
Frauen investieren seltener – und werden dann auch noch schlechter beraten. (Foto: Stunning Art/Shutterstock)
Frauen investieren seltener in den Aktienmarkt – und verpassen so Chancen, Vermögen aufzubauen, etwa um die Lücke in der Altersvorsorge zu schließen. Im vergangenen Jahr haben laut Zahlen des Deutschen Aktieninstituts 7,6 Millionen Männer am Aktienmarkt investiert, aber nur 4,7 Millionen Frauen.
Doch selbst wenn Frauen sich mit den eigenen Finanzen beschäftigen und sich an Bankberater:innen wenden, kommen sie dabei schlechter weg als Männer. Denn sie werden schlechter beraten, wie eine Studie des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung (Safe) zeigt.
Dazu haben die Forscher:innen Daten einer großen deutschen Bank ausgewertet und die Informationen aus 27.000 Beratungsgesprächen analysiert, die im Zeitraum von Januar 2010 bis Dezember 2017 stattgefunden haben. Die Bankberater waren nach dem Wertpapierhandelsgesetz verpflichtet, ihre Beratungsgespräche schriftlich aufzuzeichnen, inklusive Details zur Gesprächsmotivation, Produktempfehlungen und der Begründungen für ihre Empfehlung.
Höhere Gebühren, weniger Rabatte
Das Ergebnis: Frauen werden tendenziell häufiger sogenannte Multi-Asset-Fonds empfohlen, die eine geringere Rendite haben, weil sie höhere Kosten verursachen als reine Aktienfonds. Berater:innen haben oft einen finanziellen Anreiz, diese Fonds zu empfehlen, müssen solche potenzielle Interessenkonflikte mittlerweile aber im Gespräch offenlegen. Außerdem bekommen Frauen auch seltener Rabatte auf Gebühren als Männer.
Warum ist das so? Die Forscher:innen vermuten, dass die Berater:innen Frauen eine geringere Preissensibilität zuschreiben – weil sie davon ausgehen, dass sie sich im Allgemeinen schlechter mit Finanzthemen auskennen und kein klares Verständnis von den Kosten und der Anreizstruktur des Beraters haben. Aber auch das vermeintlich schwächere Verhandlungsgeschick der Frauen trägt wohl zu der unterschiedlichen Beratung bei.
Als Kritik an der Qualität und dem Nutzen der Beratung wollen die Forscher:innen ihre Studie trotzdem nicht verstanden wissen. Denn laut ihren Erkenntnissen würden viele Frauen ohne die Hilfe eines Beraters überhaupt nicht investieren.
Mangelndes Wissen, wenig Finanzvertrauen
Mangelndes Wissen und wenig finanzielles Selbstvertrauen – das sind die wesentlichen Gründe, warum Frauen erst gar nicht mit dem Investieren anfangen. Eine Umfrage der Universität Mannheim zeigt aber, dass auch die finanzielle Sozialisation eine wichtige Rolle spielt. Denn in deutschen Haushalten werden Finanzthemen offenbar deutlich seltener mit Töchtern als mit Söhnen besprochen.
Zudem mangelt es Frauen offenbar an entsprechenden finanziellen Vorbildern: Sie nennen eher unmittelbare Familienmitglieder wie Vater, Mutter und Partner, während Männer sich zwar auch am Vater orientieren – daneben aber auch ihren Finanzberater oder berühmte Investoren wie Warren Buffet oder Elon Musk als Vorbild haben. Solche finanzielle Vorbilder in der Kindheit erhöhen demnach die Wahrscheinlichkeit, dass sich Personen später im Leben am Aktienmarkt beteiligen.
Laut der Umfrage ist auch die Finanzbildung der Frauen schlechter als die der Männer: Nur 36,3 Prozent von ihnen konnten Fragen zu Zinsen, Inflation und Kursrisiken korrekt beantworten. Bei den Männern gelang das jedem zweiten. Da verwundert es nicht, dass sie auch ein deutlich geringeres Vertrauen in ihr Finanzwissen haben – und sich dann auch seltener an den Aktienmarkt trauen. Während 32,3 Prozent der männlichen Befragten aktiv in Aktien, Aktienfonds oder ETF investieren, tun das nur 17,6 Prozent der Frauen.
Weniger Erspartes, geringe Risikobereitschaft
Frauen starten allerdings schon mit einem handfesten Nachteil in den Vermögensaufbau: Sie haben einfach weniger Geld übrig. Im vergangenen Jahr standen Frauen monatlich durchschnittlich 400 Euro weniger Geld zur freien Verfügung als Männern. Zum Teil kann das auf den Gender-Pay-Gap zurückgeführt werden, denn Frauen verdienen durchschnittlich schlicht immer noch weniger als Männer und können deswegen weniger Vermögen aufbauen.
Wenn Frauen Geld zurücklegen, gehen sie zudem vorsichtiger vor und legen es lieber auf ein Sparbuch, statt in Aktien zu investieren, wie eine Studie von J.P. Morgan aus dem Jahr 2021 belegt: 79 Prozent der Frauen in Europa parken ihr Geld lieber dort, weil sie die Risiken des Anlagemarkts oder zu hohe Kosten für Finanzprodukte fürchten. So verschenken sie allerdings auch eine höhere Rendite.
Was können Frauen gegen den „Gender-Investment-Gap“ tun?
Der beste Weg, sich aus dem „Gender-Investment-Gap“ zu befreien, heißt Bildung. Nur wer grundlegende Anlageformen und auch die Geschäftsmodelle der Berater:innen versteht, traut sich auch auf den Aktienmarkt. Bücher, Podcasts und Blogs vermitteln hier mittlerweile viel Basiswissen.
Seit einigen Jahren gehen auch Banken und Fintechs – zumindest in ihrem Marketing – stärker auf die Fragestellungen von Frauen ein und entdecken sie als Zielgruppe. Es gibt immer mehr spezielle Coachings, Lern-Apps und digitale Anlageberater, die für Frauen gedacht sind. Bei der Suche nach einem passenden Finanzprodukt begegnen Frauen allerdings immer häufiger auch spezielle „Frauenfonds“, die entsprechend gelabelt sind, aber ebenfalls oft hohe Kosten mit sich bringen.
Von solchen Marketing-Kniffen sollten sich Frauen nicht blenden lassen und – wie die Safe-Studie zeigt – auch (Bank-)Berater:innen nicht blind vertrauen. Wichtig ist, informiert in solche Gespräche zu gehen. Vor allem grundlegendes Wissen über die durchschnittlichen Marktgebühren sind die Voraussetzung, um beurteilen zu können, ob eine Geldanlage, ein Coaching oder eine (Honorar-)Beratung zu teuer ist.
Bislang gehen viele Beratungsgespräche ohnehin noch an den Bedürfnissen der Frauen vorbei, wie die Female-Finance-Studie des S-Hubs der Sparkassen zeigt. Acht von zehn Frauen finden, dass Berater:innen ihren Bedürfnissen nicht gerecht werden oder diese nicht komplett verstehen, 73 Prozent sind unzufrieden mit ihrem Finanzanbieter. Dabei greifen 37 Prozent der Frauen bei Finanzfragen auf die Hilfe eines Beraters zurück – bei Männern tun das nur 25 Prozent.