Wer ein funktionierendes Riechorgan besitzt, schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Während bestimmte Gerüche positive Emotionen und Genuss in uns auslösen, werden wir durch andere vor Gefahren wie Feuer oder gefährlichen Chemikalien gewarnt. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Wer seinen Geruchssinn durch einen Unfall oder eine Erkrankung – zum Beispiel Covid-19 – verliert, büßt sowohl Genuss- als auch Schutzfunktion ein.
Um diesem Verlust entgegenzuwirken, entwickeln Forscher:innen sogenannte olfaktorischen Prothesen – die man auch als E-Nasen bezeichnen könnte.
Riechen per Stimulations-Implantat: So soll eine E-Nase funktionieren
Das Prinzip: Ein Sensor soll verschiedene Gerüche, die präsentiert werden, erkennen. Die Information, um welchen Geruch es sich handelt, wird in elektrische Signale übersetzt und an einen Transmitter weitergegeben. Dieser Transmitter ist außerhalb des Kopfes angebracht, zum Beispiel am Bügel einer Brille, und sendet die Signale weiter an einen implantierten Stimulator. Der setzt die Signale im Gehirn frei und liefert so die entsprechenden Reize, die für die Wahrnehmung eines bestimmten Geruchs zuständig sind.
Ganz ausgereift ist das System allerdings noch nicht, erklären Richard Constanzo und Daniel Coelho von der Virginia Commonwealth University. Die beiden Wissenschaftler beschäftigen sich seit Jahren mit olfaktorischen Prothesen und haben vor Kurzem in einem Versuchsaufbau für das Magazin IEEE gezeigt, wie der von ihnen genutzte kommerzielle Geruchssensor beispielsweise Glasreiniger oder Mundspülung erkennt.
Statt mit einem implantierten Stimulator haben Constanzo und Coelho den Transmitter im Versuchsaufbau allerdings nur mit einer Diode verbunden, die je nach Geruch in einer anderen Farbe aufleuchtet. Die Information, was der Sensor wahrgenommen hat, wird außerdem in einer App angezeigt.
E-Nase mit Implantat: Es braucht noch Forschung
Auch wenn es im Versuchsaufbau nicht zu sehen ist: am Implantat, das die elektrischen Signale im Gehirn in Reize umwandelt, haben die beiden Wissenschaftler schon geforscht. Dabei haben sie sich an sogenannten Cochlea-Implantaten orientiert, die bei Hörstörungen zum Einsatz kommen.
Seit 2016 haben sie ein Patent auf ihre Entwicklung angemeldet. Ihre Theorien, wie gewisse „Riechkartierungen“ im Gehirn aussehen könnten, bei denen die Stimulation des Riechkolbens auch Signale an andere Gehirnbereiche schickt, haben sie bisher allerdings nur in Tierversuchen belegt.
Und es gibt noch andere Punkte, die die Kommerzialisierung der E-Nasen derzeit noch eher fern erscheinen lassen: Die Anzahl der Gerüche, die die ersten Prothesen identifizieren können, wird noch relativ gering sein, unklar ist auch, wie man operativ bestmöglich an den Riechkolben gelangt, ohne andere Gehirnareale zu verletzen. Wo genau das Implantant sitzen soll und ob vielleicht mehrere Stimulationsbereiche notwendig sind, müssen die Forschenden ebenfalls noch herausfinden.
In der EU widmet sich das Forschungskonsortium Rose (Restauring Odorant detection and recocnigtion in Smell dEficits) diesen Fragen – doch auch hier wird es wohl noch etwas dauern, bis Lösungen gefunden werden.