
Auf der Basis des vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelten Vierbeiner-Roboters Mini-Cheetah entsteht ein Blindenhund, der nie gefüttert werden muss. Zudem kann der Berkeley-Robodog sehbehinderte Menschen weit effektiver navigieren als es ein Hund aus Fleisch und Blut je könnte. Davon sind zumindest seine Erschaffer überzeugt.
„Ein echter Hund weiß nicht, wie man navigiert“, sagt Projektleiter Zhongyu Li dem Magazin New Scientist. Einem Robohund pflanzt man einfach ein GPS-System ein und schon ist er genau dazu in der Lage. Wir fügen eine Sprachsteuerung hinzu und schon könnte das sehbehinderte Herrchen oder Frauchen sagen: „Hey, Robodog. Navigiere mich zum Schloss Neuschwanstein.“ Das würde je nach Startpunkt eine Weile dauern, wäre aber grundsätzlich möglich.
Tatsächlich ist die Navigation nur ein kleiner Vorteil im Vergleich zu der gravierenden Verbesserung, die ein voll funktionsfähiger Robodog seinen Schutzbefohlenen bieten könnte. Es beginnt bei den Kosten – zumindest langfristig. Ein Blindenhund muss ein aufwändiges Training durchlaufen und kommt damit auf Kosten zwischen 20.000 und 30.000 Euro.
Robotischer Blindenhund ist auch ganz schön teuer, aber sein Programm lebt ewig
Ein Robodog kostet aktuell in etwa den gleichen Betrag, wird mit einer Software ausgestattet und lernt dann selbsttätig die Spezifika, die sich aus dem Umgang mit einer konkreten Person ergeben. Theoretisch kann eine ausgelernte Software dann schlicht auf einem weiteren Robodog, etwa einem neueren Modell, bereitgestellt werden. Die Zeitvorteile wären immens und der Leistungserbringer, sprich der stählerne Hund, vollkommen fehlerunanfällig. So ließe sich über die Zeit ein nahezu perfekter Blindenführer algorithmisch heranzüchten. Und sein Programm ginge nicht wie bei einem Vierbeiner aus Fleisch und Blut am Ende seines Lebenszyklus unwiederbringlich verloren.
„Mit einem robotischen Blindenhund können wir unseren Code direkt von einem Roboter auf einen anderen übertragen“, erklärt Li das Konzept. „Mit der Zeit und immer erschwinglicherer Hardware können wir diese Art von Hund tatsächlich nutzen, um Menschen zu helfen und zu dienen.“
Blindenhund-Trainer bleibt gelassen: Familienmitglieder sind nicht aus Blech
Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Roboterhunde aus Berkeley noch nicht für den Alltagseinsatz bereit. Wie anhand eines Videos eindrucksvoll belegt ist, können die elektrischen Vierbeiner allerdings bereits jetzt ihre menschlichen Begleiter im Auge behalten, während sie sie gleichzeitig mit Lidar-Sensorik autonom um Hindernisse herumsteuern. Der Faktor Zeit darf dabei indes noch nicht betrachtet werden.
Tim Stafford von der britischen Wohltätigkeitsorganisation Guide Dogs macht sich vorerst keine Sorgen. Er hält es für unwahrscheinlich, dass sich die Robo-Blindenhunde durchsetzen. Immerhin würden Besitzer zu ihnen niemals die gleiche Beziehung aufbauen können, wie zu einem Begleiter aus Fleisch und Blut.
„Sie schätzen ihren Hund nicht nur als Blindenhund, sondern auch als Partner, Begleiter und Familienmitglied“, so Stafford. „Es ist diese tiefe Bindung, die die Beziehung einzigartig macht und so viel mehr ist als nur eine Möglichkeit, sich sicher fortzubewegen.“
Optisch erinnert der Berkely-Robodog übrigens ganz deutlich an Spot von Boston Dynamics. Letzterer kann auch bereits für den Heimbedarf erworben werden, schlägt aber mit satten 74.500 US-Dollar plus Zubehör zu Buche. Das könnte unter anderem daran liegen, dass Spot weitaus besser tanzen kann als der Mini-Cheetah vom MIT oder der Verfasser dieses Beitrags.