Lara Sophie Bothur: Linkedin dementiert Reichweiten-Manipulation – Fragen bleiben offen
Der Linkedin-Account der Corporate-Influencerin Lara Sophie Bothur von Deloitte war vor drei Wochen Teil der Berichterstattung von t3n und ist dadurch bei Deloitte zum Gegenstand einer Untersuchung geworden. Mehrere Expertinnen und Experten ordneten Indizien ein, die auf den Einsatz von Hilfsmitteln zur anorganischen Steigerung der Reichweite hindeuten. Dazu zählen beispielsweise ein konstant linear ablaufendes Follower-Wachstum über Wochen von rund 1.000 Profilen pro Tag sowie externe Engagement-Raten im regelmäßig hohen zweistelligen Bereich. Letztere könnten auf Engagement-Pods schließen lassen.
Lara Sophie Bothur hatte sich zu den Vorwürfen nicht geäußert. In einer ersten Reaktion dementierte Deloitte jedoch eine Manipulation: „Die Steigerung der Reichweite des Linkedin-Accounts von Frau Bothur geht ausschließlich auf organisches Wachstum zurück“, hieß es in einer Stellungnahme.
Linkedin dementiert Manipulationen
Der Beratungskonzern hat aufgrund des Berichtes eine Untersuchung durch Linkedin angekündigt. Diese sei nun abgeschlossen, so ein Deloitte-Unternehmenssprecher gegenüber t3n. Linkedin hat demnach keine Unregelmäßigkeiten festgestellt, heißt es in der Stellungnahme des Karrierenetzwerks, die der t3n-Redaktion vorliegt: „Lara Sophie Bothur steht seit Veröffentlichung der Vorwürfe in engem Kontakt mit Linkedin. Sie ist Teil des Top-Voices-Programms von Linkedin, bei dem alle Top-Voices regelmäßig in Bezug auf Trust-Standards evaluiert und überprüft werden.“
Einen tiefergehenden Einblick in die untersuchten Daten sowie in die Methodik der Analyse haben allerdings weder Linkedin noch Deloitte gewährt. Auch äußerte sich Linkedin in diesem Statement nicht zu den konkreten Diskussionspunkten. Vor diesem Hintergrund bleiben Fragen zu einigen konkreten Indizien offen. Ein Einblick in die Creator Analytics des Accounts hatte Zweifel an einem natürlichen Wachstum nicht entkräftet.
Während der Untersuchung sind auch Profile und damit deren Kommentare von Linkedin verschwunden, die t3n stichprobenweise untersucht und dokumentiert hatte. Dazu zählen doppelte Kommentare, die die Redaktion als Indiz in einem Video aufgeführt hatte. Auch der Datenanalyst Daniel Hall, der als erster Lara Sophie Bothurs Account vor einigen Monaten mit Engagement-Pods in Verbindung gebracht hat, berichtet von umfangreichen Löschungen der von ihm festgehaltenen Accounts und Kommentare.
Gegenüber t3n räumt ein Unternehmenssprecher von Deloitte ein, dass Lara Sophie Bothur „nach Bekanntwerden der Vorwürfe auffällige Accounts unter ihren Postings identifiziert und an Linkedin gemeldet“ hat. Diese sollen durch das Karrierenetzwerk anschließend gelöscht worden sein. Linkedin bestätigt auf Nachfrage keine konkreten Löschungen von Accounts und Kommentaren in Zusammenhang mit der t3n-Recherche, gibt jedoch einen oberflächlichen Einblick in den Löschprozess.
„Wir setzen eine Reihe von automatisierten Schutzmaßnahmen ein, um Fake-Accounts so schnell wie möglich zu identifizieren und unseriöse Aktivitäten auf der Plattform zu unterbinden“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. „Um einen Fake-Account zu erkennen, analysieren wir eine Reihe von Indikatoren bezüglich der Registrierung und Aktivität des Accounts auf der Plattform.“ Zusätzlich überprüfe das Trust-&-Safety-Team verdächtige Aktivitäten auf dem Karrierenetzwerk. „Wenn wir etwas finden, das nicht unseren Richtlinien entspricht, entfernen wir es von der Plattform.“
Recherche löst hitzige Debatten aus
Die Recherche hatte für große Aufmerksamkeit gesorgt. Zuspruch erhielten die Kritiker durch Tech-Investor und Marketing-Berater Philipp Klöckner, der in seinem Doppelgänger-Podcast von einem zweifelhaften Wachstum des Accounts von Lara Sophie Bothur von „über 150 Prozent“ in wenigen Monaten sprach. Auch der Tech-Blogger Sascha Pallenberg hat in seinem Metacheles-Podcast weitere Indizien eines unnatürlichen Wachstums gesammelt. Pallenberg war in der Zeit von 2017 bis 2019 maßgeblich am Aufbau des Linkedin-Auftritts von Dieter Zetsche beteiligt, damals Vorstandsvorsitzender der Daimler AG.
Deutliche Kritik bekam die Recherche hingegen von dem Ex-Rose-Bikes-CEO Markus Diekmann. Auf Linkedin ordnete er die geäußerten Zweifel als „Hetze“ ein. Er selbst bezeichnet sich als guten Freund von Lara Sophie Bothur. Auch die Funke-Media-Podcasterin Kira Marie Cremer stimmte ein, indem sie die t3n-Recherche in einer Folge als „Hatespeech“ bezeichnete. Cremer zweifelte am Expertenstatus der im Beitrag zu Wort gekommenen Personen. Außerdem sprach sie von „angeblichen Indizien“.
Einen Tag nach der Veröffentlichung der t3n-Recherche wurden zudem die Instagram- und Threads-Profile von Lara Sophie Bothur deaktiviert. Ein Deloitte-Unternehmenssprecher teilte gegenüber dem Manager Magazin mit, dass es dort zu einer „großen Anzahl von unangemessenen Kommentaren“ gekommen war. Die Profile waren im Verhältnis zum Linkedin-Account eher klein. Vor der Stilllegung gab es zu Beginn des Jahres einen starken Anstieg von rund 3.500 neuen Followern binnen weniger Tage, nach der Veröffentlichung des Artikels verschwanden diese jedoch wieder. So etwas passiert in der Regel bei Löschungen von Fake-Followern durch den Plattformbetreiber Meta.
Postings als Firmenprodukt
Lara Sophie Bothur hat sich auch auf erneute Anfrage nicht persönlich zu der t3n-Recherche geäußert. „Ein gesondertes Statement unserer Mitarbeiterin Lara Sophie Bothur wird es nicht geben“, erklärt ein Unternehmenssprecher von Deloitte gegenüber t3n. Nachdem es nach der Veröffentlichung des Berichtes für einige Tage ruhig wurde auf ihrem Profil, hat sie inzwischen ihre öffentlichen Aktivitäten wieder aufgenommen. Wie ein der Redaktion vorliegendes Mediakit der Corporate-Influencerin von Deloitte zeigt, können ihre Postings auch gegen Bezahlung von Dritten gebucht werden.
Wie die Redaktion aus Kundenkreisen erfuhr, soll sich der Preis für eine Kooperation innerhalb eines Postings auf bis zu 10.000 Euro belaufen. Gegenüber t3n bestätigt Deloitte die Echtheit des Dokuments. Es sei eine „Arbeitsunterlage zu Überlegungen, Kunden ein entsprechendes Angebot unterbreiten zu können“. Ein erstes Pilotprojekt sei bereits vor einiger Zeit gestartet und entsprechend gekennzeichnet. „Derzeit prüfen wir intern, ob dieser Service Teil unseres Portfolios bleibt.“ Inwieweit Bothur möglicherweise an diesen Umsätzen beteiligt ist, darauf ging der Konzern nicht ein.
Okay, das Thema Corporate Influencer wird damit wohl erstmal zu den Akten gelegt.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie so eine Idee in naher Zukunft noch durch ein Entscheider*innen-Gremium kommen soll, solange dieser Shitstorm und die damit komplexe Aufklärung noch in den Erinnerungen einiger hängen.
Schade eigentlich, ich finde die Idee sehr attraktiv, Einblicke in Unternehmen, durch solche Werbegesichter zu gestatten, denn es gibt auch viele gute Beispiele dafür. Ich muss aber zugeben, dass ich davon ausgehe, dass diese selbst entschieden haben, sich so in der Öffentlichkeit zu inszenieren (u.a. auch um ihren eigenen Marktwert zu steigern).
Wirklich spannender finde ich Corporate Influencer, welche nicht C-Level oder Head-of sind.
Das Problem bzw. Tückische mit all den Corporate Influencern ist ja, dass da wahnsinnig viel show-off und „Schein“, aber nicht immer viel „Sein“ dabei ist. Ich will keineswegs in Abrede stellen, dass die Leute Ahnung von dem haben, wovon sie posten. Die Postings sind aber nicht zuletzt, weil oft mithilfe von KI erstellt, oft dermaßen generisch und fachlich oberflächlich, dass der wirkliche Lesegewinn für Leute, die mit dem Thema, zu dem „ge-influenct“ wird, gegen null geht.
Ich selbst bin Professor und nutze auch LinkedIn für die Netzwerkpflege, habe dort aber noch nie irgendwas gefunden, was fachlich für mich irgendeinen echten Benefit gehabt hätte. Das Dilemma, das die gesamte „Erregungsindustrie“ betrifft und in der Person des Influencer kumuliert, ist doch, dass diejenigen, die wirklich tiefgründig Ahnung von der Materie haben, weil sie sich in Praxis und Forschung täglich damit befassen, nicht die Zeit und Möge haben, dazu auch noch zu „influencen“.
Wenn ich täglich als Experte, Fachkraft, CEO etc. arbeite, habe ich nicht die Zeit, dann auch noch viele inhaltlich wertvolle Postings auf LinkedIn, Instagram oder gar YouTube und TikTok darüber zu erstellen, womit ich mich befasse. Diese echten Experten finden in der Öffentlichkeit daher kaum Gehör. Laut und präsent(er) sind die, deren Kompetenz darin liegt, das, was andere gut können oder irgendwo in Fachzeitschriften dargelegt haben, in thought-bites zu verpacken und in 150 Worten, schön bebildert, in einen Mini-Text zu verpacken.
Sicher, das zu leisten und sich zu alle den Themen up to date zu halten (wenn auch nicht immer tiefgehend), IST auch eine Kompetenz, keine Frage. Aber ob es die ist, die Unternehmen wirklich derart voran bringt, dass sie große Summen für die Zusammenarbeit mit Influencern ausgeben, ist eine andere Frage.
Auf mich hatte die Story jedenfalls eher die Wirkung, dass ich die Marke „Deloitte“ nun negativer sehe als zuvor. Generell ist die Frage, ob das, was Influencer für den Verkauf von Produkten leisten können, sich ohne weiteres auch auf das Positiv-„Branding“ von Marken auswirkt, die neue Mitarbeitende akquirieren wollen. Ich meine, dass sich Menschen da wesentlich weniger durch Bilder und Texte von Influencern beeinflussen lassen, als Unternehmen hoffen.