Lager- und Logistikkonzept: Rewe-Boss investiert 80 Millionen Euro in den Kampf gegen Amazon
Rewe eröffnet ein neues High-Tech-Logistikzentrum in der Nähe von Köln, das Lebensmittellieferungen für die Region Köln, Bonn, Aachen bis nach Düsseldorf gewährleisten soll. Das neue „Fulfillment Center 2.0“ soll menschliche Kommissionierern, die in der Vergangenheit beim Zusammenpacken von individuellen Lebensmittellieferungen ordentlich Strecke machen mussten, das Leben einfacher machen. Mit Hilfe einer automatisierten Shuttle-Technologie kommen die gewünschten Artikel in Zukunft einfach zum Packtisch des Kommissionierers, der dann nur noch die Lieferung in ein Paket verpacken muss. Eine Bestellung soll sich so in Zukunft innerhalb von 15 Minuten abwickeln lassen – und das mit möglichst wenig Manpower.
Rewe investiert 80 Millionen – für ein Großlager
Das neue Konzept ist nicht nur deutlich kraftsparender als in der Vergangenheit – ein Packer macht laut Branchenzahlen pro Schicht rund 15 Kilometer Strecke – sondern auch zeitsparender und hilft dem Unternehmen, noch schneller und besser den Warenbestand im Blick zu behalten. Das erste dieser halbautomatischen „Food Fulfillment Center“ wurde vergangene Woche in Köln-Niehl eröffnet, weitere dürften folgen. Rewe lässt sich das einiges kosten – von 80 Millionen Euro ist die Rede – wie viel davon auf die Automatisierungsfunktionen entfällt, lässt sich nicht genau beziffern.
Den schönen Namen Scarlet One hat das Lager übrigens aufgrund seiner Lage an der Scarletallee. Mit rund 17.000 Quadratmetern ist es ungefähr so groß wie zweieinhalb Fußballfelder, 38 Warenausgangstore sollen dafür sorgen, dass Lieferungen ohne Verzögerungen zum Kunden kommen.
Für Rewe-Chef Lionel Souque ist das neue System ein Meilenstein, das modernste Lagerkonzept in Europa, das als Leuchtturmprojekt für die Rewe-Gruppe gilt. Diesen hohen Grad an Automatisierung wird Rewe auch brauchen, um mit dem US-amerikanischen Mitbewerber Amazon und dessen bekanntermaßen revolutionären Lagerkonzepten mitzuhalten. In Zukunft wird gerade bei der Auslieferung von Lebensmitteln – hier wird naturgemäß eine große Zahl an sehr unterschiedlichen Waren zusammengetragen – die Effizienz der Lager- und Picking-Prozesse darüber entscheiden müssen, wie erfolgreich ein Player ist.
Rewe und andere Lebensmittelketten versprechen sich viel
Die Messlatte hängt hoch, die Margen sind niedrig. Eine Vielzahl von Unternehmen kämpft um einen Markt, den die Deutschen für sich erst langsam erobern: Mit zehn Milliarden Euro Umsatzpotenzial beziffern Unternehmensberater den deutschen Markt für Online-Lebensmittel – doch wer’s schon mal ausprobiert hat, kennt die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind: Es geht dabei weniger um fehlende Frische als um die Lieferbarkeit genau des Produktes, das man bestellt hat, und um die zuverlässige Zustellung in einem knappen Zeitfenster. In rund 80 Ballungsräumen sind Rewe, Amazon und kleinere Nischenanbieter wie MyEnso unterwegs und bislang macht, so heißt es in der Branche übereinstimmend, noch keiner ein wirkliches Geschäft mit der Lieferung von Lebensmitteln. Schuld daran ist neben den in Deutschland traditionell niedrigen Margen im Lebensmittelhandel auch der große Arbeitsaufwand, wenn’s ums Packen und Ausliefern der Pakete geht. Hier ist Scarlet One ein Schritt in die richtige Richtung – wenn auch einer, der mit 80 Millionen Euro Anlaufkosten nicht gerade nach einem Schnäppchen klingt. Angesichts von 100 Millionen Euro Umsatz, die jedes Jahr über ein solches Lager laufen können, relativiert sich das doch etwas.
Doch Scarlet One kann mehr als nur die passenden Produkte zum Kommissionierer transportieren. Datenbasierte Verfahren sorgen dafür, dass niemals das gesamte Sortiment im Lager sein muss, sondern vielmehr jene Waren, von den ein Algorithmus weiß oder zu wissen glaubt, dass sie am jeweiligen Tag besonders gefragt sind: So kaufen laut Rewe an Montagen besonders viele Büros und Kindergärten frische Waren wie Obst, Gemüse, Milch – und in Richtung Wochenende treffen die Bestellungen von Familien mit entsprechenden Produktwünschen und gefragten Produktgruppen ein.
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80 Milionen. Da höre ich jemanden, auf der anderen Seite des Atlantiks, lachen.
Und wer genau lacht? ^^