Viele Designer haben Vorurteile gegenüber bestimmten Schriftarten. Der Grund dafür ist häufig, dass sie von unprofessionellen Anwendern in der Vergangenheit viel zu inflationär eingesetzt und nicht zuletzt aus dem für sie vorgesehenen Kontext gerissen wurden. Comic Sans, Papyrus, Times New Roman oder Impact will heute beispielsweise niemand mehr in individuellen Projekten sehen. Doch auch wenn die Schriftarten heute unbeliebt sind, haben sie alle eine mehr oder weniger sympathische Geschichte zu erzählen. Wir haben uns ein wenige mit den Hintergründen und Werdegängen der oben genannten Schriftarten beschäftigt. Das Wissen hat uns sogar etwas milde gestimmt.
1. Comic Sans
Zu verantworten hat Comic Sans ein Microsoft-Entwickler namens Vincent Connare, der die Schriftart im Jahr 1994 entwickelte. Zur Rettung seiner Ehre muss man jedoch sagen, dass er sie eigentlich gar nicht als Standardschriftart des Microsoft-Betriebssystems erdacht, sondern speziell für ein einzelnes Projekt konzipiert hat. Connare ist etwas unfreiwillig zum Erfinder der wohl meistgehassten Schriftart der Welt geworden. Im Rahmen seines Projektes war Comic Sans jedoch gar nicht so unsinnig.
Der US-Amerikaner war an der Microsoft-Bob-Software beteiligt. Dahinter verbirgt sich ein Programm, das PC-unerfahrenen Nutzern den Zugang zu Computern vereinfachen sollte. Comic Sans war lediglich als freundliche Times-New-Roman-Alternative für die Sprechblasen der Comic-Charaktere konzipiert, die durch die Benutzeroberfläche führten. Da die Texte in Comic Sans jedoch zu groß waren und somit schlussendlich nicht mehr in die Sprechblasen passten, wurde die Schriftart auf Eis gelegt. Ein Jahr später ist sie dann im 3D Movie Maker doch wieder aufgetaucht und kurz darauf im Plus!-Paket von Windows 95 zur Standardschrift erklärt worden.
Gewünscht hat Connare sich das so nicht, stoppen konnte er die Entscheidung jedoch auch nicht. Erst durch Microsofts Entscheidung, den Comic-Sans-Font zur Standardschrift zu machen, haben abermillionen Design-Amateure sie unsachgemäß und unüberlegt eingesetzt. Eine tragikomische Geschichte also.
2. Papyrus
Im Jahr 1982 hat der Grafik-Designer Chris Costello die Papyrus-Schriftart konzipiert. Das anfangs private Projekt sollte ein Ausgleich zu seiner unbefriedigenden Arbeit in einer Werbeagentur sein. Costello gab sich viel Mühe bei der Konzeption. Sein Ziel war es, die englische Sprache so abzubilden, wie sie vermutlich vor 2.000 Jahren im mittleren Osten zu Papier gebracht worden wäre. Daher auch der Name Papyrus.
Insgesamt sechs Monate hat Costello daran gearbeitet. Mit Hilfe eines Kalligrafie-Stiftes und strukturiertem Papier hat er jeden einzelnen Buchstaben handgeschrieben. Die Charaktereigenschaften der Buchstaben werden durch harte Ecken, unregelmäßige Kurven und horizontalen Striche definiert. Costello war recht zufrieden mit seinem Werk. Als er die Schriftart jedoch zu verkaufen versuchte, meldete sich von zehn Unternehmen nur eines zurück. Latraset war der erste Abnehmer. Heute gehört die Schrift der US-amerikanischen ITC.
Mit Papyrus verbindet Costello inzwischen eine Hassliebe. Die Schriftart kam sowohl für James Camerons Kino-Klassiker „Avatar“ als auch im Logo der Metal-Band „Lamb of God“ zum Einsatz. Da Papyrus jedoch ähnlich wie Comic- Sans fest in etliche Microsoft-Programme integriert wurde, ist die Schrift mit der Zeit auch in Newslettern und Hypotheken-Werbung aufgetaucht. Für Chris Costello verlor die Schriftart damit ihren anfänglichen Reiz.
3. Times New Roman
Times New Roman wurde 1931 unter der Regie von Stanley Morison und in Zusammenarbeit mit Victor Lardent für die Zeitung „The Times“ konzipiert. Die Schriftart sollte die bis dahin verwendete Times Old Roman ablösen. Ziel war eine robuste, klare und einfach lesbare Schrift, die sich zudem ökonomisch im Platzverbrauch verhält. Das Team benötigte eine 5¼, 7, 7½ und 9 Punkte große Schriftart, um die verschiedenen Sektionen in dem gedruckten Medium besser voneinander trennen zu können. Inspirieren lassen hat sich Morison bei der Entwicklung zudem von der Schriftart Plantin.
Times New Roman ist über die Jahre zu einer der wichtigsten Schriften im Verlagswesen geworden. Am 3. Oktober 1932 erschien die erste Times-Ausgabe mit der neuen Schrift. Schon zwei Jahre später wurde das erste Buch gedruckt. Aufgrund des großen Erfolgs, stiegen dann ziemlich schnell auch die US-amerikanischen Magazine „TIME“, „Fortune“ und „Life“ auf Times New Roman um. Aufgrund neuer Druckmaschinen und verbesserten Papiersorten verabschiedete sich „The Times“ jedoch am 23. April 1953 schon wieder von der beliebten Schriftart und wechselte zu Claritas.
Das große Revival kam dann in den 80ern durch Adobe. Man hatte sie als digitale Version in deren ersten PostScript-Interpreter integriert. Als Computerschrift ist Times New Roman zudem in Windows- und Mac-OS-Betriebssysteme standartmäßig integriert. Die Schriftart zählt heute zu den bekanntesten und meistverwendeten Schriften der Welt. Und genau deshalb wird sie von Designern auch verschmäht. Inzwischen greifen die Experten lieber auf Alternativen wie Georgia zurück.
4. Impact
Eindruck sollte sie vermitteln, die Impact-Schriftart. Und dabei dem modischen Stil der 60er folgen. Entwickelt wurde sie 1965 von Geoffrey Lee und wurde anschließend von der Stephenson Blake Schriftgießerei veröffentlicht und verbreitet. Maßgeblich inspiriert wurde sie von der Haettenschweiler-Schriftart. Die Geburt von Impact war ziemlich anachronistisch. Entwickelt wurde sie nämlich als Metallschrift in einer Zeit als die Ära eigentlich zu Ende ging. Vielmehr ging der Trend in Richtung Fotosatzverfahren. Zudem waren digitale Methoden im Entstehen.
Aufgrund ihrer dicken Linien und der engen Buchstaben taugt sie überhaupt nicht zum Einsatz in einem Fließtext – auch wenn das manche Anwender nicht wahrhaben möchten. Allenfalls taugt sie für Überschriften. Impact zeichnet sich vor allem durch die besonders große x-Höhe aus. Genau wie die Schriftarten zuvor, wurde Impact seit der Integration in Windows und dem Internet Explorer viel zu inflationär genutzt. Zudem ist sie Teil der „Core fonts for the web“, wodurch sie überhaupt erst populär wurde – etwa 30 Jahre nach ihrer Entstehung.
Impact wurde seitdem für zahlreiche Kinoplakate genutzt – beispielsweise auch beim Dokumentarfilm „Undefeated“, der 2012 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Zudem ziert sie das Logo der „Internet Movie Data Base“ (IMDB). Aktive Netz-Nutzer kennen Impact jedoch häufig in einem ganz anderen Kontext: Sie ist die fest etablierte Schriftart für Meme-Anwendungen. Auch und gerade deswegen, hat Impact es heute schwer, sich noch in anderen Kontexten zu behaupten.
Was noch?
Welche Schriftarten könnt ihr nicht mehr sehen? Welche findet ihr einfach nur grausam? Wir planen diesen Artikel regelmäßig zu erweitern. Insofern die Frage: Gibt es unbeliebte Schriften, deren Geschichten wir für euch nachgehen sollen?
Comic Sans mag bei Designern unbeliebt sein an anderer Stelle ist es eine der wenigen Schriftarten, die z.B. das kleine a so darstellt, wie Kinder es in der Schule lernen.
Beir Lerntherapeuten ist diese Schriftart alles andere als unbeliebt!
Sand… Die Schrift ist einfach komisch…