Jony Ive gilt als die treibende Kreativkraft bei Apple. Zusammen mit Steve Jobs hat er Anfang der 2000er durch iMac und iPod das Unternehmen vor dem sicheren Untergang bewahrt. Nach 27 Jahren verlässt der Mann, der für zahlreiche ikonische Produktdesigns wie das des iPhones verantwortlich ist, Ende des Jahres das Unternehmen und gründet seine eigene Firma Lovefrom. Der Blick auf die letzten Jahre zeigt, dass sich der Weggang bereits abzeichnete.
Jony Ive: Erste Anzeichen für seinen Abgang schon 2015
Der Weggang von Jony Ive dürfte Apple schwer treffen. Der Chefdesigner des iPhone-Konzerns ist nach dem Tod von Apple-Mitgründer Steve Jobs im Oktober 2011 zur wichtigste Person im Unternehmen geworden, wenn es um Hard- und Software-Design ging. Er entschied, welche Produkte auf den Markt kamen, wie sie aussahen und wie sie funktionierten, schreibt Bloomberg.
Die spannende Herausforderung schien Ive aber nur ein paar Jahre bei Laune zu halten – oder zu sehr zu beanspruchen. Denn nach der Vorstellung der Apple Watch im Jahre 2015, deren Design mutmaßlich schon 2012 feststand, gab er Insidern zufolge die Verantwortung des Tagesgeschäfts im Designteam ab. Er tauchte Informationen von Bloomberg zufolge nur noch zwei Mal pro Woche in der Zentrale auf.
Etwa zur gleichen Zeit gab er dem Magazin The New Yorker ein Interview, in dem er offenbarte, dass er sehr erschöpft und müde sei („deeply, deeply tired“). Ive sagte, das Jahr vor dem Launch der Apple Watch sei „das schwierigste“ seit seinem Start bei Apple gewesen. Offenbar als Konsequenz – und um ihn an Bord zu halten – wurde Ive zum Chief Design Officer befördert und konnte damit das Tagesgeschäft des Hard- und Software-Designteams an Alan Dye und Richard Howarth abgeben.
Fokus auf Architektur statt Hardware-Design
Kurze Zeit nach der Beförderung kehrte Ive zwischen 2015 und 2017 den Designs von Macbook, iPhones und Apples anderen Kernprodukten den Rücken. Stattdessen fokussierte er sich vornehmlich auf den Bau des Apple Park, dem neuen, runden Hauptquartier des Konzerns, in dem 20.000 Menschen arbeiten können.
Die Arbeit an Apples Hauptquartier ist Gruber zufolge der Scheidepunkt in Ives Karriere gewesen. Er habe Gefallen an Architektur gefunden und sich damit über das Entwerfen von Computern hinaus weiterentwickelt. Seitdem habe Ive sich um ein rigoroses Design der Apple-Stores und eine eigene Schriftart – San Francisco – gekümmert, die bei Apple als Hauptschriftart für jedes Produkt verwendet wird. Oft zu sehen war Ive in den letzten Jahr angeblich auch nicht mehr im Apple Park. Vorwiegend soll er in seinem Studio in San Francisco gearbeitet haben, das er nun zur Basis seines neuen Lovefrom-Geschäfts gemacht hat. Termine mit seinem Team habe er bei seinen Mitarbeitern zu Hause, in Hotels oder anderen Orten durchgeführt, um sich die einstündige Fahrt nach Cupertino zu sparen, heißt es.
Dass Ive sich in den letzten Jahren weniger um Apples Hardware-Design gekümmert hat – so ikonisch es auch ist –, zeigt sich auch daran, dass die meisten Produkte in erster Linie iterative Updates erhalten haben. Die Designs von Macbooks und iPads sind nur minimal weiterentwickelt worden. Ein neues großes Produkt lässt auf sich warten.
Interessant ist in dem Zusammenhang großer Neuerungen, dass Ive tatsächlich einen jahrelang erwarteten Apple-Fernseher entworfen hatte, der aber bekanntlich nie das Licht der Welt erblickte. Selbst einen ersten Designentwurf eines Apple-Autos soll es aus seiner Feder gegeben haben. Die Pläne eines eigenen Autos habe Apple laut Tim Cook ad acta gelegt – stattdessen fokussiere man sich auf eine Plattform für autonomes Fahren.
Apple: Jony Ives langer Schatten
Der Weggang von Ive kann mit einem sanften Neuanfang verglichen werden, durch den der Designernachwuchs zeigen kann, was er draufhat. Allerdings dürfte es noch Jahre dauern, bis die nächste Generation ihr Talent unter Beweis stellen kann. Schließlich, so heißt es, habe Ives Designteam fünf Jahre in die Zukunft geplant. Das könnte bedeuten, dass Apples neue Produkte für die nächste halbe Dekade noch Jony Ives Handschrift tragen dürften.
Auch wenn Apple nach eigenen Angaben zu den „wichtigsten Kunden“ von Ives neuer Designfirma gehören wird, bleibt die Zeit nach Jobs und Ive ungewiss. Allein schon, dass das Designteam unter der Führung der erfahrenen Apple-Manager Evans Hankey und Alan Dye künftig nicht mehr an Tim Cook, sondern an den COO Jeff Williams berichtet.
- iOS 13 und iPadOS: Auf diese Features können wir uns freuen
- iOS 13 und iPadOS: Diese Geräte erhalten das große Update
- Apple stellt neuen Mac Pro mit irrer Ausstattung vor
„Zusammen mit Steve Jobs hat er Anfang der 2000er durch iMac und iPod das Unternehmen vor dem sicheren Untergang bewahrt.“ – Immer wird bei dieser Aufzählung Tim Cook vergessen, der durch die Optimierung der Zulieferkette einen mindestens genauso großen Anteil an Apples Wiederaufstieg hatte. (Und ja: Meinetwegen auch Bill Gates mit seiner Finanzspritze, die aber nicht ohne Eigennutz gegeben wurde, denn wäre Apple untergegangen, dann wäre Microsoft plötzlich als Monopolist dagestanden und zerschlagen worden. Die Antitrust-Untersuchungen hatte er damals schon an der Backe.)