Sprecht ihr trotz Verschwiegenheitsklausel übers Gehalt? Ihr seid nicht allein

Über Geld spricht man nicht – oder etwa doch? Tatsächlich gehen 42 Prozent der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz offen mit ihrem Gehalt um. Lediglich 26 Prozent bevorzugen Diskretion bei dem Thema und knapp 32 Prozent haben gar keine klare Meinung dazu. Das geht aus einer internationalen Gehaltsumfrage von SD Worx hervor.
Befragt hat der Anbieter einer Payroll-Software insgesamt 16.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus 16 Ländern – darunter auch Frankreich, Großbritannien, Schweden und Polen. Mit 59 Prozent reden die Kroaten am offensten über ihre Lohnabrechnung, die Dänen sind mit 28 Prozent besonders zurückhaltend. Deutschland liegt im europäischen Durchschnitt.
Aber auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber kommen zu Wort: Unter ihnen kommunizieren 47 Prozent offen und transparent, wie ihre Lohnpolitik und mögliche Gehaltspakete aussehen. Knappe 21 Prozent der befragten deutschen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wollen hingegen, dass Informationen rund um Löhne und Gehälter lieber diskret behandeln werden.
Gehalt: Verschwiegenheitsklauseln oft ungültig
In Deutschland ist es üblich, dass Verschwiegenheitsklauseln in Arbeitsverträgen das Sprechen über das Gehalt untersagen. Tatsächlich sind die jedoch in den meisten Fällen unzulässig, so Benjamin Karcher, Associate der Anwaltskanzlei Bird & Bird gegenüber t3n. Arbeitnehmende müssen in der Lage sein, sich auch über Gehälter auszutauschen und sie einzuordnen.
„Wären derartige Gespräche verboten, hätte der Arbeitnehmer kein erfolgversprechendes Mittel, etwaige Ansprüche wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Lohngestaltung festzustellen und geltend zu machen“, erklärt der Jurist. Trotzdem gäbe es Ausnahmen, in denen ein Arbeitgeber eine Verschwiegenheit einfordern kann.
„Gehaltsdaten können in Einzelfällen durchaus ein schützenswertes Geschäftsgeheimnis sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Konkurrenz durch deren Kenntnis ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit steigern könnte“, erklärt Karcher. Das umfasse in der Regel die Veröffentlichung einer Summe von Gehaltsdaten oder einer gesamten Gehaltsstruktur.
Auch über das Einkommen von hoch qualifizierten Führungskräften sollten Mitarbeitende nicht reden. Eine besondere Verschwiegenheitsstufe gilt zudem für Personalfachkräfte und Betriebsräte. „Insbesondere infolge des Datenschutzes ist es diesen Personen verwehrt, über Gehaltsdaten zu sprechen, welche sie im Rahmen ihrer Tätigkeit erfahren.“
Für europäische Unternehmen tritt in Kürze ein neues Gesetz in Kraft, das Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu mehr Transparenz in Bezug auf das Lohnpaket verpflichtet. Vor allem für Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten gelten dann strengeren Regeln. Ziel ist es, dass Beschäftigte ihre Gehälter vergleichen können, um eventuelle Lohnungleichheiten sichtbar zu machen.
Stellenanzeigen mit Gehaltsangaben performen besser
Abgesehen davon gehen aber auch Firmen zunehmend transparente Wege beim Gehalt, um im Kampf um Fachkräfte Schritt zu halten. Insbesondere in Stellenanzeigen sind Gehaltsspektren keine Seltenheit mehr. Softgarden, ein Hersteller einer Recruiting-Software, hat ermittelt, dass Jobannoncen mit Gehaltsangaben sogar besonders attraktiv auf Bewerbende wirken.
An der Befragung haben 6.720 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilgenommen, die sich auf eine neue Stelle bewerben sollten. Sie haben Jobanzeigen bewertet, die sich in nur einem Detail – etwa, ob das Gehalt angegeben wurde oder nicht – unterschieden. Diese A/B-Tests ergaben, dass 75 Prozent der Befragten die Annonce mit Gehaltsangabe bevorzugten.