Zwei Billionen Dollar hat der Kryptomarkt in den vergangenen elf Monaten verloren – und damit rund zwei Drittel seines Werts. Die Kursverluste des sogenannten Kryptowinters wurden noch einmal beschleunigt durch Negativereignisse wie dem Crash der Terra-Blockchain, der Pleite des Hedgefonds Three Arrows Capital sowie Kryptofirmen wie Celsius Network.
Kryptomarkt mit über 60 Prozent Verlust in 1 Jahr
Während bei den großen Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum/Ether nach Verlusten von 60 Prozent und mehr der Boden erreicht oder ein baldiger Aufwärtstrend zumindest möglich zu sein scheint, gibt es zahlreiche kleine Projekte, die eher klinisch tot als am Leben sind.
Der Datenspezialist Nomics hat die Zahl der sogenannten Zombie-Coins mit 12.100 beziffert. Dabei handelt es sich um Token, die im Jahr 2022 über einen Monat hinweg nicht gehandelt wurden. Das sind mehr als doppelt so viele wie in den Jahren 2017 bis 2021 zusammen.
Die Erklärung ist vergleichsweise einfach. Während es im Bullenmarkt des Jahres 2021 jede Menge Geld und Aufmerksamkeit für neue, aber auch für existierende Projekte gab, werden aktuell selbst gute Projekte Probleme haben, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten, wie Bloomberg den Kryptoanalysten Jacob Joseph von Cryptocompare zitiert.
In der derzeitigen Situation mit steigenden Zinsen, hoher Inflation und sich eintrübenden wirtschaftlichen Aussichten fehlt den Risikomärkten wie dem Kryptobereich aber auch den Tech-Aktien risikofreudiges Kapital.
Bärenmarkt 2018 mit ICO-Flut
Die Entwicklung im aktuellen Bärenmarkt beziehungsweise Kryptowinter ist allerdings etwas anders als sie sich bei der letzten Down-Phase im Jahr 2018 gestaltete. Damals fluteten zahlreiche Startups über sogenannte ICO (Initial Coin Offering) den Markt mit frischen Token – nicht immer legal, wie es scheint.
Bei vielen ICO war kaum ein funktionierendes Geschäftsmodell dahinter. Auch die Zahl der Nutzer:innen war sehr gering. Als die Token verschwanden, hatten vor allem die Investor:innen verloren. Aber: Der Markt war viel kleiner. 2018 wurden dadurch nur 136 Token zu Zombie-Coins, 2019 auch nur 766.
Was steckt also hinter den Tausenden Projekten, die aktuell betroffen sind? Laut Nomics-Mitgründer Nick Gauthier dürften darunter eine ganze Reihe Meme-Coins ohne reale Anwendungsmöglichkeiten, auf kurzfristigen Profit angelegte Projekte oder schlicht Spaßprojekte darunter sein.
Das Problem bei vielen kleineren Projekten: Deren Token lassen sich gar nicht mehr handeln, Besitzer:innen können sie nicht mehr verkaufen. Das betrifft zum Beispiel den Elonmoon-Token. Andere Projekte wie Boomspace haben nicht einmal mehr eine funktionierende Website.
Zombie-Coins: Viele potenzielle Token-Kandidaten
In den kommenden Wochen könnten derweil noch viel mehr Token in den Zombie-Coin-Status abrutschen. Tausende, wie etwa Terra Classic, kommen lediglich auf ein winzig kleines Handelsvolumen. Manche sind zumindest tageweise ganz ohne Handel. Von den 64.400 Token oder Coins, die Nomics analysiert, wurden nur 13.800 an einem Tag in der vergangenen Woche gehandelt.
Auf der anderen Seite, so Kryptoinvestor Aaron Brown, ist es für die Gesamtwirtschaft in den meisten Fällen kaum entscheidend, wenn ein Token zu einem Zombie-Coin wird. Die Kosten für ein Krypto-Startup seien gering. Im nächsten Bullenmarkt könnten wieder Tausende neue Token und Projekte entstehen.