„Beim Handel mit Krypto gibt es zwar noch ungeklärte Rechtsfragen, aber der Rückschluss, dass man machen kann, was man will, ohne Steuern zu zahlen, ist falsch.“ Auch die Finanzämter hätten das Thema auf dem Schirm, sagt die Steuerberaterin.
Kryptoinvestments: Brauche ich einen Steuerberater?
Dabei muss nicht jeder, der Bitcoin oder andere Kryptotoken gekauft hat, direkt eine:n Steuerberater:in konsultieren. „Kaufe und verkaufe ich die Token nur, genügt es meist, einen Steuerreport zu erstellen und bei der Steuererklärung einzureichen.“ Es gelte der allgemeine Grundsatz: lieber zu viel offenlegen, als den Behörden Steuerpflichtiges zu verschweigen.
Wer aber mehrere oder komplizierte Produkte gehandelt hat, dem rät die Expertin zu einem Termin bei einem Steuerberatenden. „Es gibt immer wieder Menschen, die auf Discord oder Slack gut gemeinte Ratschläge geben, die aber leider oft genug nur auf gefährlichem Halbwissen basieren und zu falschen Schlussfolgerungen kommen“, sagt Stöhr
„Wer ein paar Grundregeln im Umgang mit Krypto beachtet, dem sollte die Steuererklärung keine Kopfschmerzen bereiten.“
Auf Linkedin hingegen seien mittlerweile einige gute Kryptosteuerberater:innen zu finden. „Sollten dort Falschinformationen kursieren, werden sie meist schnell in den Kommentaren enttarnt“, sagt Stöhr.
Die größte Verwirrung bei Steuerzahlenden würden die verschiedenen Einkunftsarten stiften. Mining, Staking, Spottrading, Margintrading oder Liquidity Providing sind nur einige Wege, mit Kryptowährungen Geld zu verdienen. Steuerlich ist jedoch noch oft unklar, ob es sich dabei um Einkünfte aus Kapitalvermögen, gewerblicher Tätigkeit oder sonstige Einkünfte handelt.
Steuertipp 1: Rücklagen rechtzeitig sichern
Wer Gewinne mit Kryptowährungen erzielt, muss als Privatperson in der Regel versteuern, was 600 Euro pro Jahr übersteigt. Rücklagen dafür zu bilden, ist laut der Steuerberaterin besonders wichtig für Menschen, die Einkünfte durch das Staking von Token erzielen oder als arbeitnehmende oder selbstständige Person für ihre Arbeit in Kryptowährungen bezahlt werden. „Steuerrücklagen bilde ich dann am besten direkt am Zahltag, indem ich die Hälfte des Kryptobetrages in Euro transferiere und beiseite lege“, rät Stöhr.
Wichtig sei, dass diese Steuerrücklagen nicht nur in Euro vorhanden sind, sondern auch auf einem normalen Bankkonto liegen. Das habe zwei Gründe: die Sicherheit des Geldes und die hohe Volatilität. „Eine Kryptobörse ist kein sicherer Ort für Steuerrücklagen, denn wie schnell die Einlagen weg sein können, hat der Bankrott von FTX gezeigt“, sagt die Expertin. „Wer Rückstellungen nicht direkt bildet, geht außerdem das Risiko ein, hohe Steuerzahlungen in Zeiten niedriger Kryptopreise aufbringen zu müssen.“ Solche Notverkäufe ließen sich vermeiden.
Steuertipp 2: Separate Wallet nutzen
Auch wenn es komplizierter klingt: Steuerlich kann es sinnvoll sein, mehrere Wallets zu besitzen, um Einnahmen belegbar voneinander zu trennen. Denn die Transaktionen mehrere Wallets einer Person werden in der Regel nicht miteinander verrechnet, sondern getrennt betrachtet.
Das sollte sich zunutze machen, wer von Auftraggebern in Krypto bezahlt wird, rät die Expertin. So wird das private Vermögen von den Einkünften aus der Tätigkeit, dem Betriebsvermögen, getrennt. „Wer Betriebs- und Privatvermögen nicht trennt, geht das Risiko ein, dass sämtliche Token zu Betriebsvermögen werden – die einjährige Spekulationsfrist für private Einkünfte fällt dann weg“, erklärt Stöhr.
Steuertipp 3: Nicht immer sind Einkünfte und Verluste verrechenbar
Einnahmen aus dem Handel mit Krypto sind mit Verlusten aus dem Kryptohandel verrechenbar, jedoch nicht mit anderen Einkünften, wie den laufenden Einnahmen aus Staking. „Ich kann also meine Einkünfte aus dem Staking nicht dadurch reduzieren, dass ich die gestakten Tokens mit Verlust verkauft habe. Das ist vielen nicht bewusst“, sagt Afra Stöhr.
„Das der Veräußerungsverlust nur bedingt verrechenbar ist, könnte meiner Meinung nach eventuell sogar verfassungswidrig sein“, sagt Stöhr. Wegen der hohen Volatilität von Kryptowährungen könnte das in manchen Fällen gegen das sogenannte Leistungsfähigkeitsprinzip laufen. Nach diesem Prinzip soll jede:r nur so viele Steuern zahlen, wie er oder sie in der Lage ist. „Im schlimmsten Fall ist es aber so, dass Anleger:innen wirtschaftlich betrachtet keinen Gewinn haben, aber trotzdem hohe Steuern darauf zahlen müssen.“
„Im schlimmsten Fall müssen beim Staking Steuern auf Einkommen gezahlt werden, das niemals in Euro vorhanden sein wird.“
Das kann passieren, wenn eine Person große Belohnungssummen für das Staking von Token kassiert, wenn der Kurs der Kryptowährung hoch ist. Tauscht sie die Token oder Staking-Rewards dann aber zu einem schlechteren Kurs in Euro, reichen die ausgezahlten Euro vielleicht nicht einmal ,um die Steuern auf die Staking-Rewards zu zahlen. „Da der Verlust aus dem Verkauf der Tokens nicht mit den Gewinnen aus dem Staking verrechenbar ist, fallen dann Steuern auf Einkommen an, das niemals in Euro vorhanden sein wird“, erklärt die Steuerberaterin. „Bei illiquiden Token ist es manchmal gar nicht möglich, die Tokens rechtzeitig zu verkaufen. In diesen Fällen entspricht diese Besteuerung meiner Meinung nach nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip.“
In der noch jungen Kryptowelt gebe es oft Sachverhalte, die komplett neuartig sind. „Es ist teilweise schwierig, diese in unseren bestehenden Gesetzen unterzubringen. Das führt leider manchmal zu sehr unschönen Steuerkonstellationen. Manchmal aber auch zu Glücksfällen“, so die Expertin.
„Wichtig ist, die Steuer mitzudenken, bevor ich investiere, stake oder Coins erwirtschafte – nicht erst danach.“
Fazit: Vermeidbare Fallstricke
Ob Verlustverrechnung, Rückstellungen oder Vermögenstrennung: Bei der Besteuerung von Kryptotransaktionen gibt es noch viele Fragezeichen – rechtlich und in den Köpfen der Steuerpflichtigen. „Wer aber ein paar Grundregeln im Umgang mit Krypto beachtet, dem sollte die Steuererklärung keine Kopfschmerzen bereiten“, sagt Stöhr. „Wichtig ist nur, die Steuer mitzudenken, bevor ich investiere, stake oder Coins erwirtschafte – nicht erst danach.“