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Interview

Gründen mit Ü50: Sie hat ein erfolgreiches Unternehmen mit Bettdecken aufgebaut

Man ist nie zu alt, um groß zu denken – das zeigt die Geschichte der polnischen Kindertherapeutin Urszula Krzyzanowska. Als sie ihr Startup Therapiedecken.de gründete, war sie bereits Ü50. Heute beschäftigt sie mehr als 400 Menschen.

Von Insa Schniedermeier
5 Min.
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Urszula Krzyzanowska, Gründerin von Therapiedecken.de.

Es sei der Wunsch zu helfen gewesen und nicht der, das große Geld zu machen, der die polnische Kindertherapeutin Urszula Krzyzanowska, 57, zum Gründen bewegt habe. Vor acht Jahren begann sie, ihre erste Therapiedecke zu nähen. Oder besser: Sie erfand die Therapiedecke. Denn bis dahin kannte niemand die heute angesagten „Gravity Blankets“. Therapiedecken sind beschwerte Decken, die etwa zehn Prozent des eigenen Körpergewichts ausmachen. Das Gewicht der Decken soll sich anfühlen wie eine Umarmung und nachweislich gegen Stress, Angst- und Panikattacken sowie Schlafstörungen helfen. Aus einem ersten Prototypen entwickelte die Polin ihr Business.

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Mit ihrer Idee traf Krzyzanowska offenbar den Zeitgeist: Heute beschäftigt sie mit Therapiedecken.de rund 400 Mitarbeiter:innen und verkauft nach eigenen Angaben mehr als 500.000 Decken pro Jahr. Produziert wird nach wie vor in Polen. Auch viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind bei Therapiedecken beschäftigt.

Als Reaktion auf den Krieg stellt das Unternehmen Decken für polnische Lager und Einrichtungen für geflüchtete Menschen aus der Ukraine bereit. Zudem werden 15 Prozent der Einnahmen an Hilfsorganisationen gespendet und 70 Schlafplätze in Hotels für Menschen geschaffen. „Nicht nur die Nähe zur Ukraine, sondern auch die Erzählungen unserer Mitarbeitenden machen uns deutlich, dass wir das Ohnmachtsgefühl beiseitelegen, schnell handeln und aktiv werden müssen“, schreibt das Unternehmen auf seiner Website. Wir haben mit der Gründerin über ihre Anfänge gesprochen.

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t3n: Frau Krzyzanowska, Sie haben mit 57 gegründet und verkaufen jetzt erfolgreich Therapiedecken. Hat Ihr Alter jemals eine Rolle bei der Gründung gespielt, positiv wie negativ?

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Anfangs wurden mein Vorhaben und die Wirkung der Gewichtsdecken infrage gestellt und negativ kommentiert, das hatte jedoch nicht wirklich mit meinem Alter zu tun. Meine Familie hat mich jedoch stets darin bestärkt, nicht aufzugeben. Mein Ehemann, meine Tochter und mein Schwiegersohn haben an mich geglaubt, mir geholfen und mich motiviert. Benachteiligt habe ich mich nie gefühlt.

t3n: Ihre beschwerten Decken sollen gegen Stress, Schlafstörungen und auch bei Krankheiten wie Autismus helfen. Wie sind Sie darauf gekommen?

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Urszula Krzyzanowska: Es liegt in meiner DNA, anderen zu helfen, und ich wusste früh, dass ich einmal mit Kindern arbeiten will. Nach meinem Pädagogikstudium und Fortbildungen im therapeutischen Bereich arbeitete ich lange als Therapeutin in einer Schule. Dabei konzentrierte ich mich auf die Arbeit mit Kindern, die ADHS, Autismus oder andere Entwicklungsstörungen hatten. Meine Aufmerksamkeit galt dabei besonders Kindern aus armen Familien, die sich keine teuren Therapien leisten konnten.

Ein Junge mit Autismus ist mir dabei in Erinnerung geblieben. Für ihn habe ich meine erste Gewichtsdecke genäht, woraufhin seine Eltern sofort eine Verbesserung bemerkt haben. Er konnte damit schneller beruhigt werden und schlief besser ein und durch. Nach diesem ersten Erfolg machte ich weiter und erhielt viele solcher Rückmeldungen auch von anderen Eltern. Sie berichteten, dass ihre Kinder besser schlafen, sich besser konzentrieren können und nicht mehr so überdreht sind.

t3n: Wie ging es dann weiter?

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Nachdem ich die Wirkung des Gewicht beobachtet hatte, schlug ich vor, Kindern mit ADHS gewichtete Decken während des Unterrichts auf den Schoß zu legen, um sie zu beruhigen. Es funktionierte: Die Kinder konnten sich besser auf ihre Aufgaben konzentrieren, waren ruhiger und ausgeglichener. Ab da war ich fest von der Wirkung der Gewichtsdecken überzeugt und entschied, mehr solcher Decken zu nähen, denn damals waren die überhaupt nicht auf dem Markt erhältlich.

Zunächst habe ich die Gewichtsdecken abends nach dem Feierabend genäht, viele davon haben wir an bedürftige Familien verschenkt. 2014 startete meine Tochter Justyna dann die erste Nähstube, während ich anfangs noch weiterhin in der Schule arbeitete. Damit war der Grundstein für unser Unternehmen Therapiedecken.de gelegt.

Welche Rolle hat Ihre Tochter als Geschäftspartnerin für Sie gespielt?

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Eine sehr große, zusammen mit ihrem Mann Mateusz. Sie waren optimistisch und mit voller Kraft dabei, ohne sie hätte ich nicht an den Erfolg der Firma geglaubt. Dank ihrer Unterstützung konnte ich weiter in meinem Beruf arbeiten und die Wirkung unserer Produkte an Kindern in der Schule testen. Ich teilte meine Beobachtungen mit Justyna und sie setzte es in den Entwürfen um.

Wir haben circa 30 Anläufe gebraucht, bis wir mit dem Produkt zufrieden waren. Anfangs haben wir die Decken mit Sand beschwert, später mit Kirschkernen, um dann die beste Lösung in Form von Glaskügelchen zu finden. Auch an der richtigen Absteppung haben wir lange getüftelt, damit sich das Gewicht der Decke gleichmäßig verteilt.

Wie haben Sie sich finanziert?

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Wir haben alles aus unseren Ersparnissen finanziert, ohne Kredite oder Investor:innen. Das erste Geld, das wir verdient haben, haben wir sofort in den Einkauf von Stoffen reinvestiert. Tatsächlich haben wir anfangs nicht mit so einer großen Nachfrage gerechnet. Aber neben Kindern ist auch bei Erwachsenen der Bedarf groß. Aktuell gilt mein Interesse besonders Senior:innen mit Demenz, Depressionen oder Schlaflosigkeit.

Wie gehen Sie selbst mit Stress um?

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Um mich zu erden und zu beruhigen, hilft mir die Natur. In meinem Garten kann ich meinen Kopf abschalten und alles hinter mir lassen. Das ist sehr wichtig für mich. Und ich schlafe selbst unter einer Gewichtsdecke.

Was waren Ihre größten Learnings auf Ihrer bisherigen Gründungsreise?

Ich habe gelernt, in einem großen Team zu arbeiten und wirklich zuzuhören, was mir meine Mitarbeiter:innen und Familienmitglieder sagen. Durch aktives Zuhören können viele Konflikte vermieden, Kompromisse gefunden und neue Ideen und Projekte geschaffen werden. Und natürlich hilft eine positive Einstellung, um auch in schwierigen Momenten die guten Seiten nicht zu vergessen.

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Woher schöpfen Sie Inspiration?

Ich schöpfe Inspiration von Therapeut:innen, die mit Kindern oder Erwachsenen arbeiten und nicht davor zurückscheuen, neue Ansätze und Produkte auszuprobieren. Ich selbst verfolge die neuesten wissenschaftlichen Studien zu Gewichtsdecken, die belegen, dass diese sicher sind und eine therapeutische Wirkung haben. Besonders die Autorin Winnie Dunn möchte ich gern erwähnen, die viele Artikel und Bücher zum Thema sensorischer Integrationsstörungen geschrieben hat.

Welchen Rat würden Sie Ihrem 18-jährigen Selbst geben?

Hilf anderen, hab keine Angst und erfülle deine Träume. Du wirst Optimismus brauchen und den Glauben an die Menschen. Ich hatte viele Herausforderungen auf meinem Weg und dachte oft, dass es keinen Ausweg gibt, aber es gibt immer eine Lösung.

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