Schafft Ikea doch noch den Dreh hin zum Online- beziehungsweise Multichannel-Geschäft? Lange sah es nicht danach aus, doch die aktuellen Zahlen lassen hoffen. Unterm Strich bleibt der schwedische Möbelriese auf Wachstumskurs, auch und insbesondere wegen seiner Online-Aktivitäten. Dabei stieg der Umsatz für den deutschen Geschäftszweig im Jahr 2019 (Ikeas Geschäftsjahr endet traditionell, angelehnt an den Katalogzyklus, Ende August) um 5,5 Prozent und betrug 5,278 Milliarden Euro. Weltweit kamen ebenfalls immerhin 5,0 Prozent hinzu – ein Ergebnis von 36,7 Milliarden Euro.
Punkten konnte Ikea vor allem beim Onlineumsatz, der um stolze 33,2 Prozent zulegte und zuletzt bei 494 Millionen Euro lag. Der Anteil am Gesamterlös stieg um zwei Prozentpunkte auf 9,4 Prozent. Richtig zulegen konnte Ikea bei der Zahl der Onlinekunden, die um über 50 Prozent stieg – ein klares Indiz dafür, dass Ikea im E-Commerce ein bemerkenswertes Potenzial hat, das man erst jetzt (auch durch vertretbare Lieferkosten) wirklich ausschöpft.
In der Vergangenheit hatte das Unternehmen selbst für Kleinmöbel hohe Versandkosten genommen – und damit einer Art Schattenwirtschaft, insbesondere über Amazons Marketplace und Ebay, den Markt bereitet: Händler, die bestimmte gefragte Ikea-Produkte kauften und an Kunden verschickten. Insgesamt ging die Zahl der Ikea-Kunden geringfügig zurück, doch diese setzten im Schnitt pro Kauf knapp 100 Euro um.
Ikea will kleinere Filialen schaffen – und Touchpoints
Besonders gut entwickelten sich die Bereiche Wohnzimmer und Küche, auch bei Büromöbeln ist das Unternehmen zufrieden. Einen zusätzlichen Schub hätten die Smart-Home-Produkte, etwa die Smartspeaker gebracht – wobei die neuen in Kooperation mit Sonos entwickelten Symfonisk-Modelle erst im Herbst erschienen sind, also hier noch nicht eingingen.
Ikea durchläuft gerade einen intensiven Wandel – weg von den großen Filialen auf der grünen Wiese und in den Industriegebieten, hin zu kleineren Innenstadtfilialen. Diese sollen gerade einmal ein Viertel bis ein Sechstel der Fläche einer gewohnten Ikea-Filiale haben. Doch die Suche nach passenden Objekten gestaltet sich beispielsweise in Berlin schwierig, wo die erste Filiale in den nächsten zwei Jahren entstehen soll. Ikea experimentiert hier neben kleineren Filialen, in denen Kunden neben kleineren Möbeln und Accessoires auch ausgewählte Waren des Katalogs anschauen und mitnehmen können, auch mit Touchpoints, also Filialen, die eher als Showroom für Waren dienen sollen, die dann gegebenenfalls online bestellt werden können und nach Hause geliefert werden. Deutschland ist der größte Markt von Ikea – 8,4 Prozent des Gesamtmarktes entfallen hierzulande alleine auf Ikea. Das sind immerhin 14 Prozent des weltweiten Ikea-Umsatzes.
Lange Jahre galt Ikea als wenig onlineaffin. Doch das Unternehmen hat beeindruckend aufgeholt. Auch wenn in einigen Punkten bei der Usability noch Nachholbedarf besteht, zeigt die schwedische Möbelkette dem Markt jetzt, dass man insbesondere bei der Gestaltung der Filialen noch viel vor hat. Welches der beiden Konzepte dabei aufgeht – oder ob es ein Kompromiss aus beiden Modellen wird – ist ebenso unklar wie die Frage, was mittelfristig mit den bestehenden Häusern geschieht. Klar ist aber, dass Ikea inzwischen verstanden hat, dass der Möbelkäufer nicht unter allen Umständen seine Pakete selbst nach Hause befördern will.
Tobias Weidemann
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