
Die meisten Unfälle passieren im Haushalt, heißt es so schön. Dumm nur, wenn der Haushalt auch der Arbeitsort, jedoch nicht entsprechend unfallversichert ist. In einem Rechtsstreit wird derzeit ausgetragen, was passiert, wenn während der Arbeitszeit ein Unfall auf der heimischen Treppe passiert. Im aktuellen Fall klagte ein Mann aus Nordrhein-Westfalen. Er ist eigentlich im Außendienst tätig, erledigt jedoch viele Verwaltungsaufgaben von zu Hause aus. Dafür hat er sich ein Büro im Obergeschoss eingerichtet, das über eine Wendeltreppe erreichbar ist. Von der ist er heruntergefallen und hat sich einen Brustwirbeltrümmerbruch zugezogen.
Urteil zum Sturz im Homeoffice durchaus strittig

Homeoffice-Urteil: Der Weg auf der Treppe sei „weder ein Betriebsweg noch ein Weg zur Arbeit“. (Foto: Shutterstock-Proxima Studio)
Bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik beantragte der Berufstätige die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall. Die lehnte jedoch ab, woraufhin er klagte. Das Landessozialgericht (LSG) Essen wies die Klage nun zurück. Der Weg auf der Treppe sei „weder ein Betriebsweg noch ein Weg zur Arbeit“, wie sie von den Berufsgenossenschaften versichert seien, lautet das LSG-Urteil. Vielmehr habe sich der Sturz im „im häuslichen Wirkungskreis“ ereignet, heißt es darin weiter. Ein Betriebsweg sei ein Weg „zwischen verschiedenen versicherten Tätigkeiten“. Der Weg zur Arbeit beginne „mit dem Durchschreiten der Haustür“.
Der Kläger hat bereits Revision beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt (Aktenzeichen: B 2 U 4/21 R). Der Ausgang ist durchaus offen. „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass sich das Bundessozialgericht mit der Frage beschäftigt, ob nicht auch der Weg ins und vom Homeoffice bei Arbeitsantritt und Arbeitsende als Wegeunfall zu werten ist und möglicherweise seine Rechtsprechung ergänzt“, sagt Barbara Geck von der Kanzlei Bird & Bird im t3n-Gespräch. Die Juristin weiß, dass die Grenzen diesbezüglich in der Praxis noch nicht allzu klar abgegrenzt sind. Es sei möglich, dass der Fall zur Nachjustierung genutzt werde.
Nach aktueller Rechtslage ist es laut der Expertin sehr zu empfehlen, Unfälle im Homeoffice privat abzusichern: „Einige Arbeitgeber schließen für diesen Fall auch Gruppenunfallversicherungen ab, die einspringen, wenn Berufsgenossenschaften den Unfall im Homeoffice nicht als Arbeitsunfall einstufen“. Die Rechtslage könne sich allerdings auch kurzfristig ändern: Der aktuellen Gesetzesentwurf zum Mobile-Arbeiten-Gesetz sieht eine Änderung des Sozialgesetzbuches vor. Danach sollen Arbeitnehmer im Homeoffice den gleichen Versicherungsschutz genießen, wie in der Betriebsstätte des Arbeitgebers.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind während der Arbeitszeit auch auf dem Weg zur Toilette versichert. Das gilt jedoch nicht, wenn sie im Homeoffice sind – so ein Urteil. Zuletzt hatten sich ähnliche Urteile gehäuft.
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