Skandal im Retro-Game-Bezirk: Prominenter Sammler verkauft Fälschungen im großen Stil

Der nun des Betruges bezichtigte Mann war ein prominentes Mitglied der Retro-Gamer-Gemeinschaft und Moderator einer großen Facebook-Gruppe zum Thema. Jetzt muss sich der bekannte Käufer, Verkäufer und einstmals gefragte Experte Enrico Ricciardi schweren Vorwürfen stellen.
Weil mehrere Mitglieder Beweise dafür vorgelegt hatten, dass viele der von Ricciardi verkauften Game-Boxen, Disketten und Artworks nicht das sind, was sie zu sein scheinen, wurde er bereits aus der Gruppe „Big Box PC Game Collectors“ ausgeschlossen. In einem öffentlichen Dokument tragen derweil die übrigen Gruppenmitglieder ihre Beweise zusammen. Das berichtet Kotaku.
Dabei kommt einiges zusammen. Beim Vergleich von Ricciardis Spielen mit Originalen, die sich im Besitz anderer Mitglieder befanden, fand die Gruppe schnell eine Reihe von Unstimmigkeiten, darunter offensichtliche Mängel, wie handgeschnittene statt maschinell gefertigte Spieletiketten oder Markierungen auf angeblich jahrzehntealten Aufklebern, die nur mit modernen Druckern hergestellt worden sein konnten. Aber auch geringfügige Unterschiede bei Dingen wie Schriftarten und Logopositionen fielen den akribisch Suchenden letztlich auf.
Am schwersten wiegt aber wohl der Nachweis, dass die von Ricciardi verkauften Disketten in vielen Fällen leer waren. Das entdeckten viele seiner Käufer erst jetzt, nachdem sie aufgefordert worden waren, dies zu überprüfen. Immerhin werden Uralt-Spiele in der Regel nicht zum Spielen, sondern zum Besitz gekauft. Da unterscheidet sich die Sammlerleidenschaft nicht von jener, die etwa jene an den Tag legen, die sich Spielkarten einschweißen lassen, um sie möglichst lange im neuen, aber eben auch unbenutzbaren Zustand zu behalten.
Dazu kommt, dass viele der Spiele, von denen hier die Rede ist, über diverse Emulatoren ohnehin im Internet frei verfügbar sind. Hingegen ist das bei Spielen, die auf 5,25-Zoll-Disketten vorliegen, mit der Verfügbarkeit schon wegen des erforderlichen Lesegeräts so eine Sache
Beim Zusammentragen der Fälschungen wurde immer deutlicher, dass Ricciardi sein Geschäft mit den Fälschungen schon seit Jahren – wohl mindestens seit 2015 – betreiben muss. Schätzungen zufolge hat der gar nicht mal so geschickte Fälscher mit seiner „Produktpalette“ mindestens 100.000 Euro verdient.
Eine Sache für die Justiz könnte die Angelegenheit aber wohl doch nicht werden. Die Betroffenen haben vage angekündigt, dass sie „den für sie besten Weg wählen und dies nicht öffentlich diskutieren wollen“. Sollte sich Ricciardi Sorgen machen?
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