl derer, die für den Eigenbedarf auf Refurbished-Produkte setzen, dürfte noch weit höher sein. Wichtig ist dabei aber, dass es den Händler:innen wie Refurbed, Rebuy, Swappie oder Backmarket gelingt, nicht nur zuverlässig überarbeitete Ware zu liefern, sondern auch beim Service und bei Reklamationen eine Schippe draufzulegen.

Dann könnte im neuen Jahr nicht nur der Anteil an über Händler:innen gehandelter Gebrauchtware zunehmen, sondern auch neue Produktsegmente erschlossen werden, bei denen sich das für Händler:innen und Kund:innen gleichermaßen rechnet. Eine weitere Spielart ist De-facto-Neuware, die sich nicht mehr verkaufen lässt, etwa Überproduktionen oder Saisonware, die auf diese Weise aber dennoch Abnehmer:innen findet. Eine Chance für findige Händler:innen und Plattformen wie Momox Fashion oder Zalando Lounge.

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Auch Oliver Klinck, Geschäftsführer von Ebay Deutschland, glaubt, dass das Einkaufsverhalten derzeit unerwartbare Veränderungen zeigt, vieles aber in Richtung Gebrauchtware und Nachhaltigkeit weise: „Nie zuvor in meiner Karriere konnte ich so extreme Veränderungen im Einkaufsverhalten beobachten wie in diesem Jahr. Im Moment greift bereits jede:r Zehnte häufig zur günstigeren gebrauchten oder generalüberholten Alternative.“ Dabei sind der geringere Preis (63,7 Prozent) und Nachhaltigkeit (65,7 Prozent) für Verbraucher:innen die wichtigsten Gründe, häufiger gebrauchte Produkte zu shoppen. „Das Angebot gebrauchter, generalüberholter und refurbished Artikel hat sich in diesem Jahr versiebenfacht“, zeigt Klinck auf.

Unterhaltung und Gamification werden Teil des Einkaufserlebnisses

Ein weiterer Trend im Handel trägt der Erkenntnis Rechnung, dass es immer schwieriger wird, sich als Onlinehändler:in von der Konkurrenz abzugrenzen. Das in erster Linie über den Preis zu tun ist bekanntermaßen keine gute Idee und auch die sonstigen gängigen Kriterien bleiben weit hinter ihrem vermeintlichen Potenzial zurück.

Doch der gesamte Bereich der Unterhaltung beim Shopping sollte nicht unterschätzt werden. Vor allem junge Kund:innen lassen sich, so belegt eine Studie von Epoq, insbesondere durch unterhaltende Elemente zum Kauf motivieren. Thorsten Mühling, Managing Director DACH bei Epoq, rät etwa Retailern, die Entertainment-Elemente in ihren Shop integrieren möchten, sich Gedanken zu machen, welche Shop-Elemente für Entertainment infrage kommen. „Sie können zum Beispiel auf Produktdetailseiten interaktive Produktsets einbinden und auf der Startseite interaktive Search-Widgets platzieren, über die Nutzer schnell ihre Lieblingsmarken finden.“

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Generell sorgt der Gamification-Ansatz, wie ihn etwa Samsung rund um den Black Friday in seinem Webshop mit einem Akku-Sammelspiel eingebunden hat, für lange Verweildauer und Beschäftigung mit den Inhalten auf der Seite. Dass sich das nicht nur auf den Webshop oder die Website der Brand erstrecken muss, versteht sich von selbst: Videoformate, Social-Media-Events und ein möglichst hohes Maß an Personalisierung können dazu beitragen, dass Kund:innen kommen und vor allem wiederkommen.

All das funktioniert in Zukunft nicht nur in den asiatischen oder südamerikanischen Märkten, sondern zunehmend auch auf dem deutschen Markt. Nicht für alle Kund:innen und in jeder Branche, aber für eine wachsende Zahl insbesondere an jungen Kunden und vor allem Kundinnen.

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