Der Fachkräftemangel ist in vielen Branchen besonders stark zu spüren – etwa im Handwerk, in der Pflege und in der IT. Die Fachkräftelücke bezüglich der Technologie- und Informationsbrache beziffert sich hierzulande bereits sechsstellig. Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sollen bis 2027 rund 128.000 qualifizierte Arbeitskräfte in Digitalisierungsberufen in Deutschland fehlen. Das Handelsblatt hat zuerst berichtet.
IT-Fachkräftelücke: Zahl unbesetzter Stellen nimmt zu
Der vom IW bisher gemessene Höchststand von etwa 123.000 fehlenden Digitalexperten im Jahr 2022 wird damit noch einmal deutlich übertroffen werden. Die Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass fast zwei von drei offenen Stellen nicht mehr mit passenden Bewerberinnen und Bewerbern besetzt werden. „Der Fachkräftemangel bremst den Beschäftigungsaufbau“, heißt es vonseiten des IW.
Besonders in Ostdeutschland sei der Fachkräftemangel offenbar deutlich zu spüren. Laut der Untersuchung dürfte es 2027 für fast 70 Prozent aller offenen Stellen in Digitalberufen keine qualifizierten Fachkräfte mehr geben. In Westdeutschland gehen die Forschenden von 63 Prozent aus. „Digitalisierungsberufe sind für den Erfolg der digitalen Transformation von essenzieller Bedeutung“, so das Institut weiter.
Die Zahlen vom Institut der Deutschen Wirtschaft decken sich indes mit denen von Branchenverbänden, wenn auch mit kleineren Unterschieden: Laut dem Bitkom sei die Zahl der offenen Stellen auf ein neues Rekordhoch von 149.000 in 2023 angestiegen. Damit sind noch einmal 12.000 Stellen dazugekommen. 2022 waren es dem Lobbyverband zufolge noch 137.000 unbesetzte IT-Stellen, die die deutsche Wirtschaft zu beklagen hatte.
Diese IT-Berufe werden händeringend gesucht
Die klaffende Lücke wird laut IW hauptsächlich von fehlenden IT-Fachkräften vergrößert, die für etwa ein Drittel der Beschäftigten in Digitalisierungsberufen stehen. Dazu zählen vor allem Data-Scientists und Fachkräfte im KI-Bereich. Die beiden Top-Berufe zeigen deutlich, wohin die digitalisierte Wirtschaft sich bewegt: Es geht darum, Daten zu verwalten und Erkenntnisse daraus zu ziehen sowie Prozesse zu automatisieren.
Das IW fordert Maßnahmen sowohl von der Politik als auch der Wirtschaft, um dem Fachkräftemangel etwas entgegenzustellen. Es müssten mehr junge Menschen für digitale Elektroberufe begeistert und hausintern ausgebildet werden. Es brauche zudem mehr qualifizierte Zuwanderung. Die Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschaftsforscher fordern zudem eine „noch bessere Willkommenskultur in der breiten Bevölkerung“.
Es Fehlt an Qualifizierten Stellenangeboten. Das fängt bei anständiger Bezahlung an und hört bei Zuverlässigkeit auf.
Dem Kommentar von Altgeselle kann ich nur zustimmen. Ich bin Freiberufler (Projektleitung und Fullstack-Entwickler) und habe täglich mit Stellenausschreibungen zu tun. Wir haben keinen Fachkräftemangel, sondern eine Professionslücke in den HR-Abteilungen.
Die Ausschreibungen sind in über 80% der Fälle haarsträubend und fachlich falsch.
Da wird Erfahrung in einem Framework gefordert, dann aber Kenntnisse in einer Technologie, die in diesem Framework gar nicht einsetzbar ist. Oder 10 Jahre Erfahrung in einer Programmiersprache, die es erst seit 5 Jahren gibt.
Generell bei Entwicklern wird immer Erstellen von Tests sowie Aufbau und Verwaltung der CI-Pipeline gefordert. Es ist noch niemandem aufgefallen, dass das drei unterschiedliche Jobs sind (Entwicklung, Qualitätssicherung, DevOps).
Als Stundensätze werden dann 40 Euro angeboten. Es ist wirklich verwunderlich, dass da niemand zu finden ist.
Meine Erfahrung als Projektleiter: Man findet immer, wirklich immer, mit einem Vorlauf von maximal 14 Tagen eine passende Fachkraft. Die Stundesätze liegen aber jenseits von 80 €, mit Spezialwissen sind es schnell >120€ pro Stunde.
Bei den Projekleitern ist es ähnlich. Da werden Zertifikate über Zertifikate gefordert, aber der Stundensatz möchte bitte 60€ nicht überschreiten. Die Damen und Herren machen sich überhaupt nicht bewusst, dass das Erwerben der Zertifizierungen sehr viel Geld und auch Zeit kostet (Opportunitätskosten!). Dass die Kollegen dann entsprechende Stundensätze fordern, ist nur gerechtfertigt.
Ohne eine grundlegende Veränderung in den HR-Abteilungen und auch den Leitungsebenen werden wir weiter das Märchen vom Fachkräftemangel erzählt bekommen.