Die Grenzen von Arbeit und Privatem verwischen immer mehr. Die Digitalisierung bewirkt zudem, dass wir alle „always on“ sind. Die Forderung nach einem Recht auf Nichterreichbarkeit wird deshalb auf EU-Ebene debattiert. Und erwartungsgemäß scheiden sich bei diesem Thema die Geister: Der Bundesverband Digitale Wirtschaft etwa plädiert im t3n-Gespräch gegen ein Gesetz, sondern für mehr Selbstverpflichtung unter Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist für eine gesetzliche Regelung, wie er in einer Pressemitteilung für Berlin-Brandenburg erst im April dieses Jahres bestätigt hat. Auch andere Liegenschaften in Bundesländern wie Thüringen und Hessen stimmten dafür. Doch wie ticken die Deutschen eigentlich generell, wenn es um die Erreichbarkeit im Feierabend geht?
Erreichbarkeit im Feierabend: Meistens freiwillig
Dieser Frage ist t3n zusammen mit dem Meinungsforschungsunternehmen Appinio in einer exklusiven Umfrage nachgegangen. Demnach halten 81,1 Prozent der Deutschen ein Recht auf Nichterreichbarkeit für eher wichtig. Frauen finden das tendenziell wichtiger als Männer, sind jedoch auch im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen öfter im Feierabend erreichbar. Auf die Frage hin, ob sie auch nach der Arbeit für Kolleginnen und Kollegen greifbar sind, antworten 64,6 Prozent mit einem deutlichen „Ja“, hingegen sind es unter den Männern mit 59,8 Prozent etwas weniger. Grundsätzlich lässt sich daraus aber auch schlussfolgern, dass die meisten Bundesbürgerinnen und Bundesbürger während ihrer Freizeit beruflich erreichbar sind. Vor allem die jüngeren Befragten haben eine höhere Tendenz, nach Feierabend für Team-Mitglieder greifbar zu sein.
„Frauen sind im Feierabend häufiger erreichbar als Männer.“
Je jünger die Befragten, desto geringer ist der Umfrage von t3n und Appinio nach auch die Zustimmung für ein Recht auf Nichterreichbarkeit. Unter den 25- bis 34-Jährigen halten 43 Prozent ein derartiges Gesetz für sehr wichtig, unter den 35- bis 44-Jährigen sind es 47 Prozent, unter den 45- bis 54-Jährigen sind es 50 Prozent. Erst unter den 55- bis 65-Jährigen fällt die Zustimmung mit 39 Prozent wieder geringer aus. Nach den Gründen gefragt, warum die Deutschen – unabhängig vom Alter und Geschlecht – nach der Arbeit erreichbar seien, gaben mit 42,1 Prozent die meisten an, dass sie das so möchten. Mit 27,3 Prozent meint jede vierte Person, dass der Job das erfordere, und mit 20,1 Prozent sagt jede fünfte Person, dass sie das Gefühl habe, Arbeitgebende fordern die Erreichbarkeit nach Feierabend ein.
Obwohl die Work-Life-Balance inzwischen vielen berufstätigen Menschen immer wichtiger wird, etabliert sich zunehmend auch parallel der Trend des Work-Life-Blendings. Darunter ist die Vermischung zwischen beruflichen und privaten Belangen gemeint. Sowohl Arbeitszeit als auch Zwischenmenschliches werden nicht mehr scharf vom Privatleben abgegrenzt. Zum Beispiel wird Berufliches auch nach Feierabend erledigt oder die Freizeit mit den Kolleginnen und Kollegen verbracht. Die Umfrage für die Untersuchung von t3n und Appinio fand am 21. Mai 2021 unter insgesamt 1.000 berufstätigen Menschen in Deutschland über das Appinio-eigene Panel statt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung nach Alter und Geschlecht. Zudem ist das Panel so strukturiert, dass es mehrere verschiedene Positionen und Branchen abbildet.