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Würdest du sie essen? Startup kreiert erste Schweinelende im Labor

Das kalifornische Food-Tech-Startup Novel Farm hat es geschafft, eine Schweinelende im Labor zu züchten. Bis sie auf unsere Teller kommt, wird es jedoch noch dauern. Das liegt neben den technischen Herausforderungen auch an psychologischen und politischen Hürden.

Von Insa Schniedermeier
4 Min.
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Schweinelende vom Schwein – werden wir das in Zukunft noch essen? (Bild: Shutterstock/Anna Hoychuk)

Fleischersatzprodukte und kultiviertes Fleisch haben das Potenzial, unsere Ernährung nachhaltig zu verändern und einen großen Teil zur Reduktion von Treibhausgasen beitragen. Das zeigte beispielsweise eine aktuelle Studie von Forschenden der Universität Oxford, in der mittels Algorithmus die Umweltfolgen von 57.000 verarbeiteten Lebensmitteln untersucht wurden.

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Das Ergebnis: Viele der Alternativprodukte wiesen nur ein Zehntel bis ein Fünftel der Umweltauswirkungen ihrer fleischbasierten Äquivalente auf – bei gleichzeitig besseren Werten im Nutrition Impact Score, also bei der Bewertung, wie nahrhaft ein Produkt ist.

Während es eine Vielzahl an Fleischalternativen aus Soja oder Weizen gibt, ist es bislang noch nicht möglich, konventionelle Fleischstücke in größeren (und bezahlbaren) Mengen durch Zellkultivierung herzustellen.

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Durchbruch: Laborschwein

Ein Durchbruch in dem Bereich scheint jetzt dem Cleantech-Startup Novel Farms aus Kalifornien gelungen zu sein. Als erstes Unternehmen der Welt habe man es geschafft, eine Schweinelende im Labor zu züchten, sagte Novel-Farms-Gründerin Nieves Martinez Marshall gegenüber Techcrunch. Die nächsten Konkurrenten seien Higher Steaks in London und Cell X in China, die beide Schweinebauch herstellten.

„Unser Ziel ist es, die breite Akzeptanz von kultiviertem Fleisch und seinen Vorteilen zu beschleunigen“, sagt Martinez Marshall. Dazu müsse das Zellfleisch vom Geschmack und der faserigen Textur her echtem Fleisch gleichen.

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Besonders Letzteres, also die Imitation von Fleischtextur und ‑marmorierung, waren bislang eine Herausforderung bei kultiviertem Fleisch. Novel Farms löst das Strukturierungsproblem durch die Entwicklung eines bestimmten mikrobiellen Fermentationsansatzes, mit dem Proteingerüste kreiert werden können, die sowohl essbar als auch deutlich kostengünstiger als bisherige Lösungen sein sollen.

2020 von den beiden Wissenschaftlerinnen Nieves Martinez Marshall und Michelle Lu gegründet, konnte das Startup in einer Pre-Seed-Runde bereits 1,4 Millionen US-Dollar von Big Idea Ventures und weiteren Geldgeber:innen einsammeln. In Kürze soll eine weitere Finanzierungsrunde starten.

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Die Technologie funktioniert, das konnte das junge Startup anhand seines Prototyps nun demonstrieren. Bis die Laborschweinelende in den Supermarkt kommt, wird es laut den Gründerinnen jedoch noch dauern. 2026 sollen die kommerziellen Anlagen in Betrieb gehen. Die Massenproduktion soll im Jahr 2027 starten.

Psychologische Hürden

Neben den technologischen Herausforderungen gibt es auch weitere Barrieren, die der Kommerzialisierung von Laborfleisch im Weg stehen. Psychologische Hürden in den Köpfen der Verbraucher:innen beispielsweise.

„Damit kultiviertes Fleisch sein Potenzial zur Schaffung eines nachhaltigeren, sichereren und gerechteren Lebensmittelsystems entfalten kann, müssen die Verbraucher:innen Vertrauen in die Lebensmittel haben, die sie essen“, sagt Alex Holst, Policy Manager des Good Food Institutes (GFI) Europe, gegenüber dem Vegan-Magazin Vegconomist.

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Laut Lily Kong, Professorin und Präsidentin der Singapore Management University (SMU), wird dieser Weg jedoch der einzige nach vorn sein. Auf dem diesjährigen World Cities Summit sagte sie, dass sich die Menschen trotz der psychologischen Barrieren an die Idee alternativer Nahrungsmittel gewöhnen müssten.

Als Beispiel dafür, dass diese Veränderungen im Denken passieren können, nennt sie Singapurs Wasseraufbereitungs­programm, bei dem Abwasser in Trinkwasser umgewandelt wird, um die Wasserversorgung zu gewährleisten. Seit Kurzem gibt es sogar ein Bier aus aufbereitetem Abwasser namens Newbrew. Singapur war 2020 das erste Land, in dem Fleisch aus Zellkultur zugelassen wurde.

Regulatorische Hürden

So weit wie Singapur sind wir in Europa noch nicht. Neben den komplexen technischen Fragen steht die Zulassung von Fleischersatzprodukten vor politischen Regulationen. Derzeit darf Fleisch aus dem Labor in Europa nicht verkauft werden.

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„Lebensmittel aus Zell- und Gewebekulturen fallen hierzulande unter die Novel-Food-Verordnung“, äußert sich Bernhard Burdick von der Verbraucherzentrale NRW per Mail. Diese neuartigen Lebensmittel müssten vor der Marktzulassung eine Reihe kritischer Tests bestehen. Nach dem Antrag auf Zulassung prüft die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (Efsa), ob die Produkte sicher sind.

„Bislang ist in der EU noch kein Antrag auf Zulassung nach Novel Food gestellt worden und deshalb kein Fleisch oder Fisch aus dem Labor zum Verkauf zugelassen“, so Burdick. „Hersteller von Laborfleisch bereiten sich darauf vor, angesichts des zunehmenden Interesses erste Schritte in Richtung EU-Zulassung zu unternehmen. Bis sich entsprechende Produkte im Markt finden lassen, werden aber sicher noch einige Jahre vergehen.“

Ob Laborfleisch künftig umweltfreundlicher in der Produktion sein wird als konventionelles Fleisch, sei im jetzigen Stadium noch nicht abzusehen. Zurzeit seien die kleinen Produktionsmengen noch deutlich energieintensiver.

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Da aktuell viel Geld in die Forschung auf diesem Gebiet gesteckt werde, könne sich die Situation in einigen Jahren aber durchaus ändern. „Prinzipiell gilt eine überwiegend pflanzliche Ernährung als der nachhaltigste Weg“, sagt Burdick.

Transparenz muss sein

Zur Kennzeichnung von neuartigen Lebensmitteln betont Burdick die Wichtigkeit von Transparenz. „Verbraucher:innen müssen eindeutig erkennen können, ob das Fleisch oder der Fisch aus dem Labor stammt“, sagt er.

„Viele Verbraucher:innen haben laut Umfragen Vorbehalte gegenüber Fleisch, das im Labor gezüchtet wird. Auch die Frage, ob ein solches Produkt rein rechtlich als ‚Fleisch‘ gekennzeichnet werden dürfte, muss vor Markteinführung geklärt werden“, sagt Burdick.

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Hierzulande setzt sich unter anderem die Lobbygruppe Cellular Agriculture Europe für die Legalisierung und Kommerzialisierung von Fleisch- und Fischersatzprodukten aus Zellkultur ein.

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