Emmas Enkel: Real startet Alternative zu Amazon Go
Real startet gerade ein neues, kleines Ladenkonzept unter dem Namen „Emmas Enkel“. Am Rosenbergplatz in Stuttgart ist mit 45 Quadratmetern Verkaufsfläche ein automatisierter 24-Stunden-Convenience-Store eröffnet worden. Das Besondere an dem kleinen Laden: Er soll eine Mischung aus Technologie und Tante-Emma-Laden darstellen. So befindet sich im Laden integriert eine Filiale des Stuttgarter Kultcafés Herbertz und eingekauft wird entweder über eine Shopping-App von unterwegs oder über ein Touch-Display an einem Verkaufsschalter. Sichtbares Personal ist nur im Cafe, nicht aber im Laden anwesend.
Emmas Enkel: Tante-Emma-Laden 2.0
Rund 500 Artikel hat der kleine Laden vorrätig, alle haltbaren Produkte werden über eine vollautomatische Warenausgabe ausgegeben, die frischen Produkte wie Brot, Gemüse und Obst darf sich der Kunde auf Vertrauensbasis selbst aus einem Backwarenregal, einer kleinen Kühltheke oder ein paar rustikalen Holzkisten entnehmen. Die Optik des Ladens setzt auf viel Holz und rote Ziegel, es soll wohl gleichermaßen hochwertig wie rustikal wirken.
Im acht Kategorien umfasenden Sortiment gibt es verschiedene frische Backwaren regionaler Bäcker, abgepackte Sandwiches, frisches Gemüse und Obst am Stück oder geschnitten und viele Artikel des täglichen Bedarfs. Vom Toilettenpapier über Dosentomaten bis hin zur Zahnpasta. Die Waren sollen möglichst regional sein, vieles soll in Bio-Qualität angeboten werden.
Wie bei Emmas Enkel eingekauft wird
Mit Personal, auch wenn das zur Sortimentspflege und zur Produktion mancher Convenience-Produkte benötigt wird, hat der Kunde nur im integrierten Café Herbertz zu tun, eingekauft wird bei Emmas Enkel vollautomatisch: Entweder über eines der beiden Verkaufsterminals oder über die Emmas-Enkel-App, die für Android und iOS zur Verfügung steht. Der Kunde kann also entweder direkt im Laden oder unterwegs auf seinem Smartphone einkaufen. Frische-Artikel können nur im Laden hinzugefügt werden, dazu wird der Kunde in der App aufgefordert, einen QR-Code am Preisschild der frischen Waren einzuscannen.
Mit der App oder einem Zettel vom Verkaufsautomaten geht der Kunde dann an den Ausgabeschalter, scannt einen QR-Code und bekommt seinen Einkauf ausgehändigt – die frischen Artikel legt der Kunde selbst in seine Einkaufstasche. Gezahlt wird in der App mit Paypal, im Laden kann auch mit Kreditkarte, Girocard oder Apple Pay und Google Pay bezahlt werden.
Wer in der vollautomatisierten Filiale menschlichen Kontakt vermisst oder eine Pause braucht, bekommt von den Café Mitarbeitern des Herbertz im integrierten Stehcafé von 7 bis 18 Uhr Kaffee und Gebäck serviert.
Die Technologie hinter Emmas Enkel: Smark
Das Stuttgarter Startup Smark hat die Warenausgabe und die Lagerung konzipiert und gebaut: Ein vollautomatisiertes Regalsystem mit drei Temperaturzonen, das hinter der Warenausgabe die Warenkörbe zusammenstellt und am Ausgabeschalter an den Kunden übergibt. Etwa eine Minute soll das System für acht Artikel benötigen.
Smark hat ein Ladenkonzept namens Smarkbox entwickelt, das entweder in einem alleinstehenden Seecontainer oder in einem normalen Laden eingesetzt werden kann, für Reals Emmas Enkel hat das Startup das System speziell angepasst. Die Smarkbox wird, ebenso wie Emmas Enkel, vollständig autonom betrieben.
Mehrmonatige Testphase: Spätere Expansion nicht ausgeschlossen
Über mehrere Monate will Real die Akzeptanz gegenüber des neuen Ladenkonzeptes testen. Sollte Emmas Enkel gut ankommen, will Real schnell weitere Filialen eröffnen. Smark Mitgründer Philipp Hoening scheint zuversichtlich, das Konzept von Smark ist offensichtlich schnell skalierbar: „Durch die modulare Bauweise und den geringen Flächenbedarf ist unsere digitale Einkaufsstation an praktisch jedem Standort flexibel einsetzbar.“
Leser, denen das hier vorgestellte Konzept bekannt vorkommt, täuschen sich nicht. Real belebt eine alte Marke, die E-Commerce-Insidern noch bekannt sein dürfte: Emmas Enkel. Die Marke Emmas Enkel entstammt einem ursprünglich 2013 von Sebastian Diehl und Benjamin Brüse gegründeten Einzelhandels-Startups. Sie hatten in Düsseldorf ein Konzept entwickelt, das auf eine Kombination von besonders persönlicher Kundenbetreuung und technologischer Automatisierung mit einer QR-Code-Shopping-Wand und Lebensmittellieferung setzte. Metro, die (noch) Real-Mutter, erkannte nicht, was für ein Juwel das Unternehmen in der Hand hielt, und zerstörte das Startup nach der vollständigen Übernahme buchstäblich durch eine Umwandlung in einen reinen Online-Lebensmittelshop ohne Profil – der kurz darauf dann auch eingestampft wurde. Vielleicht ist es der stark angewachsenen Digitalkompetenz von Real Digital und dem baldigen Scheiden aus der Metro-Gruppe zu verdanken, dass man sich des damaligen Konzeptes erinnerte und es jetzt zeitgemäß aktualisierte. Grundsätzlich zeigt Emmas Enkel einen guten Ansatz. Vielleicht folgt ja nach der Testphase noch ein lokaler Lieferservice und das eher nervige Detail, dass frische Waren nur vor Ort hinzugefügt werden können, wird nochmal überdacht.
Jochen G. Fuchs
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Ich versteh‘ nie, warum man sich bei uns konsequent bemüht das Rad neu zu erfinden bzw. Dinge zu erfinden, die es schon (besser) gibt und wo andere auch schon Learnings gezogen haben für die (echte) Rolloutphase. Penny zieht ja auch gerade so einen Murks ab…
Nur so: AH2Go und tap2go (rein, raus in unter 20 Sekunden, wenn nötig), von Asien fang‘ ich gar nicht erst an.