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Google Stadia: Neue KI-Projekte sollen Spielemachern bei der Entwicklung helfen

„Semantic ML“ und „Chimaera“ sind zwei Experimente, die zeigen, was KI und Machine Learning beim Spieldesign leisten können. Zwei Google-Stadia-Entwicklerinnen haben sie t3n erklärt und vorgeführt.

Von Julius Beineke
5 Min. Lesezeit
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KI-Unterstützung soll bei Google die Spieleentwicklung beflügeln. Zwei Projekte bekam t3n vorgestellt – darunter „Semantic ML“, mit dem Füchse auf Text-Zuruf ballspielen. (Bild: Google)

Mit Stadia hat Google seinen Hut in den Cloud-Gaming-Ring geworfen. Nach dem Start im November 2019 zeigte sich der Spieledienst als grundsolide, von einigen Kinderkrankheiten und einem sehr eingeschränkten Spielekatalog einmal abgesehen. Großes Potenzial ist definitiv da – t3n hatte sich Stadia für euch zum Release angesehen.

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Wie Teile dieses Potenzials aussehen könnten, hat Google Anfang März t3n gezeigt. Die Entwicklerinnen Erin Hoffman-John und Anna Kipnis präsentierten zwei Projekte, an denen sie zusammen mit Google arbeiten. Beide greifen tief in den KI- und Machine-Learning-Topf, den Google schon lange und in erster Linie für Nicht-Gaming-Projekte köcheln hat – und zeigen, was KI und ML für die Spieleentwicklung tun können.

„Semantic ML“ – Game Design durch’s Appellohr

Googles KI-Modell Semantic ML – kurz für semantisches Machine Learning – lernt Beziehungen zwischen Wörtern und leitet daraus deren semantische Nähe/Entfernung zueinander ab. So ist beispielsweise das Wort „Blume“ semantisch nahe an „Vase“ oder „Tulpe“, aber weiter entfernt von – wenngleich immer noch verwandt mit – dem Wort „Beerdigung“.

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Anna Kipnis Porträt

Anna Kipnis – unter anderem Programmiererin beim Spielestudio Double Fine Productions – arbeitet mit und für Google Stadia an KI-Systemen für Spieldesign. Darunter ist Semantic ML. (Bild: Google)

Anna Kipnis führte t3n eine Möglichkeit vor, Semantic ML beim Spieldesign einzusetzen. In einer Demo interagierte sie in virtueller Umgebung voller virtueller Gegenstände mit einem Fuchs. Alle virtuellen Elemente – vom Fuchs über Tassen und Spielzeugbälle bis hin zum Avatar des Spielenden und dessen Handlungen selbst – sind dabei mit diversen Begriffen versehen.

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Kommuniziert man nun via Texteingabe mit dem Fuchs und bittet ihn um Kaffee, verknüpft Semantic ML im Hintergrund „Kaffee“ semantisch mit „Tasse“. Der Fuchs schleppt daraufhin die Tasse vom Tisch in der Nähe herbei. Fragt man ihn, ob er Lust hat, zu spielen, greift er sich einen Ball – weil „Ball“ semantisch in der Nähe von „Spielen“ ist. Die KI schätzt also, welche die wahrscheinlich gewünschte Handlung auf eine Eingabe ist, und reagiert dementsprechend.

Mit einem entsprechend erstellten Set an semantischen Beziehungen und einer ausreichend trainierten KI kann das nicht nur viel Fleißarbeit bei der Programmierung sparen, da nicht jede konkrete Handlung mit einer spezifischen Spielereingabe verknüpft werden muss. Hinzu kommt, dass mithilfe von Klartext (bisher nur auf Englisch) programmiert, wie auch gespielt werden kann. Das spart nicht nur Programmieraufwand, es werden auch wesentlich realistischere und organische Interaktionen möglich – inklusive Missverständnissen.

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Semantic ML kann auch zu witzigen Situationen führen. Statt „Make some money“ landete in der Demo der Tippfehler „Make some monet“ im System. (Bild: Google)

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Die Nähe einzelner Begriffe zueinander lässt sich auch im Nachhinein noch anpassen, wodurch Spieleentwickler weiterhin starken Einfluss auf das Verhalten der Spielelemente haben können. Darüber hinaus lassen sich so auch Regelsets für verschiedene Situationen oder Verhaltenszüge von Spielfiguren festlegen. In der Demo gab es ein solches Set für einen traurigen, blauen Fuchs, der weder lächeln noch spielen wollte – weil die entsprechenden Begriffe und somit Handlungen in Semantic ML als weniger wahrscheinlich definiert waren.

Während für den Standardfuchs „Hello“ nahe mit einem Winken verbunden ist, ist diese Handlung für den traurigen Fuchs in Semantic ML weiter entfernt. (Bild: Google)

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„Chimaera“ – KI erstellt Game-Art

Wie künstliche Intelligenz unter anderem beim grafischen Aspekt von Spieldesign und damit verbundener Fleißarbeit Entwicklerinnen unter die Arme greifen kann, erklärte Erin Hoffman-John anhand des Prototyps eines strategischen Kartenspiels, genannt „Chimaera“ (von dem es bisher leider kein Bildmaterial gibt). Dahinter steht ein Machine-Learning-Modell, das Grafik-Assets und Artworks automatisiert erstellt – bisher nur in 2D, daher auch das Kartenspiel als Versuchskaninchen.

Erin Hoffman-John Porträt

Erin Hoffman-John – Autorin und Spieledesignerin – erklärte t3n, wie KI beim Grafikdesign und beim Balancing in Player-versus-Player-Games helfen kann. (Bild: Google)

Gibt man dem Modell ein festes Set aus Kunst und andere Grafiken in einem bestimmten Stil als Futter, etwa eine düstere Waldumgebung mit Ruinen, erstellt es daraus Pixel per Pixel neue, originelle Artworks im gleichen Stil. So lassen sich beispielsweise Konzeptgrafiken für Leveldesigns kreieren, die bisher von Grafikern in teils stundenlanger Arbeit erstellt werden mussten.

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Das kann Spieledesignern nicht nur tatsächliche Arbeit am Endprodukt abnehmen, indem Texturen automatisiert erstellt werden, sondern auch vorbereitend zum Einsatz kommen, um unterschiedliche Grafikstile für Games auszuprobieren. Besonders für kleinere Entwickler-Studios ist dieses „Nur mal zum Ausprobieren“ aufgrund damit verbundener Kosten bisher schlicht finanziell kaum möglich.

Zum Einsatz kommt diese automatische Grafik-Generierung beispielsweise bei „Chimaera“, einem experimentellen, digitalen Kartenspiel-Projekt von Google, bei dem Kreaturen in Kartenform gegeneinander kämpfen. Hier können Spieler Karten – jeweils mit eigenen, originellen Artworks – miteinander kombinieren, um daraus neue, bessere Karten zu erstellen. Für diese „Karten-Chimären“ wurden jedoch keine eigenen Grafik-Assets erstellt – das übernimmt die KI.

Pokemon Fusion

Eine ganz (ganz!) grobe Vorstellung, wie die Artwork-Kombination in Chimaera aussehen könnte, könnte der „Pokemon-Chimären-Generator“ Pokemon Fusion geben – nur eben auf wesentlich niedrigerem und nicht-KI-gestütztem Level. (Screenshot: t3n)

Künstliche Intelligenz hilft bei Chimaera auch beim Balancing. Sie kann in kürzester Zeit Unmengen an Matches verschiedenster Karten und Zusammenstellungen gegeneinander antreten lassen und so herausfinden, ob bestimmte Karten – besonders in Kombination mit anderen – zu stark oder zu schwach sind. Dieses Playtesting frisst besonders bei der Entwicklung von Gesellschaftsspielen extrem viel Zeit, die hier durch den Einsatz von KI verkürzt werden kann.

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Spiele-Ausbeute bisher schmal

Wie die Google-Entwicklerinnen betonten, handelt es sich bei den vorgestellten Projekten um reine Prototypen, die es wohl nie in die kommerzielle Öffentlichkeit schaffen dürften. Auch die darunter liegenden KI-Modelle sind in der Form noch lange nicht marktreif. Sie sollen jedoch zeigen, was mal werden kann – und heutigen Spielemachern mit Sicherheit einen Anreiz geben, Stadia auch zukünftig als Verbreitungsplattform in Betracht zu ziehen.

Diese Möglichkeiten, die die neuen Prototypen Game-Developern in Aussicht stellen, dürften nicht zuletzt ein Weg sein, wie Google sein bisher eher schmales Portfolio an Entwicklern erweitern möchte, die ihre Spiele bei Stadia veröffentlichen.

Besonders viele kleinere Entwicklerstudios haben bisher verhältnismäßig wenig Anreiz, bei Stadia aufzuspringen. Dabei geht es in erster Linie ums Geld. Wie ein paar Game-Devs anonym gegenüber Business Insider berichteten, fielen die Angebote seitens Google finanziell äußerst mager aus.

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Hinzu kamen Bedenken, ob Google sein neues, großes Cloud-Baby Stadia auf längere Dauer unterstützen und weiterentwickeln wird – und sich Deals überhaupt lohnen. Der IT-Riese hat schon mehrfach bewiesen, dass er keine Skrupel hat, auch große, teure Projekte abzusägen, wenn sich diese als unrentabel und wenig erfolgreich herausstellen.

t3n meint:

Mit Projekten wie Chimaera und Semantic ML, die Game-Devs zeigen, welche neue Möglichkeiten sie beizeiten durch Stadia an die Hand bekommen könnten, zeigt Google den Drive, an der Plattform dran bleiben zu wollen. Ob das Googles augenscheinlichen Geiz übertrumpft und weitere Entwickler und Entwicklerinnen zu Stadia zieht, bleibt abzuwarten.

Julius Beineke

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