Warum die Aktienrente keine Lösung für deine Rentenlücke ist – und wie du selbst vorsorgst

Aktienrente? Kannst du mit ETF auch selbst aufbauen. (Bild: Thapana_Studio/Shutterstock)
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben in dieser Woche ihre Pläne für eine Aktienrente vorgestellt. Damit ist ein Konzept gemeint, bei dem die gesetzlichen Renten zumindest teilweise aus einem Aktienfonds finanziert werden.
Der Vorschlag von Heil und Lindner nennt sich Generationenkapital – und soll ein weiterer Baustein der gesetzlichen Rente werden. Ziel ist, das Rentenniveau dauerhaft zu sichern. Wer 45 Jahre lang ein durchschnittliches Einkommen bezogen hat, kann derzeit mit einer Rente rechnen, die knapp 48,15 Prozent des aktuellen Durchschnittsgehalts entspricht.
Doch durch den demografischen Wandel wird das nicht so bleiben – insbesondere, wenn bald die Babyboomer:innen in den Ruhestand gehen und dann immer mehr Rentenempfänger:innen immer weniger Einzahler:innen gegenüberstehen. Schon heute fließen jedes Jahr mehr als 100 Milliarden aus dem Staatshaushalt als Zuschuss in die Rentenkasse.
Sozialverbände haben die Pläne daher bereits kritisiert – sie gehen ihnen nicht weit genug. Tatsächlich würde der Vorschlag die Renten erst einmal nur stabilisieren. Das Rentensystem braucht allerdings eine größere Reform. Daher gilt auch weiterhin: Jede:r sollte sich so früh wie möglich auch privat um die Rente kümmern.
Was ist das Generationenkapital?
Das Generationenkapital ist eine Abwandlung der Idee einer Aktienrente. So ein System gibt es beispielsweise schon in Schweden. Dort ist die Aktienrente verpflichtend, jede:r Arbeitnehmer:in zahlt in den Staatsfonds ein. Das Generationenkapital der Bundesregierung funktioniert allerdings ein bisschen anders, denn es wird nicht über die Rentenbeiträge finanziert.
Laut den Plänen der Bundesregierung soll bis 2035 ein Kapitalstock von 200 Milliarden Euro aufgebaut werden. Dafür nimmt die Bundesregierung Schulden auf, einen Teil des Geldes – rund 15 Milliarden Euro – gibt der Bund bis 2028 auch aus eigenen Mitteln hinzu. Der Fonds soll langfristig von einer noch zu gründenden öffentlich-rechtlichen Stiftung verwaltet werden.
Das Geld wird dann in Aktien und Fonds angelegt. Ziel ist es, bis zum Jahr 2036 jährlich zehn Milliarden Euro zu erwirtschaften, um die Rentenversicherung zu entlasten. Langfristig soll damit das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent garantiert sein. Das Generationenkapital ist also eine weitere Säule zur Finanzierung der gesetzlichen Rente neben Beiträgen und Zuschüssen aus Steuergeldern.
Generationenkapital: Nur kleine Entlastung
Aktuell ist die gesetzliche Rente ein reines Umlagesystem. Wer arbeitet, zahlt einen Teil des Gehalts ein, daraus werden die Auszahlungen an die Rentner:innen finanziert. Weil aber immer mehr Empfänger:innen immer weniger Einzahler:innen gegenüberstehen, kippt das System. Entweder müssen die Berufstätigen also bald einen deutlich größeren Teil ihres Gehalts in das Rentensystem abgeben. Oder die Rentner:innen müssen auf Geld verzichten.
Eine andere Möglichkeit zur Stabilisierung des Systems wäre, das Renteneintrittsalter hochzuschrauben – oder das Rentensystem und seine Finanzierung grundsätzlich umzubauen. Das Generationenkapital ist ein erster Schritt hin zu einer alternativen Finanzierung. Allerdings fließen ab dem Jahr 2036 jedes Jahr nur zehn Milliarden Euro aus dem Fonds in die Rente, um einen Anstieg des Beitragssatzes um weitere 0,3 Prozentpunkte zu verhindern. Jede:r Beitragszahler:in wird damit also nur wenige Euro im Monat sparen.
Und die Aktienrente hat ein großes Risiko: Läuft es an der Börse einmal nicht so gut, drohen Verluste aus den Aktieninvestments. Außerdem plant der Bund die Aktien mit geliehenem Geld zu kaufen, auf das er Zinsen zahlen muss – das schmälert schon mal die Rendite.
So sorgst du selbst mit ETF fürs Alter vor
Das Generationenkapital ist zwar eine gute Idee, um künftig deine gesetzliche Rente stabil zu halten. Doch die Rentenlücke schließt sich so nicht. Daher bleibt es wichtig, auch privat für die Rente vorzusorgen.
Dabei kannst du dich an der Idee des Generationenkapitals orientieren, also langfristig, kontinuierlich und global diversifiziert in den Aktienmarkt investieren. Das geht auch schon mit kleinen monatlichen Beträgen. ETF (Exchange Traded Funds) gelten dabei als einfacher Einstieg in die Welt der Aktien, denn sie sind ein transparentes und kostengünstiges Finanzprodukt. Zum Vergleich: Die laufenden Kosten für ETF liegen je nach Anbieter bei etwa 0,2 bis 0,7 Prozent des angelegten Kapitals. Bei aktiv gemanagten Fonds sind es etwa 1,5 Prozent. Zudem bieten vielen Neobroker und Onlinebanken kostenlose Sparpläne an, mit denen du monatlich in ETF investieren kannst.
Einen ETF-Sparplan einzurichten ist ziemlich leicht. Man braucht dazu keine tiefen Kenntnisse des Aktienmarkts und muss sich auch nicht ständig mit Börsenkursen beschäftigen. Bei Einsteiger:innen ist der MSCI World Index besonders beliebt. Allerdings gibt es auch Kritik an dem Weltindex, weil er zu US-lastig ist und die Werte der großen Tech-Firmen übergewichtet.
Es gibt auch Alternativen, um das eigene Investment stärker zu diversifizieren, etwa indem du dem MSCI World andere ETF beimischst, die sich beispielweise auf Aktien aus Schwellenländern oder von kleinen und mittelständischen Unternehmen konzentrieren.
Bei der Auswahl eines ETF solltest du neben der Entscheidung für einen Index besonders auf die Anlagedauer achten. Denn: Je langfristiger du investierst, desto eher werden über die Zeit kurzfristige Kursschwankungen ausgeglichen. Außerdem musst du dich entscheiden, ob du lieber in einen ausschüttenden oder einen thesaurierenden ETF investieren willst, also dir lieber eine Dividende ausschütten oder den ETF die Dividenden wieder automatisch für dich anlegen lässt.
Alternativen zum Aktiensparen
Natürlich gibt es auch andere Formen, privat für den Ruhestand vorzusorgen, wie die Riester-Rente, die Rürup-Rente oder die betriebliche Altersvorsorge (baV).
Bei der Riester-Rente gibt der Staat einen Zuschuss und gewährt einen Steuervorteil. „Riestern“ kann jede:r Arbeitnehmer:in und andere, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Allerdings stehen die Riester-Rentenversicherungen auch in der Kritik, weil dort im Schnitt 24 Prozent der eingezahlten Gelder in die Gebühren fließen.
Auch bei der Rürup-Rente gibt der Staat einen Zuschuss. Sie ist aber vor allem für Selbstständige und Freiberufler:innen gedacht, die nicht automatisch über die gesetzliche Rente abgesichert sind. Auch hier gibt es einen Steuervorteil in der Ansparphase.
Bei der betrieblichen Altersvorsorge kann dein:e Arbeitgeber:in einen Anteil zu deinen Beiträgen hinzugeben. Dafür gibt es viele Varianten etwa über Direktversicherungen, Pensionskassen und ‑fonds, Unterstützungskassen oder Direktzusagen. Besonders vorteilhaft ist die baV für dich, wenn dein:e Arbeitgeber:in sie ganz übernimmt oder zumindest einen großen Zuschuss gibt. Seit 2029 hast du auch ein Recht zur Entgeltumwandlung, das heißt, der:die Arbeitgeber:in muss 15 Prozent zuschießen.
Finanzminister Lindner will noch in diesem Jahr auch die betriebliche und die private Altersvorsorge neu regeln. Auch hier soll es dann deutlich mehr Beteiligungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt geben – mit entsprechenden Renditeerwartungen und Risiken.
So berechnest du die Rentenlücke
Auch wenn du noch lange nicht an den Ruhestand denkst, solltest du dich trotzdem mit der Rentenlücke beschäftigen. Stell dir dabei vor, wie dein Leben im Alter aussehen soll. Wie viel Geld brauchst du für dein tägliches Leben, wenn du nicht mehr arbeiten musst? Wie soll dein Lebensstil dann aussehen? So ermittelst du deine Wunschrente.
Dann schau dir die Einnahmeseite an, also wie hoch deine gesetzliche Rente ausfallen wird. Diese Information kannst du bei der gesetzlichen Rentenversicherung abfragen. Sie macht eine Schätzung deiner künftigen Rentenansprüche basierend auf den bisherigen Beitragszahlungen und den bisher erworbenen Rentenpunkten. Deinen digitalen Renteneinblick kannst du auch online beantragen.
Hast du zusätzlich noch andere potenzielle Einnahmequellen, beispielsweise aus privaten Rentenversicherungen oder Einkünfte aus Vermietungen? Auch die gehören bei deiner Rentenberechnung auf die Habenseite. Auf jeden Fall musst du auch noch die Inflation berücksichtigen, denn das Leben wird in 20, 30 oder 40 Jahren teurer sein – und dein Geld damit weniger wert.
Dann musst du dich noch fragen: Wie lange wird dein Ruhestand wohl dauern, also: Mit welcher Lebenserwartung rechnest du? Denn schließlich musst du ja wissen, wie viele Jahre dir jeden Monat eine gewisse Summe zu deiner Wunschrente fehlen wird. Daraus ergibt sich dann die Gesamtsumme, auf die du hinsparen musst, um die Rentenlücke zu schließen.
Wenn es dir viel zu kompliziert ist, das alles mit Papier und Stift auszurechnen: Online findest du eine ganze Reihe von Rentenlückenrechnern, beispielsweise bei dem Blog Finanzfluss, beim Deutschen Institut für Altersvorsorge oder bei der Stiftung Warentest (als Excel-Vorlage).
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