Huawei P9 Plus: Top verarbeitet, softes Gehäuse-Finish
Das Huawei P9 Plus ist in vielerlei Hinsicht nahezu mit dem Huawei P9 (Test) identisch: Es sieht, abgesehen von wenigen Details, genauso aus wie der 5,2-Zoller, außerdem sind Prozessor, Sensoren der Leica-Dual-Kamera und Softwarebasis gleich – es läuft auf Android 6.0.1 mit Huaweis eigener Nutzeroberfläche EMUI 4.1.
Bei den Abmessungen gibt es selbstredend Unterschiede, denn anstelle eines 5,2-Zoll-IPS-Bildschirms setzt Huawei bei seinem Plus-Modell auf ein 5,5 Zoll-AMOLED-Display. Zum Vergleich: Das P9 misst 145 x 70,9 x 6,96 Millimeter, das P9 Plus 152,3 x 75,3 x 6,98 Millimeter. Der Gewichtsunterschied beträgt 18 Gramm (144 versus 162 Gramm). Das P9 liegt trotz seiner etwas größeren Dimensionen dennoch gut und wohl ausbalanciert in der Hand, durch das polierte Finish ist die Haptik weicher und vielleicht sogar ein wenig rutschfester als beim mattierten P9. An der Verarbeitung ist abermals nichts auszusetzen. Huawei hat den Dreh raus, High-End-Geräte zu bauen, das schlägt sich aber auch im Preis nieder.
Gutes AMOLED-Display: Force-Touch-Alternative Press Touch bietet wenig Mehrwert
Wie bereits erwähnt, verbaut Huawei beim P9 Plus anstelle eines IPS- ein AMOLED-Display mit Full-HD-Auflösung, wie es der Hersteller auch schon beim Mate S (Test) verwendet. Im Vergleich zum schon guten Display des P9 wirken die Farben beim Plus etwas kräftiger und lebendiger, aber dennoch ausgewogen. Wem der standardmäßig eingestellte Farbraum nicht gefällt, der kann ihn in den Displayeinstellungen nach eigenem Gusto anpassen.
Die Displayhelligkeit ist vollkommen in Ordnung, auch unter Sonneneinstrahlung sind Inhalte gut ablesbar. Wie bei AMOLED-Displays nicht unüblich, neigt der Screen bei spitzen Betrachtungswinkeln zu leichten Verfärbungen ins Bläuliche, was aber zu verschmerzen ist. Auch wenn Huawei abermals „nur“ auf Full-HD-Auflösung setzt, während andere Hersteller ihren Topmodellen WQHD-Displays verpassen, ist in der Alltagsnutzung nichts Negatives an dieser Entscheidung auszusetzen. Wenn Nutzer ihre Geräte aber in VR-Brillen verwenden wollen, sollten sie besser auf eine höhere Auflösung setzen, denn Inhalte werden bei Full-HD-Auflösung schon recht pixelig dargestellt.
Eine der Besonderheiten des P9 Plus ist eine Funktion, die der Hersteller schon bei der größten Version seines Mate S integriert hat, die meisten werden sie aber am ehesten von Apple kennen. Denn das P9 Plus besitzt ein drucksensitives Display, mit dem sich durch stärkeren Druck auf den Screen je nach Anwendung weitere Funktionen aktivieren können. Huawei nennt dieses Feature „Press Touch“.
Beim P9 könnt ihr dadurch beispielsweise die linke und rechte obere Ecke des Bildschirms mit App-Shortcuts belegen, von denen nur ihr wisst, dass sie sich dort befinden. In der Galerie-App könnt ihr über einen stärkeren Druck auf ein Bild eine Lupe aktivieren und eure geschossenen Fotos im Detail betrachten. Mit einem beherzten Druck auf das Kamera-App-Icon auf dem Homescreen habt ihr die Möglichkeit, bestimmte Kamera-Funktionen zu aktivieren, ohne euch durch das Kamera-Menü zu hangeln – hierzu gehören die Selfie-Funktion oder die Aktivierung des Pro-Kamera-Modus.
All die Press-Touch-Funktionen sind ganz nett, aber einen echten Mehrwert bieten sie leider nicht, zumal nur wenige Anwendungen dieses Feature unterstützen. Sobald Google aber sein Android nativ mit dieser Funktionalität ausstattet, könnte sich das ändern, denn dann würden sicherlich weitere App-Entwickler ihre Apps anpassen.
Huawei P9 Plus: Performance, Speicher und Co.
Wie beim kleineren P9 wird auch beim Plus der hauseigene achtkernige Kirin-955-Chip mit einer maximalen Taktung von zweieinhalb Gigahertz verbaut. Als Arbeitsspeicher stehen anstelle von drei ganze vier Gigabyte RAM zur Verfügung, was in der alltäglichen Nutzung letztlich kaum einen Unterschied macht. Beim Spielen grafiklastiger Games ist auch kein merklicher Unterschied zur Performance eines anderen Oberklasse-Smartphones wie dem Galaxy S7 (Test) oder dem HTC 10 (Test) auszumachen. Sicherlich schneidet das P9 Plus in Benchmarks nicht so gut ab wie die Konkurrenz mit ihren Snapdragon-820-Chips, aber die dem P9 (Plus) zur Verfügung stehende Leistung reicht für jede Aufgabe voll und ganz aus.
Ein Unterschied zwischen P9 und P9 Plus ist im fest verbauten Speicher zu finden: Während im kleineren Modell 32 Gigabyte zur Verfügung stehen, sind im Plus ganze 64 Gigabyte verbaut. Wem der doppelte Speicherplatz immer noch nicht ausreicht, der kann ihn per microSD-Karte nochmal um bis zu 128 Gigabyte vergrößern.
Kamera und Software: Same, same
Zur Duo-Kamera, die zusammen mit Leica entwickelt wurde, muss in diesem Review wenig gesagt werden: Das P9 und das P9 Plus besitzen das gleiche Kamera-Setup und die gleiche Software, sodass ich an dieser Stelle auf unseren P9-Test verweise. Das Fotografieren macht selbstredend auch mit dem P9 Plus Spaß und die Resultate sind absolut ansehnlich. Die Kamera-App ist übersichtlich gestaltet und bietet zahlreiche Funktionen, darunter auch einen Pro-Modus, mit dem ihr noch mehr aus der Kamera herauskitzeln könnt.
Abgesehen von der Press-Touch-Funktion verhält es sich softwareseitig ähnlich wie bei der Kamera, denn auch das P9 Plus basiert auf Android 6.0.1 Marshmallow, dem Huawei seine Nutzeroberfläche EMUI 4.1 übergestülpt hat. Bei EMUI ist es wie mit der britischen Würzpaste Marmite: Entweder man liebt sie, oder man hasst sie. Das gute an EMUI: Wer Gefallen am Smartphone, nicht aber der Nutzeroberfläche gefunden hat, kann auch einfach einen anderen Launcher und Icon-Packs installieren.
Hier findet ihr unbearbeitete Fotosamples:
Huawei P9 Plus: Guter Akku und Stereo-Sound
Mit seinem 3.400 Milliamperestunden-Akku besitzt das P9 Plus nominal 400 Milliamperestunden mehr Kapazität als der Energiespeicher des P9. Der Unterschied macht sich bei der Laufzeit marginal bemerkbar, was nicht bedeuten soll, dass sie schlecht ist – im Gegenteil! Das P9 Plus liefert eine solide Akkulaufzeit, sodass man in den meisten Fällen am Tagesende nicht unbedingt sofort eine Steckdose aufsuchen muss. Nicht selten hielt das P9 Plus bei moderater Nutzung bis zu anderthalb Tage durch, bis ein neuer Energieschub vonnöten war.
In Sachen Sound macht das P9 Plus eine bessere Figur als das P9, denn Huawei hat in seinem High-End-Modell Stereolautsprecher verbaut, die genauso positioniert sind wie beim HTC 10. Ein Lautsprecher befindet sich auf der Unterseite, der zweite in der Ohrmuschel auf der Vorderseite, wobei der untere Speaker Tiefen und die mittleren Töne ausspuckt, die Ohrmuschel ist für die Höhen verantwortlich. Wird der untere Lautsprecher abgedeckt, ist leider kaum noch etwas zu hören. Nichtsdestotrotz: Im Zusammenspiel klingt das Lautsprecherpaar durchaus besser als die Monospeaker anderer Smartphones.
Zu guter Letzt darf der Infrarotsensor nicht vergessen werden, der eine Weile in Oberklasse-Smartphones zum Standard gehörte. Mittlerweile ist er nur noch selten zu finden, ist aber im Grunde gar nicht so verkehrt, denn damit lassen sich andere Geräte wie Fernseher, Bluray-Player und Stereoanlagen per Smartphone bedienen, sobald sie mit dem P9 Plus gekoppelt sind.
Fazit
Mit dem P9 Plus hat Huawei ein weiteres tolles Smartphone im Rennen, das sich vor der Konkurrenz aus den Häusern Samsung, LG und HTC nicht zu verstecken braucht. Es besitzt eine Verarbeitung auf Premium-Niveau – auch an Performance, Akkulaufzeit und Duo-Kamera ist nichts auszusetzen. Beim Design scheint Huawei auch allmählich seine eigene schnörkellose Sprache zu finden, die mir persönlich gut gefällt.
Das Gesamtpaket des P9 Plus ist beinahe stimmig, auch wenn sich manch einer womöglich an der gewöhnungsbedürftigen Nutzeroberfläche stören dürfte. Huaweis 3D-Touch-Alternative Press-Touch bringt derzeit leider auch wenig Mehrwert mit sich, das dürfte sich aber, sobald Google diese Funktion nativ in Android integriert, ändern. Der Preis von 699 Euro ist jedoch etwas hoch angesetzt, vor allem, wenn man bedenkt, dass das Topmodell des Marktführers Samsung, das Galaxy S7, schon für unter 600 Euro zu haben ist. Wem das Design des Huawei-Modells gefällt und wer nicht zwingend Wert auf ein 5,5-Zoll-Display legt, der kann auch zum P9 greifen – denn das gibt es günstigstenfalls schon ab 470 Euro. Und mit diesem Preis unterbietet Huawei derzeit alle anderen Topmodelle.
Pro:
- tolle Verarbeitung
- top Performance
- gute Kamera
Contra:
- relativ hoher Preis
- zu wenige Einsatzmöglichkeiten für Press Touch
- EMUI gewöhnungsbedürftig
- nur Full-HD-Display (für VR-Inhalte bedingt geeignet)