Im zweiten Versuch: Ikea bringt einen Plattenspieler auf den Markt – so sieht er aus
Der Markt für Vinyl-Schallplatten ist der einzige echte Wachstumsmarkt der Musikindustrie. Die großen schwarzen Scheiben, die bis in die 80er des vergangenen Jahrhunderts noch alternativlos waren, um dann von den unempfindlicheren und voller klingenden Compact Discs (CD) abgelöst zu werden, waren über Jahre geradezu verpönt.
Vinyl ist der einzige Wachstumsmarkt der Plattenindustrie
Es dauerte indes nicht lange, bis eine enthusiastische Fangemeinde die Vorteile der Vinyl-Platten wiederentdeckte. Inzwischen gilt das analoge Knacken beim Abspielen wieder als schick – gar als Gegenpart zur „sterilen“ Soundwiedergabe digitaler Medien. Ebenso eignen sich großformatige Vinylscheiben deutlich besser als Medium für das früher sehr beliebte Artwork rund um die eigentliche Musikproduktion. Ob es sich um Zeichnungen und/oder Texte handelt. Die großen Scheiben mit ihrer noch größeren Umverpackung bieten einfach mehr Raum.
Wer also heutzutage musikaffin ist und Gästen daheim als echter Connaisseur rüberkommen will, der legt keine CD auf oder – noch schlimmer – startet eine Spotify-Playlist. Er windet stattdessen vergleichsweise umständlich eine Vinyl-Scheibe aus ihrer Hülle, legt sie auf den Plattenteller eines analogen Abspielgeräts und platziert die Nadel möglichst sanft auf der Anfangsspur der hoffentlich nur mäßig statisch aufgeladenen Platte.
Fehlt nur noch ein Kultgerät, mit dem sich das Flair der 70er und 80er ins Wohnzimmer zaubern lässt. Ab Herbst bewirbt sich Ikea um den Auftrag, der entsprechende Lieferant zu sein. Die Schweden haben sich nämlich mit anderen Schweden, namentlich den Kreativen der Band Swedish House Mafia, zusammengetan. Ziel der Kooperation war es, „den Alltag der vielen Menschen, die Musik hören und produzieren, zu verbessern“, sagt Ikea-Designchef James Futcher.
Swedish House Mafia konzipiert über 20 Produkte mit Ikeas Design-Team
Herausgekommen ist eine Kollektion mit über 20 Produkten, in die der Plattenspieler nach den bisherigen Informationen nur mit einiger interpretatorischer Mühe passt. Herzstück und zugleich die beiden einzigen bisher vorgestellten Möbelstücke der Linie Obegränsad sind nämlich ein optisch quaderhafter Stuhl und ein Schreibtisch mit zwei Plateaus rechts und links und einer Ausziehschublade unten.
Was auf den ersten Blick simpel daherkommt, ist für Ikea eine überaus durchdachte Komposition:
„Der Obegränsad-Schreibtisch ist ein tolles Beispiel für den Trend, zu Hause Musik in professioneller Qualität zu produzieren und bietet neue Möglichkeiten, um das perfekte Heimstudio zu einem erschwinglichen Preis zu schaffen. Da der richtige Sound der Schlüssel für Musikmacher*innen ist, verfügt das Pult über zwei Lautsprecherständer, mit denen die Lautsprecher auf Ohrhöhe platziert werden können. Durch eine ausziehbare Ablage unter der Tischplatte ist beispielsweise ein Midi-Keyboard jederzeit erreichbar, während der Platz auf dem Schreibtisch erhalten bleibt.“
Der dazu passende Stuhl, den Ikea Sessel nennt, soll dann wohl die ideale Sitzgelegenheit für Musikschaffende sein, wenn sie an ihrem Ikea-Schreibtisch mit der Ausziehschublade den nächsten Millionen-Hit produzieren. Und was ist nun mit dem Plattenspieler?
Obegränsad-Turntable: Plattenspieler laut Ikea ein Highlight
Der ist „eines der Highlight-Produkte der Kollektion“, denn der dürfe schließlich „im Zuhause Musikschaffender und -fans nicht fehlen“, so Ikea. Vom Design her passt der Plattenspieler recht ordentlich zum Obegränsad-Look, stellt allerdings dessen eher kubistisches Konzept infrage.
Das ist mit voller Absicht passiert, wie Ikea-Designer Friso Wiersma in einem Interview zur Kooperation klarstellt:
„Heute sieht man viele schlanke Plattenspieler, die sich fast verstecken, aber wir wollten etwas sehr Kühnes, und wir wollten, dass der Plattenspieler eine sehr physische Manifestation der Musik ist“.
Das ist vor allem durch die exzentrische Anordnung des Plattentellers gelungen, der andererseits auch dafür sorgt, dass Käuferinnen und Käufer für den Obegransäd mehr Platz im Regal einplanen müssen. Zu den technischen Daten hält sich Ikea noch bedeckt. Bekannt ist, dass er einen eingebauten Vorverstärker haben und per USB mit Strom versorgt werden wird.
Sowohl der Tonabnehmer als auch die Nadel sollen austauschbar sein. Eine Zusammenarbeit mit dem Ikea-Bluetooth-Lautsprecher Eneby wird ebenfalls angekündigt. Unklar ist, ob der Plattenspieler über eingebaute Lautsprecher verfügen wird. Den ersten Bildern nach zu urteilen, erscheint das eher unwahrscheinlich.
Ikeas zweiter Versuch, einen Plattenspieler an den Markt zu bringen
Skeptische Leserinnen und Leser mögen jetzt einwenden, dass Ikea schon einmal einen Plattenspieler angekündigt, dann aber nicht auf den Markt gebracht hatte. Das ist richtig und hat sich im Jahr 2018 abgespielt. Der schwedische Möbelriese hatte seinerzeit angekündigt, mit dem Design-Studio Teenage Engineering an einem Plattenspieler zu arbeiten, der im Jahr 2019 auf den Markt kommen sollte. Dazu kam es nicht.
Dieses Mal dürfen wir die Einführung aber wohl als gesichert annehmen. Das Zeitfenster ist deutlich kürzer gefasst und es gibt bereits deutlich mehr Informationen, als es damals gab. Zudem geht Ikea mit der Ankündigung des 2018er-Versuchs im bereits erwähnten Interview proaktiv um.
Ikea-Entwicklerin Carmen Stoicescu äußert sich darin ganz offen:
„Als die Frage an mich herangetragen wurde, sagte ich einfach: ‚Wir haben schon einmal versucht, einen Plattenspieler zu bauen, also könnten wir vielleicht denselben Lieferanten verwenden.‘“