Greensill-Bank: Was wird aus den Anlegergeldern und welche Rolle spielen Zinsportale?

Die Greensill-Bank ist deutschen Verbrauchern vor allem bekannt, weil sie in der Vergangenheit Gelder über Zinsportale wie Zinspilot und Weltsparen eingesammelt hat. Jetzt hat die Finanzaufsicht Bafin einen Sonderbeauftragten in die kleine Bremer Bank geschickt und ein Moratorium verhängt, was für Anleger und Banker ein echtes Alarmsignal sein dürfte. Die Bank darf derzeit nur noch Gelder zur Begleichung von Schulden annehmen, keine neuen Investments oder Festgelder mehr. Die Schulden sollen laut der Nachrichtenagentur Reuters bei 3,3 Milliarden Euro liegen.
Die Bafin trat laut einer Mitteilung auf den Plan, weil die Bank nicht nachweisen könne, dass bestimmte Forderungen überhaupt existieren (oder zumindest nicht in dem veranschlagten Wert). Auch wenn es hier im Vergleich zum Fall Wirecard um sprichwörtliche Peanuts geht, erinnert der Fall doch ein Stück weit an den Aschheimer Finanzkonzern. Das erklärt wohl auch, warum die Bafin hier lieber einmal mehr hinschaut und jetzt eingeschritten ist. In vergleichbaren Fällen war das Einschreiten der Finanzaufsichtsbehörde aber durchaus berechtigt.
Ist Greensill ein Fall für dein Einlagensicherungsfonds?
Falls die Kontrolleure auch hier richtig liegen und ein „Entschädigungsfall“ eintritt, würden die Gläubiger ihr Geld – maximal 100.000 Euro – aus dem Einlagensicherungsfonds der deutschen Kreditwirtschaft erhalten. Immerhin handelt es sich bei dem Fall um ein Unternehmen, das dem deutschen Fonds angehört, der nach heutigem Dafürhalten in der Lage wäre, einzuspringen. Es ginge dabei um Gelder im dreistelligen Millionenwert oder jenseits der Milliarde. Mit unter den Gläubigern könnte aber auch noch die Schweizer Großbank Credit Suisse sein. Doch der Reihe nach.
Hinter der Greensill-Bank steht eine britisch-australische Investorengruppe namens Greensill Capital, deren finanzielle Situation ebenfalls als unsicher und „in Schieflage“ einzuschätzen sein soll. Ihr Geld verdient das Unternehmen insbesondere in Australien mit Lieferkettenfinanzierung, etwa für die Landwirtschaft. Bei der Greensill-Bank handelt es sich um die ehemalige Bremer Nordfinanz-Bank, die Greensill Capital wohl aufgrund der Banklizenz erworben hatte – auch hier Parallelen zur Geschichte von Wirecard (in den Nullerjahren). Doch Greensill verpackt die Forderungen in Fonds, die Investoren kaufen können, wodurch das eingeworbene Geld in neue Handelsforderungen investiert werden kann. Die Credit Suisse, die institutionelle Anleger seit Jahren mit diesen Fonds versorgt, soll laut Medieninformationen inzwischen anzweifeln, dass die Forderungen den von Greensill ausgewiesenen Wert überhaupt haben.
Die Gelder der deutschen Kleinanleger, die über die Greensill-Bank in Bremen eingeworben wurden, sollten für solche Geschäfte den nötigen Puffer bieten und sind quasi ein zweites Standbein. Rund ein Viertel der Gesamtsumme sollen aus dem Sparstrumpf deutscher Anleger stammen – und die kamen zumeist über Plattformen wie Weltsparen und Zinspilot. Bei Weltsparen (Raisin-Gruppe) sind laut Finance Forward 15.000 Kunden betroffen, die zwischen 0,25 Prozent und 0,55 Prozent Zinsen für ihre Gelder erhalten haben. Zinspilot (Deposit Solutions), das andere Portal, das ebenfalls die Produkte der Greensill vertrieben hat, macht derzeit keine Angaben zu dem Fall.
Noch mehr Banken im Umfeld von Greensill
Doch es gibt noch eine weitere Wendung: Denn eng mit Greensill-Chef Alexander Greensill arbeitet ein indischer Stahlunternehmer namens Sanjeev Gupta zusammen. Der wiederum hat auch eigene Banken, nämlich die Londoner Wyelands Bank und seit ein paar Monaten das rumänische Kreditinstitut BRCI. Das wiederum kennen regelmäßige Leser der einschlägigen Zinsportale, die Gelder europa- und weltweit vermitteln, ebenfalls recht gut. BRCI Angebote fanden sich nämlich bis zuletzt auch noch auf einigen Zinsportalen, übrigens nicht nur bei den beiden genannten. Noch bis Dienstag waren einige der fraglichen Angebote gelistet.
Die Situation für die Anleger gestaltet sich derzeit unübersichtlich, aber noch ist nicht zwingend von einem Verlust auszugehen. In einem ähnlichen Fall in der Vergangenheit – es ging dabei um die estnische Versobank, aber nur um Lizenzstreitigkeiten und nicht um mögliche Zahlungsunfähigkeit – hatte ein Zinsportal die Kunden unterstützt.
Im konkreten Fall dürfte der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) die Zeche zahlen, wenn es die Bank nicht kann. Der Fall ist – nach Lehman, wo 6,2 Milliarden Euro auf dem Deckel standen – der zweitgrößte in Deutschland. Doch das kann erfahrungsgemäß dauern, auch wenn der deutsche Einlagensicherungsfonds von nur sieben Tagen spricht. Und im Falle der ausländischen Banken dürfte die Situation noch einmal deutlich komplizierter werden, das wissen Kunden der isländischen Kaupthing-Bank, die im Rahmen der Subprime-Krise zahlungsunfähig wurde, nur zu gut. Anleger kamen im konkreten Fall längere Zeit nicht an ihr Geld.
Anleger, die über Zinsportale wie Weltsparen, Zinspilot oder Check24 Fest- oder Tagesgeldangebote nutzen, können daraus zweierlei lernen: Die deutsche Einlagensicherung funktioniert und will nach eigenen Angaben im Schadensfall zügig die Schäden der Anleger regulieren. Aber: Die Ratings der jeweiligen Länder, die bei jedem der Angebote dabei stehen, haben durchaus ihre Berechtigung. Ob die geringfügig höhere Verzinsung im Ausland oder bei unbekannteren deutschen Banken das damit verbundene Risiko wert ist, muss jeder Anleger selbst entscheiden. Denn jede bessere Verzinsung geht mit einem erhöhten Risiko einher – there’s no free lunch.