Genug von Zoom-Calls? Wie Unternehmen Videospiele zur Kommunikation einsetzen
Der Begriff „Gamification“ tauchte Anfang der 2010er-Jahre plötzlich in vielen Unternehmen auf. Es geisterte die Frage durch die Bürokomplexe, wie Mitarbeitern und Geschäftspartnern spielerisch etwas näher gebracht werden kann. Im Fokus standen Bereiche wie die Benutzermotivation, der Lernerfolg oder auch die Kundenbindung. Der Mensch an sich ist empfänglich für spielerische Elemente. Das Thema kann noch so trocken sein, aber Highscores, Fortschrittsbalken, Ranglisten und virtuelle Belohnungen lassen ihn aufmerksam am Ball bleiben. Gamification sollte genau in diese Kerbe schlagen. Das ist jetzt fast zehn Jahre her. Der ganz große Hype ist verklungen, auch wenn Gamification nach wie vor eingesetzt wird.
Das Thema Gaming wird für viele Unternehmen gerade wieder sehr interessant. Seitdem tägliche Videokonferenzen das „New Normal“ geworden sind, wird der Ruf nach Veränderungen lauter. Mehrmals am Tag winkt man seinen Kollegen zu, falls diese überhaupt noch ihre Kamera anschalten. Jeder Tag fühlt sich irgendwie gleich an. Wie wäre es also mal, das virtuelle Meeting von Microsoft Teams, Google Hangout oder Zoom an einen anderen Ort zu verlegen? Einen Ort, an dem man auch Spaß haben kann, während man sich der weiteren Tagesplanung widmet?
Meeting am Lagerfeuer
Genau das dachte sich auch die Autorin Viviane Schwarz und verlegte die Meetings mit ihrem Team kurzerhand in das Videospiel Red Dead Redemption 2. „Es ist schön, am Lagerfeuer zu sitzen und Projekte zu besprechen, währen die Wölfe nachts heulen“, schreibt Schwarz bei Twitter. Zoom hat sie den Rücken gekehrt. Kein nerviges „Hört ihr mich?“ oder „Holger ist eingefroren“ mehr. Natürlich sind die Meetings in Red Dead Redemption 2 auch nicht immer perfekt.
Sie bringen andere Herausforderungen mit, die das Meeting jedoch auflockern statt endlos in die Länge zu ziehen. Beispielsweise wird der Befehl, seinen Avatar auf den Boden zu setzen, mit der gleichen Taste ausgelöst, wie der Versuch, die sich neben einem befindliche Person zu erwürgen. Außerdem kann es immer mal wieder zu Angriffen anderer Spieler kommen. Die fünf Minuten Kampf können aber auch eine willkommene Abwechslung sein, um mal kurz den Kopf frei zu bekommen und sich danach wieder fokussiert den Arbeitsthematiken zu widmen.
Selbst das Ende eines Meetings hat für Schwarz jetzt Charme, da einfach alle auf ihre Pferde springen und davon reiten, statt angespannt in die Kamera zu lächeln und dabei zu versuchen, sich abzumelden.
Kreativität von Minecraft nutzen
Die Idee ist dabei gar nicht mal so revolutionär und neu, wie sie auf den ersten Blick scheint. Ein norwegisches Unternehmen errichtete bereits 2016 ein virtuelles Büro in Minecraft. Die in Oslo ansässige Firma Heisholt sicherte sich dafür virtuelle Büroflachen auf einem Server des Computerspiels. Der Gründer des Unternehmens, Erik Heisholt, sagte damals gegenüber dem norwegischen Newsportal The Local, dass er Kundenbesprechungen innerhalb des Spiels abhalten wollen würde, damit kreative Köpfe zusammenkommen und Ideen austauschen können.
„Die Art und Weise, wie Menschen in Minecraft interagieren, miteinander sprechen, bauen und kreieren, ist voller Power, Intelligenz, Zusammenarbeit und Innovation. Wir glauben fest daran, dass wir innerhalb von Minecraft neue Diskussionen führen können, die zu neuen Antworten führen“, so Heisholt weiter.
Gern gesehene Ablenkung oder Produktivitätskiller?
Über 8.000 Kilometer trennen Norwegen und Japan voneinander. Dass die Idee mit dem Gaming-Aspekt in virtuellen Meetings und Besprechungen auch in Ostasien Verwendung findet, überrascht nicht. Japan gilt nicht ohne Grund als Tech-Pionier.
Ein japanisches Unternehmen wählte weder Minecraft noch Red Dead Redemption 2 als Meeting-Schauplatz, sondern ließ die Wahl auf Animal Crossing fallen. Kommuniziert wurde über die Chat-Funktion, während gemütlich auf dem Steg gesessen und geangelt wurde. Ob das Unternehmen auch in Zukunft auf Animal Crossing als Meeting-Alternative setzen wird, steht allerdings in den Sternen. Laut One Esports bemängelte ein Mitarbeiter, dass er seine Arbeit nicht mehr schaffen würde, da das Spiel in zu sehr davon abhalten würde.
Videospiele statt Zoom-Calls. Die richtigen Games in den passenden Situationen eingesetzt, sind sicherlich eine willkommene Abwechslung und hauchen den eingestaubten Standups, Syncs und Sparrings neues Leben ein. Wir sehen uns dann in Los Santos oder West Elizabeth!