
E-Auto laden – Deutschland hat in puncto Ladeinfrastruktur noch Nachholbedarf. (Bild: Southworks/Shutterstock)
In ihrem Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung auf ein ambitioniertes Ziel geeinigt: Bis 2030 sollen auf Deutschlands Straßen 15 Millionen vollelektrische E-Autos fahren. Den Stromern sollen eine Million Ladepunkte zur Verfügung stehen, um ihre Akkus aufladen zu können.
105.000 Ladepunkte in ganz Deutschland
Von diesen Zielen ist Deutschland aber bisher noch weit entfernt. Anfang 2023 waren hierzulande gut eine Million E-Autos zugelassen. Das ist ein Anteil an der gesamten Autoflotte von 2,11 Prozent. Und es gab rund 105.000 öffentliche Ladepunkte, wie aus Daten des Karten- und Navigationsdienstes Here Technologies hervorgeht, die der Spiegel aufbereitet hat.
In entsprechenden interaktiven Karten kann man sich anschauen, wie viele Elektroautos und Ladepunkte es im eigenen Landkreis gibt. Wenig überraschend zeigt sich, dass die meisten E-Autos in den Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München unterwegs sind – wo es auch die meisten Ladepunkte gibt.
Bis zu 50 reine Stromer pro Ladepunkt
In Berlin etwa kommen neun reine Stromer auf einen Ladepunkt. Zum Vergleich: Im hessischen Landkreis Groß-Gerau teilen sich rein rechnerisch 2,4 E-Autos einen Ladepunkt. In Wiesbaden, das eine der größten E-Auto-Dichten Deutschlands hat, sind es fast 50 Fahrzeuge pro Ladepunkt.
Wie gut oder schlecht es um die Ladeinfrastruktur in Deutschland bestellt ist, sieht man derweil am besten, wenn man sich die Verteilung der Ladestationen – bei denen es jeweils mehrere Ladepunkte geben kann – anschaut. So bringt es Stuttgart etwa auf 23,2 Ladestationen pro zehn Kilometer.
Ladeinfrastruktur: Ungleich verteilte Ladepunkte
Der flächenmäßig größte Landkreis in Deutschland, Mecklenburgische Seenplatte, hat derweil nur 0,1 Ladestandorte pro zehn Quadratkilometer. Überhaupt ist die Ladestationen-Dichte im Osten und in der Mitte Deutschlands am geringsten und im Westen und Süden am höchsten.
Wenn man sich die deutsche Ladeinfrastruktur im Vergleich zu anderen EU-Ländern anschaut, zeigt sich ebenfalls ein interessantes Bild. Denn Deutschland ist zwar von der Zahl der Elektroautos her europaweit vorn mit dabei, könnte aber bei der Zahl der Ladepunkte – auch im Verhältnis zu den E-Autos – noch zulegen.
Deutschland im EU-Vergleich im Mittelfeld
Während in Deutschland laut den Here-Daten 27 Elektroautos auf eine öffentliche Ladestation kommen, sind es in den Niederlanden nur sieben und in Luxemburg elf – obwohl der Anteil der E-Autos an der Gesamtautoflotte bei über drei Prozent liegt. In Schweden und Dänemark, wo im Verhältnis ebenfalls deutlich mehr Elektroautos unterwegs sind als etwa in Deutschland, müssen sich allerdings jeweils 35 E-Autos eine Ladestation teilen.
Hat Wiesbaden wirklich die größte Elektroautdichte, oder ist das eine statistische Fehlinterpretation, weil ein internationaler Autovermieter alle seine deutschen Autos in Wiesbaden zulässt, die dann aber in ganz D vermietet werden?
Mythen der Elektromobilität: 27 E-Autos müssen sich in Deutschland eine Ladestation teilen
Unwissenheit, Inkompetenz, Panikmache?
Immer wieder lese ich Schlagzeilen wie diese und kann nur den Kopf schütteln. In diesen Artikeln wird die Gesamtzahl aller Elektroautos ins Verhältnis gesetzt zu Ladestationen, fälschlicher Weise nur den öffentlichen Ladestationen. Damit suggerieren die Autoren, es gebe nicht genug Ladestationen, Elektroautos zu laden und damit sinnvoll zu betreiben sei kompliziert oder schwer möglich.
Dies ist sachlich falsch und irreführend. Die Wahrheit ist vielmehr, dass die meisten Ladestationen eben nicht öffentlich sind. In Deutschland stehen den im Artikel genannten 105.000 öffentlich zugängigen noch einmal etwa 1 Million privat bzw. nicht öffentliche Ladestationen zur Verfügung.
Es gibt also praktisch für jedes Auto eine Ladestation!
Nichtsdestotrotz sollten wir alles unternehmen, um Ladeinfrastruktur -öffentliche wie private – konsequent weiter auszubauen.