Essen aus Automaten: Dieses deutsche Startup will die Mittagspause verändern

Gemeinsam essen: Die Mittagspause kann im Office ein Ritual werden. (Foto: Ground Picture / Shutterstock)
Essen aus dem Automaten? Die Assoziationen damit sind eher ungesundes und nicht unbedingt schmackhaftes Essen – der Gedanke geht da schnell zu Snack-Automaten auf Bahnsteigen. Das Münchener Startup hat sich von diesen Automaten inspirieren lassen. Allerdings will es statt Schokolade und Würstchen im Brötchen gesündere Nahrungsmittel anbieten.
Die Automaten sollen ein Kantinenersatz sein. Die Zielgruppe für die Geräte sind Unternehmen, bei denen der Betrieb einer eigenen Kantine nicht wirtschaftlich wäre. CEO Felix Munte sieht in dem Markt großes Potenzial für Wachstum – schließlich hätte der Großteil deutscher Unternehmen keine Kantine. Dazu sehen das Unternehmen seine „Essen-Automaten“ auch als Möglichkeit, um Mitarbeiter:innen aus dem Homeoffice wieder ins Büro zu locken.
t3n: Mit Essen die Mitarbeiter ins Büro holen – klappt das noch? Der bekannte Obstkorb bei vielen Startups ist mittlerweile ja eher ein verrissenes Bild.
Felix Munte: Ich würde den Obstkorb jetzt nicht mit einem vollumfassenden Essen vergleichen. Der Obstkorb gehört eher in den Bereich Mitarbeiter-Benefits, mit Foodji sehe ich uns im Bereich der Human Basic Essentials, wir kümmern uns um die tägliche Nahrungsaufnahme. Wir bedienen einen Markt von Unternehmen, die bisher noch gar nicht die Möglichkeit hatten, ihre Mitarbeiter im Betrieb zu versorgen. Viele Mittelständler haben nämlich keine Unternehmensgröße, bei der sich eine Kantine lohnt.
Die Foodji-Automaten sind der Kantinenersatz. Wie funktioniert das? Muss ich mir mein Essen 24 Stunden vorher bestellen?
Wir starten in der Onboarding-Phase immer mit einer Befragung der Mitarbeiter, um zu ermitteln, wie sie am Arbeitsplatz versorgt werden wollen. Da gehen wir zum Beispiel die Küchen durch und zeigen Beispielprodukte. Darauf basierend, erstellen wir das Startsortiment. Sobald der Foodji dann im Unternehmen steht, beginnen die Algorithmen die Nachfrage auszuwerten. Danach optimieren wir dann, was es an dem jeweiligen Standort im Foodji zu kaufen gibt.
Wie schnell seid ihr denn dabei, Trends umzusetzen?
Grundsätzlich ist das ein Ongoing-Prozess, wir sind da quasi in Realtime dabei. Der Algorithmus lernt konstant. Außerdem können auch manuell Ergebnisse hinzugefügt werden, etwa wenn wegen einer Unternehmensveranstaltung viele Leute nicht da sind und sich das Nachfrageverhalten im betreffenden Zeitraum dadurch verändert. Dazu kommt auch die Mitarbeiterfluktuation, etwa 30 Prozent der Mitarbeiter wechseln in einem Jahr. Das wirkt sich auch auf das Essverhalten am jeweiligen Unternehmensstandort aus. Insgesamt haben wir ja eine intrinsische Motivation, die Produkte anzubieten, die auf Nachfrage treffen. Würden wir das nicht machen, würden wir ja nichts verkaufen und damit auch kein Geld verdienen.
Wie ist denn die Nachfrage bei euren bestehenden Kunden? Wie viele Mitarbeiter gehen täglich zum Foodji?
Das ist ähnlich wie bei der deutschen Betriebsgastronomie: Im Schnitt gehen 20 bis 30 Prozent der täglich anwesenden Mitarbeiter zum Foodji. Dabei ist zu beachten, dass das nicht jeden Tag dieselben Personen sein müssen, sondern der eine Kollege sich vielleicht nur am Dienstag und Donnerstag etwas am Automaten holt, der andere am Montag. Im Monat erreichen wir je nach Standort insgesamt 50 bis 75 Prozent der Belegschaft.
Ein Argument für die Kantine ist neben dem Essen auch die gemeinschaftliche Pause mit den Kollegen. Wenn ich mein Essen am Automaten hole, fällt dieser gemeinsame Kantinenprozess ja weg. Ist die Tendenz da nicht höher, allein vor dem Bildschirm zu essen?
Es ist genau andersherum. Viele unserer Gäste sagen ganz klar, sie wollen während ihrer Pause weniger Zeit mit dem Besorgen von Essen verbringen. Wir haben bei unseren Bestandskunden eine Umfrage gemacht und 1.033 Antworten erhalten: Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) gibt an, sich maximal 30 Minuten Zeit für die Mittagspause zu nehmen. Dazu kommt die Grüppchenbildung, wenn einige etwa zum Bäcker und andere in die Kantine gehen. Knapp 40 Prozent der Befragten geben an, dass sie durch die Nutzung eines Foodji 10 bis 20 Minuten Zeit in ihrer Mittagspause sparen, 12 Prozent sagen sogar mehr als 20 Minuten. Diese Zeit können sie dann nutzen, um sie beispielsweise mit Kollegen zu verbringen. Foodji-Automaten sorgen in der Realität für mehr Austausch. Unternehmen wollen mit den Automaten den Arbeitsplatz insgesamt attraktiver machen.

Felix Munte ist einer der fünf Gründer und CEO des Unternehmens. (Foto: Foodji Marketplace GmbH)
Wie sieht es mit Mitbewerbern aus? Wie eng ist der Markt aus deiner Sicht?
Der Markt für Kantinendienstleister ist gigantisch. In Deutschland gibt es 8.000 bis 9.000 Unternehmen, bei denen sich das Betreiben einer eigenen Kantine lohnt. Darunter kommt der Markt für unsere Kernzielgruppe – da gibt es für über 100.000 Unternehmen noch keine Angebote. Wir sind da heute im mittleren dreistelligen Bereich und haben damit noch nicht einmal 0,01 Prozent des Marktes bedient. Der Markt ist superjung, und deswegen finde ich es auch nicht kritisch, Mitbewerber zu haben. Es ist gut, gemeinsam ein Problembewusstsein zu schaffen und den Markt zu erschließen. In Zukunft werden bestimmt mehr Player ihre Nische finden. Das ist kein „The winner takes it all“-Markt. Außerdem ist es ein sehr komplexes Geschäftsmodell. Daher wird es meines Erachtens nicht wahnsinnig viele geben, die sich dort schnell platzieren können, weil unheimlich viel Technologie dahintersteckt. Wir sind schließlich nicht umsonst ein Food-Tech-Unternehmen.
Wie ist denn die Nachfrage bei euch aktuell? Habt ihr viele Anfragen oder müsst ihr eher auf potenzielle Kunden zugehen?
Wir kriegen viele Anfragen rein, aber müssen auch viel Aufklärung betreiben. Vielen Unternehmen ist gar nicht bewusst, dass eine fehlende Mitarbeiterverpflegung ein Problem ist – es war ja schließlich nie anders und hat scheinbar funktioniert. Die Menschen verhungern heute auch nicht. Aber sie verbringen wertvolle Erholungszeit mit der Beschaffung und der Vorbereitung von Essen. Es gibt eine bessere Lösung, und die macht Arbeitgeber attraktiver. Dazu hat die richtige Ernährung Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit und das gesamte Wohlbefinden. Und glückliche Mitarbeiter sind nun mal bessere Mitarbeiter.
Woher bezieht ihr euer Essen eigentlich?
Unter anderem von Dean and David. Wir arbeiten generell mit Manufakturen zusammen, die den Qualitätsstandard anbieten können, den wir wiederum unseren Kunden anbieten wollen. Also wir produzieren nicht selbst, sondern wir haben Partner, die sich darauf spezialisiert haben, frische Speisen zuzubereiten – allesamt in unmittelbarer Nähe zu Rohstoffen. Verpackt werden diese anschließend in Halopacks, dann geht das Ganze auf eine Nachtlogistik in unsere Hubs nach Berlin, Hamburg, Stuttgart und so weiter. In den Städten fahren dann die „Frischespezialisten“ mit den Kühlsprintern los und befüllen die Foodjis.
Für euch funktioniert das über ein Abomodell: Die Automaten werden gemietet und ihr verdient am Essen?
Genau. Wir haben zwei Umsatzströme. Der eine ist: Wir kaufen Produkte bei unseren Manufakturen ein und verkaufen mit einer Handelsmarge. Der andere ist unsere Dienstleistungsgebühr. Je nachdem, welche Laufzeit nach der Testphase gewählt wird, kostet dann ein Automat pro Monat 600 bis 1.000 Euro. Die Servicedienstleistungen wie die wöchentlich mehrmalige Befüllung, die Reinigung und die Instandhaltung sind mit drin. Es ist eine Full-Service-Lösung.