E-Scooter, Babyphones und Kopfhörer – diese Produkte werden besonders oft zum Garantiefall
Anfang des Jahres hatte der Schweizer Versender Galaxus, zu dem auch die Schweizer Marke Digitec gehört, einen in der Branche ungewöhnlichen Schritt angekündigt: Man wolle in Zukunft nicht nur intern erheben, welche Geräte und Produktgruppen wie oft mit Schäden und Defekten zurückgeschickt werden, sondern dies auch gegenüber den Kund:innen kommunizieren.
Ungewöhnlich ist das vor allem deshalb, weil dadurch einerseits die Mitbewerber:innen Einblicke erhalten, die andere Handelsunternehmen bewusst für sich behalten. Es bedeutet aber auch, dass man damit den (öffentlichen) Druck auf Hersteller:innen erhöht, die sich fragen lassen müssen, warum ihre Produkte überdurchschnittlich oft in die Werkstatt müssen.
Jetzt hat Galaxus die ersten Ergebnisse veröffentlicht – und die lassen bei aller Individualität auch Rückschlüsse für Kund:innen anderer Onlinehändler:innen zu. Erfreulich ist erst einmal das Gesamtergebnis: Lediglich 0,4 Prozent der Bestellungen werden innerhalb von zwei Jahren zum Garantiefall und fallen aus – also gerade einmal ein Gerät von 250 Geräten.
Weniger erfreulich und auffälliger sind die Ergebnisse, wenn man nach Gerätekategorien aufsplittet: Naturgemäß sind die Garantiefallquoten bei technischen Geräten wie Haushaltsgeräten, Smartphones, IT-Devices und Unterhaltungselektronik höher als etwa bei Bekleidung oder Bürobedarf. Haushaltsgeräte etwa haben mit 0,83 Prozent eine doppelt so hohe Quote für den Ausfall, gefolgt von IT, UE und Mobilgeräten (jeweils 0,67 bis 0,7 Prozent).
Wer billig kauft, kauft 2 Mal? Diese Formel geht nicht immer auf
Wirklich hilfreich ist aber die Detailansicht nach Einzelprodukten. Demnach liegen mit großem Reklamationsbedarf E-Scooter und Hoverboards vorne – mit stolzen 5,58 Prozent der Geräte, die in den ersten zwei Jahren in Reparatur kommen. Bei den E-Scootern für sich liegt die Quote sogar bei 7,2 Prozent. „Die hohen Defektquoten treiben uns täglich um“, sagt Patrick Honecker, der als Category Business Manager bei Digitec Galaxus unter anderem für den Einkauf von E-Scootern und Hoverboards zuständig ist. „Am häufigsten beanstanden die Kundinnen und Kunden ihre E-Scooter wegen abgebrochener Teile sowie Schäden am Kugellager und den Reifen.“ Die Regel „wer billig kauft, kauft zweimal“ gelte dabei übrigens nicht, da auch hochpreisige Modelle und Marken betroffen seien.
Will sagen: Jedes 18. beziehungsweise 14. der Geräte findet den Weg zurück in die Werkstatt oder auf den Schrottplatz, wenn sich die Reparatur nicht mehr lohnt. Geplante Obsoleszenz oder nicht nachhaltige Produktion für die Tonne? Darüber geben die Zahlen freilich keine befriedigende Auskunft. Aber Honecker erklärt, dass die größtenteils fest verbauten Räder ein Problem seien, da Laien diese nicht ohne Weiteres nachbestellen und selbst austauschen können, wie das etwa bei Fahrrädern üblich ist.
Klar ist aber, dass gerade bei solchen Produkten ein:e Händler:in hilfreich ist, der oder die sich um die Bedürfnisse der Kund:innen kümmert – und offenkundig ist auch, dass solche Produkte, von denen Händler:innen nach und nach lernen, dass sie damit mehr After-Sales-Aufwand haben, anders kalkuliert werden müssen.
Diese Produkte landen häufiger im Service als andere
Ebenfalls überdurchschnittlich häufig kommt es aber auch noch bei anderen Produkten zur Reklamation und zum Garantie- oder Gewährleistungsfall. Nach den E-Scootern und Hoverboards folgen Babyphones, Kopfhörer, PCs und Workstations sowie Smartwatches, Pulsuhren und -gurte. Auch Staubsauger und Dampfreiniger, Drucker und Scanner sowie Multifunktionsgeräte dieser Gruppe und Kaffee- und Teemaschinen werden häufiger beanstandet, wie das Unternehmen erklärt.
Im Schnitt dauert es natürlich gerade bei komplexeren technischen Geräten wie IT oder Unterhaltungselektronik am Längsten, bis diese wieder bei den Kund:innen sind. Doch Galaxus erklärt, man brauche hier im Schnitt nur drei Tage (geräteübergreifend, bei Unterhaltungselektronik sechs Tage). Doch gerade PCs und Workstations (elf Tage), Notebooks (neun Tage) sowie Drucker und Scanner (acht Tage) fehlen den Nutzer:innen, die darauf angewiesen sind. Meist läuft das, ähnlich wie bei anderen Versender:innen auch, über die offiziellen Servicecenter der Hersteller:innen.
Einerseits habe man, berichtet das Unternehmen, auf diese Weise mit den Hersteller:innen für alle bessere Reparatur-Workflows aushandeln können, andererseits gebe man den Kund:innen so aber auch Informationen an die Hand, die dazu beitragen, dass sie zwischen günstiger und haltbarer entscheiden können. Letzten Endes ist auch das eine Abstimmung mit den Füßen, die mittelfristig dazu beitragen kann, dass Unternehmen nachhaltigere und weniger störungsanfällige Geräte fertigen – und nicht immer nur aufs günstigste Bauteil setzen.