E-Auto Laderekord: Warum 500 Kilometer in 5 Minuten nicht nur an der Ladesäule spannend sind

Die "Neue Klasse" von BMW soll künftig mit Batterien von CATL ausgestattet sein. Auch andere Modelle von BMW, Mercedes-Benz, VW, Hyundai un Tesla verbauen Batteriespeicher von CATL. (Foto: t3n)
Der chinesische Batteriehersteller CATL hat kürzlich in Shanghai eine Batterie angekündigt, die in fünf Minuten Strom für mehr als 500 Kilometer Reichweite laden können soll. Sie verträgt eine Ladeleistung von sage und schreibe 1,3 Megawatt. Das entspricht einer Laderate von 12C. (1C bedeutet: Eine Batterie kann in einer Stunde vollgeladen werden.)
Mein erster Gedanke: Wow! Irgendwelche Rekorde aus den Batterielaboren gibt es zwar ständig zu melden. Doch meist scheitern sie auf dem Weg zur Serienherstellung. Bei CATL handelt es sich allerdings um den größten Batteriehersteller der Welt. Er kennt sich mit Massenproduktion aus. Noch in diesem Jahr, verspricht der Konzern, soll die neue Batteriegeneration auf die Straße kommen.
Mein zweiter Gedanke: Braucht man das wirklich? Im März hatte Konkurrent BYD bereits eine Batterie vorgestellt, die in fünf Minuten immerhin 400 Kilometer Reichweite bunkern kann (10C Laderate). Ob 400 oder 500 Kilometer – in der Praxis dürfte das ziemlich irrelevant sein. Bei westlichen Herstellern sind es derzeit ein paar hundert Kilometer weniger, aber auch das ist längst mehr als genug, um zügig von A nach B zu kommen. Noch höhere Ladeleistungen sind reines Rekordgeklingel. Zumal man dafür auch die entsprechenden Ladesäulen braucht.
Mein dritter Gedanke: Moment! Halten BYD und CATL ihre Versprechen, ist das alles auf sehr viel mehr Ebenen spannend als nur an der Ladesäule.
Erste Ebene: Die neue Vielfalt
Die Dominanz der klassischen Lithium-Ionen-Zelle ist vorbei. Künftig wird es einen ganzen Zoo von unterschiedlichen Rezepturen geben: Hochleistungszellen (NMC) für besonders anspruchsvolle Anwendungen, robuste Arbeitspferde für den Alltag (LFP), Billig-Batterien für preisempfindliche Marktsegmente (Na-Ionen). (Letztere sind laut CATL nun reif für die Serienproduktion.)
Zum Teil können unterschiedliche Zellen auch im gleichen Auto kombiniert werden, etwa besonders haltbare für das tägliche Pendeln plus ein paar besonders energiereiche für den Urlaub. (Auch ein solches Konzept hat CATL in Shanghai angekündigt.)
Zweite Ebene: Leistung schlägt Energie
Die enorme Schnellladefähigkeit der neuen Zellengeneration lässt sich dazu nutzen, tendenziell kleinere Batterien einzubauen. Das spart Gewicht, Kosten und Rohstoffe. Aktuelle E-Autos dürften einen großen Teil ihrer Akkukapazität meist ungenutzt herumfahren – für den seltenen Fall, dass man sie eben doch mal braucht, etwa für den Urlaub. Lassen sich die Akkus aber schnell und unkompliziert nachladen, kann man die Akku-Kapazität entsprechend knapper kalkulieren.
Dritte Ebene: Elektronen statt Moleküle
Schnelleres Tanken wird meist als zentrales Argument für Wasserstoff-Antriebe genannt. Dieses Argument entfällt nun. Auch das Business-Modell für Wechselbatterien, wie sie etwa Nio anbietet, wird durch die neue Batteriegeneration nicht wirklich überzeugender. Ähnliches gilt für E-Fuels.
Vierte Ebene: Vom Pkw zum Lkw
Für Pkw mögen solche gewaltigen Ladeleistungen in der Tat längst überdimensioniert sein – für Nutzfahrzeuge sind sie es nicht. Hier denkt die Branche längst im Megawatt-Bereich.
Fünfte Ebene: China führt
Es ist kein Zufall, dass sich mit CATL und BYD nun zwei chinesische Hersteller ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Auch in der jüngeren Vergangenheit gingen die beiden wichtigsten Impulse von diesen beiden Konzernen aus: Cell-to-pack-Technologie und Lithium-Eisenphosphat-Zellen. Was aus dieser Richtung kommt, sollten wir also ernst nehmen. Lediglich beim Thema Silizium-Anoden scheint die Musik derzeit in Europa zu spielen.
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