Der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems hat mit seinem Datenschutzverein Noyb in Frankreich eine Beschwerde gegen Google eingereicht, in der er behauptet, dass der US-Tech-Gigant illegal die Verwendung von Android-Smartphones ohne Zustimmung ihrer Nutzer trackt. Seinen Vorwurf gründet er auf die eindeutige Werbe-ID, die jedes Android-Smartphone trägt.
Vorwurf: Googles Werbe-ID erlaubt Tracking ohne Zustimmung
Diese IDs erlauben es Google und seinen Werbekunden, das Surfverhalten der Android-Nutzer zu verfolgen, um sie mit passender Werbung ansprechen zu können. Apple verfügt mit dem Identifier for Advertisers (IDFA) über eine ganz ähnliche Technologie.
In der am Mittwoch eingereichten Beschwerde bei der französischen Datenschutzbehörde wirft Schrems dem Tech-Riesen vor, bei der Erstellung und Speicherung der Werbe-ID „illegale Operationen“ durchzuführen, die gegen EU-Datenschutzgesetze verstoßen. Er sieht wohl insbesondere das Erfordernis der vorherigen Zustimmung verletzt.
Schrems fordert die Datenschützer auf, eine Untersuchung gegen Google einzuleiten. Die soll Googles Tracking-Praktiken offenlegen und das Unternehmen letztlich zwingen, sich DSGVO-konform zu verhalten. Zudem verlangt Schrems die Verhängung empfindlicher Geldstrafen für den Fall, dass die Behörde Beweise für Fehlverhalten findet.
„Spur aus Puder“ erlaubt detailliertes Tracking
„Durch diese versteckten Identifikatoren auf Ihrem Telefon können Google und Dritte Nutzer ohne deren Zustimmung verfolgen“, gibt Schrems’ Datenschutzanwalt Stefano Rossetti gegenüber der Financial Times zu bedenken und ergänzt: „Es ist, als hätte man ein Puder an den Händen, das eine Spur von allem hinterlässt, was man auf dem Telefon macht – von der Frage, ob man nach rechts oder links gewischt hat, bis hin zu dem Lied, das man sich angehört hat.“
Google hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Dass die Bedenken Schrems’ nicht substanzlos sind, beweist Apple gerade eindrucksvoll dadurch, dass sie die Nutzung der Werbe-ID im kommenden iOS-Update zustimmungspflichtig machen wollen.
Auch Apple unter Beschuss, Konzern bessert nach
Damit hätte jeder iOS-Nutzer die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob die Nutzung der Werbe-ID, die es allerdings weiterhin geben wird, durch die konkrete App gestattet werden soll. Weithin wird davon ausgegangen, dass Nutzer genau diese Zustimmung nicht erteilen werden. Immerhin haben sie weder Vor- noch Nachteile von einer Ablehnung.
Facebook und andere sehen sich dadurch in ihrem geschäftlichen Treiben beschädigt. Der Social-Media-Riese soll per Kartellklage gegen Apple vorgehen wollen, um die Maßnahme abzuwenden.
Auch gegen Apple hat Schrems aus den gleichen Gründen Datenschutzbeschwerde eingelegt. Der Fall wird derzeit von den österreichischen und spanischen Datenschutzbehörden geprüft. Apple weist die Vorwürfe als „sachlich unzutreffend“ zurück.
In Österreich hat Schrems eine separate Beschwerde gegen Google eingereicht. Dabei geht es ganz gezielt darum, dass Nutzer die Kennung nicht von ihren Android-Geräten löschen können.
Die französischen Behörden hat Schrems mit Bedacht gewählt. So soll das französische Rechtssystem besonders gut geeignet ein, Beschwerden unter der europäischen E-Privacy-Richtlinie zu bearbeiten. Das lassen jedenfalls Personen aus dem Umfeld des Beschwerdeführers verlauten. Die in der Frage europäischer Datenschutzregulierung im Grunde führende Behörde in Irland hat Schrems demnach mit Absicht außen vor gelassen. Die ist unter Druck geraten, seit ihr eine Reihe von Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, eine schleppende Durchsetzung der geltenden Regeln vorwerfen.
Max Schrems ist ein überaus streitbarer Datenschützer
Max Schrems gehört mit dem von ihm gegründeten Datenschutzverein Noyb zu einem der streitbarsten Verfechter des Datenschutzes. Im Sommer 2020 hatte er mit seiner Klage vor dem Europäischen Gerichtshof den sogenannten Privacy-Shield, also das EU-US-Datenschutzabkommen, gekippt.
Das Gericht bestätigte Schrems’ Ansicht, dass das Abkommen nicht dem europäischen Datenschutzrecht entspreche, weil US-Behörden wie die NSA und das FBI auf Daten europäischer Nutzer zugreifen könnten, ohne, dass diese etwas dagegen tun könnten.