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Ratgeber

Wann junge Unternehmen an die Börse gehen sollten

Gerade für Jungunternehmen der Tech-Branche kann ein IPO für das benötigte Kapital sorgen. Doch ab wann ist ein Unternehmen reif für das „Parkett“?

Von Robert Peres
4 Min.
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Die New Yorker Börse. (Lev Radin/Shutterstock.com)

Technologieunternehmen und vor allem neue Technologien genießen bei Investoren seit Langem große Aufmerksamkeit. Neue Technologien und Trends im Zusammenspiel mit Digitalisierung und Vernetzung, Dienstleistungen und Logistik sowie Elektromobilität und stärker fokussierte Umweltaspekte prägen weltweit Aktienmarktverläufe. Einige börsennotierte Technologieunternehmen verzeichnen sogar über lange Zeit überdurchschnittliche Wertzuwächse.

Gleichwohl gibt es immer wieder Rückschläge, wie jüngst der Rückgang im Bereich Wasserstoffantriebe zeigt. So ist die Gewinnerwartung, also der Blick in die Zukunft eines Unternehmens, bereits heute stark eingepreist. Waren früher stabile und Dividende bringende Aktien populär, gibt es heute wesentlich mehr Interesse an risikoreichen Investments. Der Handel wird immer schneller, und damit auch komplexer. Die kurzfristige Volatilität am Aktienmarkt hat enorm zugenommen.

Was müssen Unternehmer wissen?

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Wer überlegt, ein Unternehmen zu gründen und an die Börse zu bringen, sollte sich vorher viele Gedanken machen. Ein Gang an die Börse ist sehr kostenintensiv und birgt nicht unerhebliche Gefahren. Zumal „persönliche“ Einfluss- und Entscheidungsmerkmale mit der Verschiebung auf „neue“ Kapitalgeber auch entsprechend variieren können. Manchmal ist eine Gesellschafterfinanzierung im Rahmen einer GmbH besser. Wer aber tatsächlich den Kapitalmarkt braucht, um langfristige technologische Entwicklungen und Forschung zu finanzieren, sollte sich folgende Fragen – quasi als Checkliste – vor einem Börsengang stellen:

Wie realistisch ist der Business-Plan des jungen Unternehmens – stimmt die Unternehmergeschichte?

Jedes Unternehmen, jede Idee muss umgesetzt und natürlich auch „realistisch und realisierbar“ sein, damit sich Geldgeber auf dieses „Wagnis“ einlassen. Denn letztendlich ist jedes Startup mit hohem Fremdkapitalvolumen und ein Börsengang aus Anlegersicht eine Art „Wette auf eine unsichere Zukunft“, auch wenn die Geschichte überzeugt – wird sich die Kapitaleinlage und das Investment lohnen, werden Erfolge und Gewinne generiert, kann das Startup mit einem wirklich „nachhaltigen“ Konzept überzeugen und eine dauerhafte Position im Markt und der Branche besetzen? Skalen-Effekte für Kostenreduzierungen und geplante Umsatzsteigerungen sollten auch bei jeder Euphorie nicht außer Acht gelassen werden.

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Welchen Benefit bietet die „neue“ Technologie ihren Nutzern – wird zum Beispiel eine etablierte Branche „neu erfunden“?

Wirtschaft funktioniert grundsätzlich über zwei Ansatzpunkte: Innovation und Imitation. Beide Modelle können kurz-, mittel- und auch langfristig solide und gewinnbringende Erfolgsgeschichten abbilden. Gerade in Hinblick auf Tech-Startups sollte allerdings der „echte“ Mehrwert des Produktes oder der Dienstleistung für Kunden und Konsumenten gut sichtbar und im Vordergrund bei einer Börsenkapitalisierung sein.

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Welche Wachstumsperspektiven bestehen – kann das Geschäftsmodell international skaliert werden?

Was in einem regionalen Marktumfeld funktioniert, muss nicht zwingend bedeuten, dass die Unternehmensziele auch in internationalen Dimensionen erfolgreich sind. Politische und rechtliche Rahmenbedingungen, Infrastruktur und auch unterschiedliches Käufer- und Verbraucherverhalten können stark differieren und von den „vertrauten“ Rahmenbedingungen abweichen.

Ist ein Unternehmen bereits profitabel beziehungsweise wann kann mit Gewinnen gerechnet werden?

Als „junges“ Tech-Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Herausforderungen zu meistern; der Aufbau eines Unternehmens bedarf vieler Stellschrauben, um einen gewissen Grad an Stabilität zu erreichen. Wachstum und eine gut ausbalancierte Finanzierung sind die Basis für einen erfolgreichen Markenaufbau und Marktbehauptung. Allerdings sind die „höheren“ Anforderungen und Auflagen bei einem Börsengang für ein junges Unternehmen nicht unerheblich, Berichtspflichten sind einzuhalten und Liquiditätswerte müssen stimmen. Die Rechtsprechung hat diesem Umstand Rechnung getragen, indem eine „positive Fortführungsprognose von zwölf Monaten“ gilt und mit einer notwendigen Zahlungsfähigkeit harmonieren muss.

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Wie hoch sind die Eintrittsbarrieren für potenzielle Wettbewerber?

Ein junges Tech-Startup sollte ein sichtbares Alleinstellungsmerkmal auf der „Haben-Seite“ verbuchen und sehr genau wissen, wie die Marktsituation und auch Leistungsfähigkeit von potentiellen Konkurrenten aussieht. Die eigene Position kann zum einen über sehr klassische Patenanmeldungen (Know-how) gesichert werden, zum anderen gibt es weitere Faktoren, die Beachtung finden sollten. Dazu gehören rechtliche und ressourcenabhängige Faktoren (Kapitalzufluss, Urheberrechtsschutz, Verfügbarkeit von Fachkräften) oder logistische, soziale (Kundenbindung) und ökologische Restriktionen (Bewilligungen, Umweltauflagen).

Wie hoch ist der Finanzierungsbedarf in den kommenden Jahren?

Ein Startup mit Börsenambitionen wird schnell feststellen, dass die Kostenseite in der Anfangsphase gewaltig ist und Gläubiger gerne nachvollziehen, an welchen Stellen der Mittelzufluss eingesetzt wird. Mieten, Personal, Logistik und auch das Marketing stellen sicherlich große Kostentreiber dar, Materialaufwand und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung müssen ebenso gedeckt werden. Startups wie im Food-Delivery-Market brauchen viel Kapital für viele Mitarbeiter, logistische Aufgaben und großangelegte Werbe-Kampagnen, andere Unternehmen mit Hightech-Ideen wie zum Beispiel in der „Flugtaxi-Szene“ dagegen viel Geld für Materialaufwand, Forschung und Entwicklung. Eine „Verschuldung“ ohne Gegenleistung kann niemals eine Dauerlösung für ein Unternehmen sein und muss zeitlich begrenzt sein.

Wichtig ist, dass eine effektive Kundenansprache und -gewinnung gelingt und auch, dass ein internes „Anreizsystem“ für die Entscheidungsträger im Unternehmen erfolgreich aufgebaut wird – im Sinne der Instanz (Investoren) „gute“ Entscheidungen zu treffen. Das Beispiel Cargolifter zeigt eindrucksvoll, dass der Finanzierungsbedarf immer größer wurde, die Idee allerdings immer kleiner und die Umsetzung dann ganz vom Tisch war – viele Menschen haben viel Geld verloren!

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Soll das Wachstum nur organisch oder auch durch Akquisitionen getrieben werden?

Bei einem „Käufermarkt“ entscheidet die Nachfrage über das Angebot. Dieser marktwirtschaftliche Grundsatz gilt für jedes Unternehmen, egal, ob klassische GmbH oder börsennotierte Aktiengesellschaft. Ab welchem Zeitpunkt die Akquisition wichtiger wird, gibt die Unternehmensausrichtung vor. Ist das Unternehmen mit Auftritt und Inhalt („Alleinstellungsmerkmal“) stark genug und attraktiv, kann es ohne schwierige Zukäufe gesund wachsen. Unternehmen mit einem starken Wettbewerbsumfeld dagegen brauchen wahrscheinlich eher die Vergrößerung über den Markt. Ein Börsengang ist immer eng verbunden mit Versprechen und Vertrauen – in beide Richtungen: anleger- und kundenseitig.

Wie das Beispiel Rocket Internet zeigt, kann aber auch ein Rückzug von der Börse dem Unternehmen dienen. Leider sind dabei die Anlegerrechte unter die Räder gekommen, denn die angebotene Abfindung war weit unter Marktwert. Die neueren IPO, also Börsengänge in Deutschland, machen deutlich, wie zwiespältig „neue“ oder vermeintlich disruptive Geschäftsmodelle vom Markt aufgenommen werden können. Der enttäuschende Verlauf bei About You, Mister Spex und Auto1 sind nur einige Beispiele. Ein gutes Geschäftsmodell und eine profitable Aktienkursentwicklung sind demnach zwei verschiedene Dinge.

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