GAFA: 28 Milliarden Dollar Gewinn in der Krise und trotzdem nicht in Feierlaune
Einen Tag nachdem Apple-Chef Tim Cook, Amazon-Gründer Jeff Bezos, Facebook-Boss Mark Zuckerberg und Google-CEO Sundar Pichai vor einem Ausschuss des US-Kongresses dazu befragt wurden, ob ihre jeweiligen Tech-Konzerne möglicherweise zu viel Marktmacht besitzen, haben alle vier Konzerne ihre Quartalsberichte vorgelegt. Bei der Befragung hatten die vier Firmenchefs die Vorwürfe natürlich vehement verneint und immer wieder auf eine offenbar äußerst bedrohliche Konkurrenz verwiesen. Diese Konkurrenten sollten aber tiefe Taschen haben, denn die vier Internetriesen kamen im letzten Quartal gemeinsam auf einen Gewinn von 28,6 Milliarden US-Dollar – und das während einer weltweiten Wirtschaftskrise.
Apple-Chef Tim Cook hält sich mit dem Feiern zurück
Apple steigerte seine Verkäufe in der Coronakrise um elf Prozent auf mehr als 59 Milliarden Dollar. Der Gewinn stieg sogar um zwölf Prozent auf 11,25 Milliarden Dollar. Beide Werte übertrafen die Erwartungen von Analysten deutlich und trotzdem wollte sich Firmenchef Tim Cook bei der Vorstellung der Zahlen nicht so recht darüber freuen. Der Apple-CEO hielt sich mit dem üblichen Loblied auf Apple auffällig zurück und verwendete stattdessen viel Zeit darauf, über die Corona-Tracing-Kooperation mit Google und die Entwicklung von Masken für medizinisches Personal zu sprechen. Eine recht ungewöhnliche Zurückhaltung für den Chef einer Firma, die in regelmäßig stattfindenden Werbeveranstaltungen jede Absatzsteigerung von Geräten oder Diensten von einem Live-Publikum bestehend aus Angestellten und Journalisten beklatschen lässt.
„Wir haben keinen Nullsummen-Ansatz für Wohlstand, und gerade in Zeiten wie diesen konzentrieren wir uns darauf, den Kuchen wachsen zu lassen und sicherzustellen, dass unser Erfolg nicht nur unser Erfolg ist“, erklärte der Apple-Chef gegenüber den Investoren und blieb damit seiner Verteidigungsstrategie vor dem US-Kongress treu. Cooks Argument: Das von Apple geschaffene Ökosystem habe unzählige Jobs geschaffen. Dass diese Jobs mitunter von den Launen Apples abhängig sind, stört Cook logischerweise weniger. In Anbetracht der Rekordquartalsergebnisse wirkt aber vor allem Cooks Aussage, man befinde sich in einem „Straßenkampf um Marktanteile im Smartphone-Geschäft“, wenig glaubwürdig. Zumal Apple inmitten einer weltweiten Pandemie auch die iPhone-Umsätze steigern konnte, während Konkurrent Samsung einen merklichen Umsatzrückgang in dieser Sparte vermeldet hat.
Auch Amazon und Facebook sparen beim Schulterklopfen
Auch die Amazon-Führung zeigte sich einen Tag nach der Anhörung vor dem US-Kongress, bei der Firmenchef Jeff Bezos zu einem möglicherweise unfairen Umgang mit kleinen Händlern befragt wurde, eher bescheiden. Und das, obwohl der Umsatz im Jahresvergleich um 40 Prozent auf fast 88,9 Milliarden Dollar gestiegen ist und der Gewinn mit 5,2 Milliarden etwa doppelt so hoch wie im Vorjahr liegt. Stattdessen sprach Bezos lieber darüber, wie man in der Coronakrise Stellen geschaffen und in die Sicherheit der Angestellten investiert habe. Außerdem hob der Firmengründer extra hervor, dass das Wachstum bei Marktplatz-Händlern stärker angezogen habe als bei Amazon selbst. Da Bezos gegenüber den US-Abgeordneten allerdings nicht zweifelsfrei ausschließen wollte, dass seine Angestellte Verkaufsdaten dieser Händler nutzen könnten, um ihnen mit Amazon-Angeboten Konkurrenz zu machen, ist das vermutlich nur ein kleiner Trost für diese Anbieter.
Das gleiche Spiel setzte sich auch bei Facebook fort. Die Erlöse stiegen von 16,89 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum auf nun 18,69 Milliarden Dollar und lagen damit ebenfalls über den Erwartungen. Firmenchef Mark Zuckerberg nutzte die Vorstellung der Quartalszahlen aber nicht zuletzt auch dafür, um die vermeintlich positive Wirkung seines Konzerns hervorzuheben. Ganz so, wie er es auch vor dem Untersuchungsausschuss am Tag zuvor getan hat. „Wir freuen uns, dass wir kleinen Unternehmen die Werkzeuge zur Verfügung stellen können, die sie benötigen, um in diesen schwierigen Zeiten zu wachsen und online erfolgreich zu sein“, erklärte der Facebook-Chef.
Außerdem hob Zuckerberg hervor, dass auch der Boykott vieler Firmen aufgrund der Verbreitung von Hassbotschaften über seine Plattform einen negativen Effekt auf den Umsatz gehabt hätte. In Anbetracht der Untersuchung einer möglicherweise zu großen Marktmacht seines Unternehmens ein dankenswertes Narrativ: Wenn Facebook erfolgreich boykottiert werden kann, bedarf es dann überhaupt einer kartellrechtlichen Untersuchung? Zumal am Ende kaum genau ermittelt werden kann, welchen Anteil der Boykott wirklich hatte. Immerhin befinden wir uns in einer weltweiten Wirtschaftskrise und Werbeausgaben wurden vielerorts sowieso zusammengestrichen.
Das wiederum zeigen nicht zuletzt die Zahlen des vierten Unternehmens, das im Fadenkreuz der US-Politik steht: Werbegigant Google beziehungsweise dessen Mutterkonzern Alphabet. Der hatte erstmals in der 22-jährigen Firmengeschichte mit einem Rückgang der Werbeumsätze um acht Prozent zu kämpfen. Der Gewinn sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 9,95 Milliarden Dollar auf 6,96 Milliarden Dollar. Aber auch hier reichte das Ergebnis, um die Erwartungen der Analysten zu übertreffen. Die hatten mit schlimmeren Folgen der Coronakrise gerechnet. Bezogen auf die Untersuchung des Kongressausschusses erklärte Alphabet-Chef Sunar Pichai: „Wir operieren offensichtlich schon seit einer Weile unter Beobachtung, und wir sind uns bewusst, dass dies – bei unserer Größe – angemessen ist.“
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