Lean vs. Agil: Was die beiden Ansätze unterscheidet
Vermeidung von Verschwendung
Spricht man von Lean, kommt man nicht herum von „Waste-Reduction“ zu sprechen. Ein Prinzip, mit dem Lean Management oft gleichgesetzt wird. Tatsächlich ist die Vermeidung von Verschwendung eines der zentralen Prinzipien. Sei es in Form von Überproduktion, hohen Lagerbeständen oder – dem bei Softwareentwicklung wohl schlimmsten Faktor – häufigem Task-Switching.
Lean Management darauf zu beschränken, wäre aber zu kurz gegriffen. Es ist vielmehr die Kombination aus einer absoluten Fokussierung auf die beteiligten Menschen in Kombination mit einem Anspruch der kontinuierlichen Verbesserung, die als wesentliches Hilfsmittel zur Vermeidung von Verschwendung dient und diese überhaupt erst ermöglicht.
Ständige Verbesserung funktioniert nur dann, wenn den Mitarbeitern die Freiheit überlassen wird, diese selbständig zu implementieren. Hierfür brauchen sie immer wieder Gelegenheit zur Reflexion, die in kurzen planbaren Intervallen stattfinden soll.
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Agile konzentriert sich auf das Produkt – Lean auf den Prozess
Alleine hier fallen schon einige Parallelen zu agilen Methoden ins Auge. Auch agile Teams arbeiten selbstorganisierend, das heißt sie entscheiden selbst wie sie ihre Aufgaben erfüllen. Weil Software häufig, in möglichst kurzen Intervallen, ausgeliefert werden soll, bietet sich für agile Teams auch regelmäßig die Gelegenheit zu Feedback – sowohl zum Produkt als auch zum Prozess.
Andererseits finden sich hier schon die ersten Unterschiede.
Während agile Prozesse eine hohe Priorität darauf legen, auf veränderte Anforderungen reagieren zu können, was in einer sehr flexiblen Vorgehensweise resultiert, ist das Ziel einer Lean Production, die Prozesse möglichst zu standardisieren und so weit zu vereinfachen, bis nur noch die Elemente übrig bleiben, die wesentlich zur Wertschöpfung beitragen.
Zwar ist das Ziel beider Ansätze die Zufriedenstellung des Kunden. Sie unterscheiden sich aber wesentlich im Ansatz: Konzentriert sich Agile auf das Produkt, so konzentriert sich Lean eher auf den Prozess.
Diese Tatsache lässt sich auch kulturell erklären. Der Ursprung der Lean-Prinzipien liegt im Produktionssystem von Toyota, einem japanischen Unternehmen. Gerade die japanische Kultur ist, wie einige andere asiatische Kulturen auch, von einer großen Hochachtung gegenüber der Perfektion von Prozessen geprägt. Der Sushi-Meister, der seinen Lehrling erst den Fisch schneiden lässt, nachdem es jener perfekt versteht den Reis zu rühren mag ein Klischee sein (wenn auch kein erfundenes), es illustriert aber treffend, wie die Fokussierung auf das Meistern bestimmter Handgriffe zu einer besseren Befriedigung der Kundenwünsche führt.„Der Sushi-Meister lässt seinen Lehrling auch erst nur den Reis rühren.“
Im Kontrast dazu stehen westliche Kulturen, die sich wesentlich auf das fertige Produkt konzentrieren und den Kunden dadurch besser bedienen, dass sie ständig versuchen das Produkt zu optimieren.
Zentrale Frage: Welche Strategie verfolge ich?
Die Frage, welcher der beiden Ansätze für das eigene Unternehmen nun der geeignete ist, ist die falsche. Aus der alten Management-Weisheit „Structure follows strategy“ folgt, dass viel wesentlicher ist, welche Strategie das Unternehmen verfolgt. Daraus ergibt sich dann fast automatisch, welche Unternehmensstruktur notwendig ist, um mit der verfolgten Strategie erfolgreich zu sein.
Als Faustregel würde ich Folgendes definieren: Verfolgt dein Unternehmen eine Strategie, die auf einem Kostenvorteil gegenüber dem Wettbewerb basiert, ist ein Lean-Management-Ansatz vermutlich der bessere. Die Vermeidung von Verschwendung führt auch zur Vermeidung von Kosten und schließlich zu der Möglichkeit, dem Kunden einen geringeren Preis anzubieten.
Auf der anderen Seite eignen sich agile Methoden besser für Differenzierungsstrategien. Wenn der Wettbewerbsvorteil darin bestehen soll, die Bedürfnisse der Kunden besser zu kennen, zu verstehen, um sie besser befriedigen zu können, heißt das auch, dass Prozesse benötigt werden, die ein ständiges Analysieren des Marktes ermöglichen und viele Gelegenheiten bieten, auf diese Erkenntnisse zu reagieren.
Keiner der beiden Ansätze ist also besser oder schlechter als der andere. Viel wichtiger ist, genau zu wissen, welche Ziele ein Unternehmen verfolgen muss, um erfolgreich zu sein. Hat man hier eine klare Vision, ergibt sich der Weg fast wie von selbst.
Wirklich schlechter Artikel. Äpfel mit Birnen vergleichen.
Also ich kann der Sichtweise des Artikels nicht zustimmen. Natürlich steht bei SCRUM die Weiterentwicklung von Softwareprodukten im Vordergrund, warum dies allerdings einem „Lean“ Ansatz entgegenstehen soll erschließt sich mir jedoch nicht. Im Gegenteil: Teil des Frameworks ist die sog. Retrospektive die nach jedem Sprint abgehalten wird, und ausschließlich dazu dient den Prozess (nicht das Produkt) zu optimieren. Und genau darum geht es bei dem „Kaizen“ Ansatz aller Lean Methodiken: Kontinuierliche Verbesserung des Prozesses.
Der Artikel trifft den Kern der Sache, ist bei weitem aber nicht vollständig. Das geht in einer solch komprimierten, für die Allgemeinenheit verständlichen Form auch schlecht.
Die Software-Entwickler unter uns müssen dabei bedenken, dass SCRUM und andere Entwicklungsmethoden meist Konzepte aus beiden Welten enthalten.