Drogentest in 5 Sekunden: Dieses Cloud-basierte AI Tool macht’s möglich
Für die Produktdemonstration hat David Schmidt ein Tütchen Cannabis vom Späti nebenan mitgebracht, CBD-Gras. Oder? Um das zu klären, zückt Schmidt, Co-Gründer und CEO des Schweizer Startups Nirlab Narcotics, sein tragbares Drogentestgerät. Auf Anhieb klappt es nicht, denn die Bluetooth-Verbindung zu seinem Handy muss erst hergestellt werden. Als das gelöst ist, hält er das Gerät, das aussieht wie eine Taschenlampe, auf ein Klümpchen von dem Späti-Gras.
Sekunden später spuckt die App eine Analyse aus mit Kurven und Daten, inklusive THC-Gehalt. Wir sehen: Unser Gras enthält 9,1 Prozent CBD und 0,1 Prozent THC. Wow. Abweichungen beziffert Schmidt mit „plus minus ein Prozent“. Neben Cannabis-Blüten können auch pulverisierte Drogen wie Koks oder Tabletten wie Ecstasy oder MDMA analysiert werden, inklusive Dosierung und Streckmitteln.
Lediglich synthetische Cannabinoide können mit Nirlab nicht korrekt gemessen werden, da sie in zu geringen Mengen zum Einsatz kommen. Werden Blüten also mit synthetischem CBD besprüht, „denkt“ die App, es handele sich um CBD-Gras. „Die KI kann das erfassen, aber die Nahinfrarottechnologie nicht. Im synthetischen Bereich bräuchten wir dann eine andere Erfassungsart“, erklärt Schmidt.
Das größte Drogen-Hirn der Erde
Das tragbare Drogentestgerät wurde zusammen mit der Schweizer Polizei und der Universität in Lausanne entwickelt und durch die Forschung mitfinanziert. In der Schweiz sind bereits 40 Nirlab-Geräte erfolgreich im Einsatz, genutzt werden sie von der Polizei, vom Zoll und fürs „Drug-Checking“. In Polizeikontrollen bekommt man so direkt Klarheit über die Zusammensetzung verdächtiger Stoffe und kann sich aufwendige Labortests sowie unnötige Wartezeit in U-Haft für die Verdächtigen sparen. „Wir sind das größte Drogen-Hirn der Erde“, sagt Schmidt.
Treffsicherheit ist nahezu 100 Prozent
Die Treffsicherheit des Infrarotgeräts liegt bei nahezu 100 Prozent, womit Nirlab weltweit führend ist, sagt Schmidt. „Wir wissen, wenn wir nicht genau sind, und flaggen das dann entsprechend“, sagt er. Die Wettbewerber würden auch „mal eine Banane messen und sagen, es ist Koks“.
Um diesen Wert zu erreichen, tüftelte der Co-Gründer und Forensiker Florentin Coppey rund sechs Jahre an seiner Nahinfrarotspektroskopie, die das Analysieren chemischer Substanzen möglich macht. Verbunden ist die App mit einer Datenbank, in der mehr als 10.000 Referenzsubstanzen erfasst sind. Aufgeladen wird das Gerät ganz einfach via USB-Kabel, die Akkulaufzeit beträgt zehn Stunden.
Kostenpunkt 20.000 Euro
Auch in Deutschland und weiteren Ländern sind Tests am Laufen. Für den Hausgebrauch wird das Gerät zunächst nicht infrage kommen, denn aktuell liegt der Kostenpunkt noch bei 20.000 Euro pro Stück. Vielmehr ist die Zielgruppe von Nirlab die Polizei, der Zoll sowie Forschungseinrichtungen und Labore. Und vielleicht künftig auch ein gut ausgestatteter Späti.
Die Einführung von Nirlab könnte nicht passender kommen, schließlich wurde mit dem neuen Koalitionsvertrag der Weg für die Cannabis-Legalisierung in Deutschland geebnet.
In Zukunft möchte sich Nirlab jedoch nicht nur auf Drogen fokussieren. Ihr Nachfolgeprodukt, eine Polymer-App, ist bereits fertig. Damit könne man die Zusammensetzung von Stoffen und Materialien messen, sagt Schmidt, was spannend sein kann für das Thema Recycling.