
Die Grenzen von Arbeit und Privatem verwischen immer mehr. Die Digitalisierung bewirkt zudem, dass wir alle „always on“ sind. Die Forderung nach einem Recht auf Nichterreichbarkeit wird inzwischen auf EU-Ebene debattiert. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) plädiert jedoch nicht etwa für ein neues Gesetz, sondern für mehr Sensibilität und Selbstverpflichtung der Arbeitgebenden. „Ein verbrieftes Recht auf Nichterreichbarkeit ist aus der Zeit gefallen und kann nur als Ultima Ratio dienen“, sagt Markus Albers im t3n Podcast. „Starre Gesetze passen nicht in die neue Arbeitswelt“, erklärt auch Anna Kaiser. Sie beide sitzen dem BVDW-Ressort „Arbeitswelt der Zukunft“ vor.
Zahl stressbedingter Ausfälle steigt seit Jahren

Nichterreichbarkeit: Anna Kaiser und Markus Albers fordern mehr Sensibilität in Unternehmen. (Grafik: t3n)
Ein vom Verband herausgegebenes Thesenpapier zu der Thematik untermauert mit Zahlen, warum Führungskräfte und Teams lernen müssen, wie in der digitalisierten Wirtschaft nachhaltig zusammengearbeitet werden kann. Demnach würden 50 Prozent der Beschäftigten die klare Trennung zwischen Job und Privatleben etwa im Homeoffice vermissen. 84 Prozent seien zudem permanent im „Stand-by“-Modus, wovon 80 Prozent sich gestresst fühlen würden. „So viele wie nie“, heißt es vonseiten des BVDW. Die Krankenkassen warnen seit langem: Es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen der neuen „Always-On“-Kultur und der zunehmenden Zahl stressbedingter Ausfälle.
Es wird nie eine ‚One-fits-all‘-Lösung geben.
Anna Kaiser und Markus Albers versuchen mit gutem Beispiel voranzugehen: Sie ist neben ihrem Vorsitz bei der Interessensvertretung auch Mitgründerin des Jobsharing-Startups Tandemploy, er ist Mitgründer der Kommunikationsagentur Rethink. Beide erklären im t3n Podcast, wie sie eine weitestgehend störungsfreie Arbeitsumgebung für ihre Mitarbeitenden sicherstellen. So rät Anna Kaiser beispielsweise dazu, Eskalationsstufen einzurichten und konkret zu klären, ab wann Technikerinnen und Techniker im Feierabend kontaktiert werden müssen. „Es wird nie eine ‚One-fits-all‘-Lösung geben“, sagt die Unternehmerin. Das hänge stets vom Kontext ab.
Laut den beiden BVDW-Experten sei die Frage generell: Wie können wir eine Arbeitsumgebung schaffen, in der die Produktivität nicht leidet, jedoch die Menschen einen ausgeglichenen und gesünderen Arbeitsalltag haben? Unternehmensrichtlinien seien ein wichtiger Baustein, denn klar sei Markus Albers nach, dass die digitalisierte Arbeitswelt inzwischen tatsächlich Gefahr läuft, die Segnungen der New Work zu verspielen. „Wir wissen inzwischen, wie wir digital miteinander arbeiten. Doch jetzt müssen wir herausfinden, wie wir gut miteinander arbeiten“, so der Experte. Das Ziel muss sein, produktiver und entspannter zu sein. Das ganze Gespräch könnt ihr im t3n Podcast anhören.
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Die beiden sind naive Träumer und leben an der Realität vorbei. Die Forschung der BAuA als oberste Arbeitschutzbehörde in Deutschland zeigt ganz klar dass es ohne gesetzliche Regelung eben nicht geht. In Deutschland sind fast alle Unternehmen von Personal mit Kontrollfetisch geführt, die wenigen positiven Beispiele kommen von Tech- oder Großunternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten. Hinzu schreien gerade marktradikale Kräfte nach der Aufhebung des Arbeitszeitgesetz und 60 Stundenwoche. Damit können und wollen die meisten Beschäftigten aber gar nicht umgehen.