Vom Kunden austauschbar: Tier kündigt neuen E-Scooter mit Wechselakku und europaweites Ladenetzwerk an
Tier Mobility setzt auf Nachhaltigkeit und kündigt mit der vierten E-Scooter-Generation den ersten vom Nutzer austauschbaren Akku an. Vorbild dieses Konzepts ist der taiwanische E-Roller-Bauer Gogoro. Das neue E-Scooter-Modell soll im Laufe des September nach Berlin und später weitere deutsche Städte kommen und hat noch ein paar weitere Neuerungen für mehr Sicherheit parat.
Tiers E-Scooter: Akkutausch vom Nutzer beim Späti nebenan
Tier hatte im Februar das auf Wechselakkus spezialisierte britische Startup Pushme Bike übernommen. Seitdem hat der E-Tretroller- und seit einigen Monaten auch E-Moped-Verleiher das Wechselakku-Konzept in eine neue Version seines E-Tretrollers integriert. Die Wechselbatterie ist nicht wie bisher in das Trittbrett eingelassen, sondern befindet sich zwischen Lenkstange und dem Fahrer. Der soll durch die leichte Erreichbarkeit künftig die Möglichkeit haben, den leeren Akku eigenständig herauszunehmen und gegen einen vollen zu tauschen. Als Belohnung gibt es eine Freifahrt gutgeschrieben.
Für die neue Wechseltechnologie will Tier ein europaweites Ladenetz aufbauen. Die Ladestationen – die sogenannten Powerboxes –, in die vier Akkukartuschen passen, sollen in der ganzen Stadt verteilt werden. Sie können sich etwa in Lebensmittelgeschäften, Cafés, Spätis und anderen Standorten wie auch öffentlichen Gebäuden wie Bibliotheken oder Galerien befinden. Die Powerbox ist laut dem Unternehmen vollautomatisch und benötigt keine Beaufsichtigung durch Personal. Sie muss lediglich per Steckdose an das Stromnetz angeschlossen werden. Das Aufstellen einer Ladestation ist Tier zufolge für die Partner mit keinerlei Kosten verbunden, da der E-Scooter-Verleiher den gesamten Ladestrom zahlt. Tier-Chef-Lawrence Leuschner erklärte ferner im Gespräch mit geladener Presse, dass in der Powerbox diverse Sicherheitsmechanismen wie Hitzeschutz und Feuerlöscher verbaut seien. „Die sind bombensicher“, so der Tier-Chef. Das Aufstellen der Ladeboxen sei zudem auch den Einzelhandel ein Gewinn, so Leuschner: „Die Geschäfte freuen sich, dass mehr Leute in die Läden kommen.“
Tier Mobility: Ladenetzwerk nicht nur für E-Tretroller
Mit den Ladestationen will Tier einen noch nachhaltigeren Betrieb realisieren. Bislang würden Tier-Mitarbeiter – Leuschner betont, alle Servicemitarbeiter seien Angestellte und keine Gigworker – regelmäßig mit E-Fahrzeugen oder Cargobikes durch die Stadt fitzen, um die Akkus auszutauschen, die E-Scooter auf ihren Zustand zu überprüfen und gegebenenfalls zu warten. Durch die neuen Wechsel-Batterien könne ein Teil des Akkutauschs vom Kunden durchgeführt werden. Hierdurch könnte ein „Großteil des zusätzlichen Verkehrs, der bisher mit dem Betreiben von E-Scooter-Flotten verbunden war, beseitigt und die Kosten für das Aufladen der Flotten währenddessen ebenfalls stark reduziert“ werden, so Tier. Von den mittlerweile 500 Tier-Mitarbeitern müsse trotz des neuen Konzepts niemand entlassen werden, erklärt Leuschner. Da die Flotte der E-Scooter und -Mopeds weiter wachse, hätten die Service-Teams auch ohne das Wechseln der Akkus ausreichend zu tun.
Derzeit könne nur der neue Scooter mit den neuen Wechselakkus genutzt werden. Langfristig schwebt Tier vor, jegliche Fahrzeuge des Unternehmens mit dieser Ladetechnologie auszurüsten. Auch die für den Verkauf bestimmten E-Scooter-Modelle der Marke My Tier könnten langfristig mit dieser Technologie bestückt werden, sodass Besitzer ihre Akkus in Spätis und Co., im Abo oder gegen einen bestimmten Geldbetrag tauschen könnten.
Die von Coup übernommenen E-Mopeds des taiwanischen Herstellers Gogoro besitzen zwar auch eine ähnliche Austauschbatterie, sie ist aber nicht mit der von Tier kompatibel. Hier deutet sich bereits an, dass das Startup womöglich schon an einer neuen E-Moped-Generation und anderen Fahrzeugen wie E-Bikes werkelt.
Neue E-Scooter starten in Finnland – noch im September in Berlin
Laut Tier sollen die neuen E-Scooter mit Wechselstationen im finnischen Tampere am 1. September starten. Das Startup will zu Beginn eine 1.000 Fahrzeuge starke Flotte in der Stadt mit einem Netzwerk von 50 Ladestandpunkten – den „Swapspots“ – aufstellen. Interessanterweise überstieg Leuschner zufolge die Nachfrage von interessierten Geschäften die Anzahl der Ladeboxen, die zum Start aufgestellt werden sollten. Nicht alle Interessenten konnten berücksichtigt werden. In Berlin und neun weiteren Städten in Deutschland sollen die neuen Scooter im Laufe des Herbsts verteilt werden. Schon im September sollen sie in Berlin landen. Für den Aufbau des Ladenetzes in Deutschland braucht Tier jedoch noch ein Weilchen länger. Leuschner rechnet damit, im vierten Quartal 2020 oder im ersten Quartal 2021 erste Swapspots anbieten zu können.
Neuer Tier-Scooter mit Helmfach und Blinker
Neben den etwa drei Kilogramm schweren Wechselakus, die sogar eine größere Reichweite von bis zu 50 Kilometern ermöglichen, bringt der E-Scooter weitere Neuerungen. So ist der im Mai 2020 angekündigte Schutzhelm mit von der Partie, der in einer sogenannten Smartbox an der Lenkstange untergebracht ist. Auf den mit dem französischen Hersteller Overade konzipierte Klapphelm kann per App zugegriffen werden. Damit er nicht einfach vom Nutzer mitgenommen werden kann, lässt sich der Scooter erst zurückgeben, wenn der Helm in das Fach zurückgelegt wurde.
Ein weiteres sinnvolles Sicherheitsfeature ist der Blinker, der jeweils links und rechts an den Lenkerenden und am hinteren Kotflügel angebracht ist. Da es beim Scooterfahren sicherer ist, beide Hände am Lenker zu behalten, um nicht die Kontrolle zu verlieren, war dieses Feature längst überfällig. Es ist zu hoffen, dass andere Hersteller nachziehen.
wer damit noch nicht gefahren ist sollte es mal probieren.
Schaut mal: wer mal eine Gratis fahrt machen möchte
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