Gamification: Social Media Marketing mit Spielen pushen
Wer Marketing auf Facebook macht, konkurriere nicht nur mit den Inhalten der Nutzer, sondern auch mit den zahlreichen Spielen. Das machte Martin Szugat von SnipClip gleich zu Beginn seines Vortrags klar. Über die Hälfte der Facebook-Nutzer spielen auch auf der Plattform. 19 Prozent sagen gar, sie seien abhängig. Dabei sind Social Gamer eine ganz andere Zielgruppe als der Durchschnitts-Spieler. FarmVille, CityVille und die vielen anderen ziehen alle Altersgruppen an und zudem überwiegend Frauen. Die Fanpage des „Texas HoldEm Poker“-Spiels von Zynga hat beispielsweise mehr „Fans“ als Facebook selbst und verweist damit das Social Network im eigenen Terrain auf Platz 2. So oder so zeigt sich: Spiele mit sozialen Elementen können viele Menschen erreichen. Das müsste sich doch wohl fürs eigene Marketing nutzen lassen?
Was macht Social Games erfolgreich?
Social Games definierte Martin Szugat als eine Kombination aus „Social Context“ und „Casual Gaming“. Sprich: Man nehme ein einfach zu verstehendes Spiel und erweitere es um die Möglichkeit, mit seinen Freunden oder auch gegen seine Freunde zu spielen. Zum Erfolg eines Spiels tragen weitere Faktoren bei. Klassische Gaming-Elemente, die auch außerhalb von Spielen funktionieren, sind beispielsweise:
- Punkte sammeln oder auch Awards, Auszeichnungen oder einen Rang bekommen
- Feedback erhalten, zum Beispiel in Form von Kommentaren der Freunde
- Tauschen und Handeln. Man denke hier an die Panini-Sammelalben.
- Customization – wenn ich Dinge individuell, meinem Geschmack und meiner Persönlichkeit entsprechend anpassen kann.
- Dinge sammeln. Das können virtuelle Güter sein oder Auszeichnungen, die ich nur durch Kombination von Tätigkeiten erreichen kann.
Wichtig sind zudem Belohnungsmechanismen, um die „richtigen“ also erwünschten Handlungen der Nutzer zu fördern. Dabei dürfen solche Belohnungen aber auch wiederum nicht zu leicht erreichbar sein, weil es dann keine Herausforderung darstellt. Zwischen diesen beiden Extremen bewegt man sich, wenn man ein Spiel entwirft.
Der besondere FarmVille-Effekt
FarmVille hat dabei besonders drei Dinge geprägt, die das Spiel so überaus erfolgreich gemacht haben:
- „Farming“: Wenn der Nutzer etwas macht, muss er wiederkommen. Er pflanzt beispielsweise etwas an, muss das Feld aber auch regelmäßig pflegen und letztlich abernten. Andernfalls wird das Ziel nicht erreicht und vorher investierte Zeit war umsonst.
- „Gifting“: Es gibt immer wieder virtuelle Geschenke im Spiel, die man seinen Freunden machen kann. Das sorgt für Austausch und reaktiviert unter Umständen auch Nutzer, die das Spiel eigentlich schon wieder aufgegeben haben.
- „Neighbouring“: Wer eine Farm hat, hat Nachbarn. Das kann weitere Punkte bringen. Man konkurriert also zum einen, kann aber auch zusammenarbeiten und sich gegenseitig helfen.
Games fürs Social Media Marketing nutzen
Um nun Spiele oder spielerische Elemente im Social Media Marketing einzusetzen, hat man im Grunde vier Möglichkeiten:
1. Ein eigenes („branded“) Social Game erstellen lassen
Die Hürde für ein eigenes FarmVille ist natürlich enorm hoch und vor allem teuer. Ob das Spiel am Ende erfolgreich ist? Und selbst wenn es erfolgreich ist: Wird dadurch auch die eigene Marke bekannter?
2. Branded Virtual Goods
In praktisch allen Social Games gibt es virtuelle Güter zu kaufen. Die Macher vom Schlage eines Zynga machen darüber viele hunderte Millionen Dollar Umsatz. Wenn es zur eigenen Firma und dem Produkt passt, kann man ein solches virtuelles Gut als Werbung verschenken. Man denke hier nur an die Promotion-Aktion von Lady Gaga in FarmVille, wo es Gaga-Zubehör für die eigene Farm gab. Wer glitzernde Gatter mag, fand das sicherlich spitze… Wichtig sei, dass es zum Spiel passe, betonte Martin Szugat. Man solle auch nicht in möglichst vielen Spielen präsent sein, sondern sich lieber ein passendes Aussuchen.
3. In-Game-Advertising
Oftmals hat man die Möglichkeit, innerhalb eines Spiels Werbung zu schalten. Ob die Nutzer das interessiert, während sie gerade mit etwas ganz anderem beschäftigt sind? Auf jeden Fall sollte man die Werbung pro erfolgter Aktion eines Nutzers bezahlen und nicht etwa pro Einblendung, so die Empfehlung von Szugat.
4. Gamification
Unter diesem viel diskutierten Schlagwort versteht man im Prinzip, spielerische Elemente in verschiedensten Zusammenhängen zu nutzen. Im aktuellen t3n Magazin 24 haben wir übrigens einen ausführlichen Artikel zu Gamification.
Beispiel „M Rallye“ der Mayerschen Buchhandlung
Zum Schluss ein konkretes Beispiel: Hinter dem Namen „M Rallye“ verbirgt sich ein recht komplex aufgebautes Gewinnspiel, um die Fanpage der Mayerschen Buchhandlung zu promoten. Dabei hatten die Nutzer den Mai über jeden Tag drei Fragen zu beantworten und bekamen bei der richtigen Lösung „Kilometer“ gutgeschrieben. Mit denen legten sie eine Strecke auf einer Deutschlandkarte zurück – bis zum Ziel. Die Nutzer konnten außerdem Teams bilden, natürlich gab es einen Link, um Freunde einzuladen und wer wollte, konnte sein Zwischenergebnis auf der eigenen Pinnwand posten.
Als Anreiz wurden den Nutzern dabei Buchpakete in Aussicht gestellt. Martin Szugat schränkte allerdings ein, dass Gewinnspiele mit Vorsicht zu genießen seien, da sie oftmals eine bestimmte Zielgruppe anzögen, die gezielt und regelmäßig an Gewinnspielen teilnimmt – ohne sich sonderlich für den eigentlichen Veranstalter zu interessieren.
Die Aktion der Mayerschen hat die Zahl der Fans im Mai tatsächlich ganz ansehnlich erhöht:
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Die Zahlen sind hier bei Allfacebook.de zu finden…
Auch die Zahl der monatlich aktiven User (Monthly Active Users, MAU) hat sich erhöht:
Die Zahl der täglich aktiven User (Daily Active Users, DAU) ist zum Schluss etwas abgefallen, was auch mit einem technischen Problem bei Facebook zu tun hatte. Deutlich ist der Knick in der Kurve zu sehen, als an einem Tag die Fragen nicht angezeigt wurden:
Die letzten beiden Grafiken stammen von AppData.com…
Games, FarmVille, Gamification: Fazit
Spiele sind nicht unbedingt eine Spielerei. Menschen verwenden teils viel Zeit darauf und haben Spaß daran. Social Games erreichen dabei ganz andere Zielgruppen als klassische Spiele. Im täglichen Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzer sind Spiele und spielerische Elemente also durchaus ernstzunehmende Hilfen fürs Marketing.
Man muss dabei nicht gleich ein eigenes FarmVille auf die Beine stellen. Allerdings sind auch spielerische Elemente keine Selbstläufer. Sie müssen zum Unternehmen und zum Produkt passen und sie dürfen nicht so platt sein, dass sich der Nutzer veralbert fühlt. Und wie Martin Szubat noch erklärte: Game-Mechaniken sollte man nicht nutzen, um Schwächen anderswo auszugleichen: „Wer Kommentare und Forenbeiträge mit Punkten belohnen muss, hat ein grundsätzliches Problem mit seiner Website.“
Weiterführende Links zum Thema Social Media:
- Social Media 2011 – 10 Thesen zur Nutzung in Unternehmen – t3n News
- Social Media Facts: Social Media lohnt sich – t3n News
- Social Media Marketing – Wieviel Zeit benötigen Facebook, Twitter & Co.? – t3n News
- Was Social Games so erfolgreich macht [Infografik] – t3n News
- Social Media Monitoring: Die besten Tools 2011 – t3n News
Noch ein Grund mehr das GameCamp München am 9/10 Juli zu besuchen und mit uns über die Gamification zu diskutieren.
Btw. wir suchen noch Sponsoren!
Mayersche wäre richtig, nicht Meyersche! Steht eigentlich oft genug auf der Seite, dass man es richitg schreiben oder zumindest einfach „Guttenbergen“ können sollte. :)
@Hans: Vielen Dank für den Hinweis. Scheint schon ein guter Geist korrigiert zu haben :-)
Die Folien zum Vortrag sind jetzt übrigens online:
http://www.slideshare.net/Martin.Szugat/ein-bisschen-spa-muss-sein-game-mechanics-im-social-media-marketing
Vielen Dank für das rege Interesse!
Am 25.06.2012 wird Andreas Bernhardt im Rahmen der Ringvorlesung der GameCity Hamburg einen Vortrag zum Thema „Gamification“ abhalten. Gamification ist die Nutzung von Spielmotivation und Spielmechaniken außerhalb des klassischen Computer- und Videospielgenres, in Fachgebieten wie Online Marketing, Multimedia, Gesundheits-, Lehr- und Arbeitswesen.
Die öffentliche Veranstaltung, zu der jeder Besucher willkommen ist, findet an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (Finkenau 35) um 17.00 Uhr statt.
Link: http://www.gamecity-hamburg.de/game-ringvorlesung/
Andreas Bernhardt schloss sein Bachelorstudium in angewandter Kunst und Technik (u.a. Konzeption, Digitale Medien, Marketing) in den Niederlanden und der USA mit Cum Laude ab. Anschließend absolvierte er ein Masterstudium im Fach „Zeitabhängige Medien“ mit Schwerpunkt Games an der HAW Hamburg und befasste sich in seiner Master Thesis mit dem Thema „Potenziale spielmechanischer Elemente als Stimuli zur Monetarisierung von Social Games auf Facebook“. Andreas Bernhardt ist derzeit Game Designer für Social und Online Games bei Goodgame Studios in Hamburg.