Goodbye Großraumbüro: Corona erzwingt Umdenken – nicht nur im Silicon Valley
Wenn dieser Tage immer mehr große Tech-Unternehmen verkünden, dass die Rückkehr der Beschäftigten in die Bürogebäude durchaus noch Zeit habe, so hat das natürlich stets mit dem neuartigen Coronavirus zu tun. Dabei geht es indes nicht ausschließlich um das Vermeiden des konkreten Infektionsrisikos der Angestellten.
Offener Bürozuschnitt macht Rückkehr schwierig
Viele Unternehmen haben ein viel größeres Problem. Ihre Bürogestaltung lässt es nicht zu, die Mitarbeiter so einzusetzen, dass sich kaum ein Infektionsrisiko ergibt. Sie haben durch ihre offenen Bürodesigns und viele zentrale Einrichtungen ein geradezu systemisches Infektionsrisiko geschaffen, das sich als schwer zu beseitigen erweist.
Wenn also Amazon seinen Mitarbeitern rät, wenigstens bis Oktober 2020 im Homeoffice zu verweilen und Coinbase sogar den Januar 2021 als Rückkehrzeitpunkt avisiert, dann haben diese Fristen viel damit zu tun, dass die Unternehmen in ein ganzes Bündel von Maßnahmen investieren müssen, um ihren Beschäftigten auch in Zukunft einen unter gesundheitlichen Aspekten sicheren Arbeitsplatz anbieten zu können.
Die Rückkehr des Cubicle
Für die bislang offenen Büroflächen werden sich bauliche Veränderungen nicht vermeiden lassen. Das naheliegendste Konzept ist dabei die Rückkehr zu den sogenannten Cubicles. Diese besonders seit den Siebzigern eingesetzte Technik der Teilung eines Großraumbüros in kleinere Kabinen hatte eigentlich ausgedient. Nun verzeichnet Loftwall, einer der führenden Anbieter solcher Trennsysteme in den USA einen mehr als verdoppelten Auftragseingang seit dem Beginn der Coronapandemie. Zu den Bestellern gehören Apple, Google, Microsoft und Tesla, wie Loftwall-Marketing-Direktor Andrew Holmes dem Nachrichtenmagazin Bloomberg verriet.
Dabei darf bezweifelt werden, dass der Rückkehr zum Kabinengroßraum ausreichend sein wird, um das Problem zu lösen. Immerhin wissen wir inzwischen, dass Aerosole, die beim Atmen, Sprechen oder Husten entstehen, Virenanteile enthalten, die lange als Schwebeteilchen in der Raumluft verbleiben und sich dort anreichern. Beseitigen lassen sich diese Aerosole durch beherztes Lüften, was indes in einem Cubicle-Großraumbüro noch schwieriger sein dürfte als in einem offenen Raum.
Da indes nicht alle Büroeinheiten mit einer Frischluftzuführung durch Fenster versorgt werden können dürften, wären Zwangslüftungssysteme mit Absaugvorrichtungen über Deckenrohre eine denkbare Alternative. Der bauliche Aufwand dessen wäre nicht unbeachtlich.
Zentrale Einrichtungen als Virenschleuder?
Neben der Problematik der zu parzellierenden Großraumflächen stellt auch die Vorhaltung bislang weniger großer Zentraleinrichtungen wie Kantinen, Sportflächen oder Entspannungsbereichen die Unternehmen vor Herausforderungen. Bezogen auf die Kantinen dürfte sich das offene Buffet als Darreichungsform für Speisen und Getränke nachhaltig erledigt haben.
Hier werden künftig wieder verstärkt Menüs mit Einweggeschirr zu finden sein. Auch die Selbstbedienungsstationen mit Wasser, Limonade oder Kaffee-Varianten dürften der Vergangenheit angehören. Snacks dürften nur noch in verpackter Form ausliegen, Getränke nur noch in Flaschen. Den Kaffee gießt die Kantinenkraft in die Tasse.
Google und Apple wollen Beschäftigten ab Juni wieder Büroplätze bieten
Den derzeit ambitioniertesten Plan für eine Rückführung der Beschäftigten in die Büroumgebung verfolgt wohl Google. Frühestens ab Juni 2020 sollen Mitarbeiter wieder in den Niederlassungen tätig werden dürfen. Wie Bloomberg aus dem Hause Google erfuhr, laufen bereits die Änderungen am offenen Bürodesign des Suchmaschinenriesen.
Auch Apple will seinen Beschäftigten erst ab Juni eine Rückkehr ins Büro ermöglichen. Inwieweit es bereits bauliche Änderungen gegeben hat, ist nicht bekannt. Apple-Chef Tim Cook hat seine Mitarbeiter jedoch bereits darauf vorbereitet, dass es eine gestaffelte Rückkehr geben werde. Dabei gehören regelmäßige Körpertemperaturmessungen, eine Distancing-Strategie für den Arbeitsplatz und gezielte Gesundheits-Tipps zum Rückkehrkonzept.
Auch problematisch: Der Weg zur Arbeit
Schon der Weg zur Arbeit dürfte indes für viele Mitarbeiter zu einer Herausforderung werden. Immerhin wird sich der öffentliche Personennahverkehr ebenso auf die veränderte Realität einstellen müssen. Der Individualverkehr dürfte auf diese Weise eine Renaissance erleben. E-Bike-Anbieter wie Cowboy oder Vanmoof sehen bereits verstärkten Zulauf und eine intensivere Nutzung ihrer Fahrräder bei bestehenden Kunden.
Einmal am Bürogebäude angekommen, müssen sich Beschäftigte auf neue Zugangssysteme einrichten, die dafür sorgen sollen, dass potenziell Infizierte nicht ins Gebäude kommen und alle anderen auf Wegen zu ihrem Arbeitsplatz geleitet werden, die sie nicht in Menschenansammlungen zwingen. So könnte bereits das Aufzugfahren zu einer Herausforderung werden.
Unternehmen scheinen diesem Problem bislang vornehmlich mit einem ausgeprägten Beschilderungs- und Markierungssystem beikommen zu wollen. Ob das ausreichend sein wird, bleibt abzuwarten.
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