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Beschleunigte Erdrotation: Warum eine fehlende Sekunde zum globalen IT-Problem wird

Etwas Grundlegendes hat sich verändert. Unbemerkt von den meisten, aber mit potenziell gravierenden Folgen für die digitale Welt. Unser Planet hat, zumindest vorübergehend, einen neuen Takt gefunden.

2 Min.
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Die Erde dreht sich immer schneller. (Bild: Shutterstock/greenbutterfly)

Was physikalisch fasziniert, bereitet Techniker:innen Kopfzerbrechen. Die Erde beschleunigt seit einigen Jahren ihre Rotation. Diese Beschleunigung ist zwar minimal, aber messbar: An Tagen wie dem 9. Juli, 22. Juli oder 5. August 2025 wird erwartet, dass unser Planet seine Drehung um mehr als eine Millisekunde schneller als in den üblichen 24 Stunden vollendet, wie Messungen und Prognosen des International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS) mit Sitz in Frankfurt am Main zeigen.

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Diese Entwicklung ist bemerkenswert, denn sie kehrt einen jahrzehntelangen Trend um. Seit der Einführung hochpräziser Atomuhren in den 1950er-Jahren wurde eine stetige Verlangsamung der Erdrotation beobachtet. Um die technische Zeit (UTC) mit der astronomischen Zeit im Einklang zu halten, mussten seit 1972 insgesamt 27 positive Schaltsekunden eingefügt werden. Die Weltuhren hielten für eine Sekunde inne, um der Erde Zeit zum „Aufholen“ zu geben.

Die nie dagewesene Herausforderung: Eine negative Schaltsekunde

Nun könnte erstmals in der Geschichte der Zeitmessung das Gegenteil notwendig werden: eine negative Schaltsekunde. Sollte sich die Erde weiter beschleunigen, müsste eine Sekunde aus der offiziellen Zeitmessung entfernt werden, um die Synchronität zu wahren. Stellt euch vor, die Uhr würde von 23:59:58 direkt auf 00:00:00 des nächsten Tages springen.

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Für IT-Systeme, die auf exakte und vor allem lückenlos fortlaufende Zeitstempel angewiesen sind, wäre das ein ernstes Problem. Viele Protokolle und Software-Anwendungen, allen voran das für die Zeitsynchronisation im Internet essenzielle Network Time Protocol (NTP), sind auf einen solchen Zeitsprung nicht vorbereitet. Ingenieur:innen von Konzernen wie Meta und Google warnen seit Jahren vor den unvorhersehbaren Folgen, die von Datenkorruption hin zu kompletten Systemausfällen reichen könnten.

Ein wissenschaftliches Rätsel mit irdischen Ursachen

Während die IT-Welt nach Lösungen sucht, rätseln Geophysiker:innen über die genauen Ursachen der Beschleunigung. Zwar gibt es gut verstandene, saisonale Schwankungen, die mit der Position des Mondes zusammenhängen. Doch der übergeordnete Beschleunigungstrend seit 2020 ist eine wissenschaftliche Überraschung. „Niemand hat das erwartet“, bestätigt der Astronom Leonid Zotov von der Lomonossow-Universität im russischen Moskau laut Timeanddate.com.

Die meisten Wissenschaftler:innen vermuten die Hauptursache tief im Inneren unseres Planeten. Komplexe und nicht vollständig verstandene Strömungen im flüssigen Erdkern scheinen den Drehimpuls des Planeten zu verändern. Kleinere Effekte, wie das Abschmelzen der Polkappen oder auch starke Erdbeben, tragen ebenfalls bei. So hat laut Analysen des Jet Propulsion Laboratory der US-Raumfahrtbehörde Nasa das Tōhoku-Erdbeben 2011 in Japan die Erdmasse so umverteilt, dass sich der Tag um winzige 1,8 Mikrosekunden verkürzte – ähnlich einer Eiskunstläuferin, die ihre Arme anzieht, um ihre Pirouette zu beschleunigen.

Das Ende der Schaltsekunde ist bereits beschlossen

Das Problem der unregelmäßigen Erdrotation und der damit verbundenen Schaltsekunden ist der Wissenschaftsgemeinde bewusst. Die Generalkonferenz für Maß und Gewicht (BIPM) im französischen Paris, das höchste Gremium der internationalen Zeitmessung, hat bereits 2022 beschlossen, die Praxis der Schaltsekunden ab dem Jahr 2035 auszusetzen.

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Bis dahin bleibt die Situation jedoch eine technische Herausforderung. Ob tatsächlich eine negative Schaltsekunde nötig wird, hängt davon ab, ob die Erde ihre Beschleunigung beibehält. Die Prognosen sind unsicher. Der australische Wissenschaftler Oleg Titov von Geoscience Australia erklärte gegenüber dem Guardian, dass der Konsens zwar eine Rückkehr zur langfristigen Verlangsamung vorhersieht, die Beschleunigung aber noch einige Jahrzehnte anhalten könnte. Für Entwickler:innen und Systemadministrator:innen bedeutet dies, eine weitere, ungewöhnliche Variable im Auge behalten zu müssen.

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