Als der Druck der Öffentlichkeit zu groß wurde, knickte Facebook ein und unterzog sich einer Überprüfung, die ermitteln sollte, wie das Unternehmen mit Bürgerrechtsfragen wie Hatespeech, Wahlbeeinflussungen und Fake News umgeht. Diese Bürgerrechtsprüfung ergab, dass Facebook Entscheidungen getroffen hat, die „erhebliche Rückschläge für die Bürgerrechte“ darstellen. Das schreiben die Prüfer in ihrem über einen Zeitraum von zwei Jahren angefertigten, 89 Seiten umfassenden Bericht.
Facebook habe seit dem Start der Prüfung im Jahr 2018 zwar Fortschritte gemacht, in den letzten neun Monaten aber auch „schmerzhafte Entscheidungen mit realen Konsequenzen“ getroffen, heißt es dort. Hervorgehoben wurde unter anderem die Entscheidung Facebooks, einen bestimmten Beitrag von US-Präsident Donald Trump nicht zu löschen.
In diesem Post sprach Trump indirekt davon, im Zuge der gewalttätigen Proteste in Minneapolis nach dem Tod von George Floyd Plünderer niederschießen zu lassen. Anders reagierte beispielsweise Twitter auf denselben Inhalt: Der Dienst blendete Trumps Tweet mit dem Hinweis der Gewaltverherrlichung aus.
Facebook muss sich klarer positionieren
Nach Auffassung der Prüfer ist Facebook nicht gut genug darauf vorbereitet, polarisierende Themen schnell genug zu identifizieren, sodass der Algorithmus extreme Inhalte eher noch befeuern würde, anstatt sie auszusortieren.
Die Prüfer fordern Facebook deshalb auf, sich eine bessere Infrastruktur für Bürgerrechtsfragen aufzubauen und das Engagement für Bürgerrechte und Grundsätze konsequenter herauszustellen.
Facebooks Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg zeigte sich in einem Blogbeitrag einsichtig. „Immer deutlicher wird, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben“, sagte Sandberg. „So schwierig es auch war, unsere Mängel von Experten aufdecken zu lassen, es war zweifellos ein wirklich wichtiger Prozess für unser Unternehmen. Wir möchten Unternehmen in unserer Branche und darüber hinaus dringend auffordern, dasselbe zu tun.“
Schlechter Zeitpunkt der Veröffentlichung
Für Facebook kommt der Veröffentlichungszeitpunkt des Prüfungsberichts zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. In den letzten Monaten reißen die Negativschlagzeilen rund um den Social-Media-Riesen nicht ab. Zuletzt boykottierten immer mehr große Unternehmen Facebook und zogen ihre Werbeanzeigen zurück.
Die Firmen wollen damit ein Zeichen setzen und kritisieren genau die Dinge, die jetzt auch die Prüfer Facebook in ihrem Bericht ankreiden.
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