Lenovo darf keine Motorola-Smartphones mehr verkaufen: Das musst du dazu wissen

Der Streit um Patente und Lizenzen im Mobilfunksektor geht weiter: Nachdem ein Münchner Gericht Ende April gegen Samsung entschieden hat, sodass dem Branchenprimus ein Verkaufsstopp und im Ernstfall sogar die Zerstörung der eigenen Geräte droht, sieht sich jetzt das chinesische Unternehmen Lenovo einem ähnlichen Schicksal ausgesetzt. Der größte Unterschied: Schon jetzt sind Lenovo und die Mobilfunktochter Motorola von einem Verkaufsstopp betroffen und dürfen in Deutschland keine Mobilfunkgeräte mehr veräußern, die ein WWAN-Modul enthalten.
Interdigital versus Lenovo: Münchner Landgericht entscheidet zugunsten des Klägers
Wie die Wirtschaftswoche berichtet, hatte der amerikanische Technologieentwickler Interdigital (IDC) vor dem Münchner Landgericht wegen Patentrechtsverletzungen in Bezug auf das sogenannte WWAN-Modul geklagt. Das Modul enthält die Technik, die für den Internetzugang über Mobilfunknetze nötig ist.
Anfang Mai soll das deutsche Gericht nun gegen Lenovo entschieden haben, wobei der chinesische IT-Dienstleister noch Berufung einlegen kann. Nachdem der Kläger allerdings am 8. Mai eine Kaution in Höhe von vier Millionen Euro für die „vorläufige Vollstreckung“ hinterlegt hat, herrscht seit diesem Zeitpunkt in Deutschland ein Verkaufsverbot für alle Produkte aus dem Hause Lenovo, die ein WWAN-Modul enthalten.
Laut golem.de handelt es sich dabei um „alle Motorola-Smartphones sowie alle mobilfunkfähigen Notebooks, Notebook/Tablet-Hybridgeräte, Desktop-PCs und Workstations sowie Tablets“. Entsprechend dünn ist das Produktportfolio von Lenovo und Tochter Motorola für deutsche Käufer:innen aktuell: Im deutschen Motorola-Onlineshop sind einzig noch die Moto-Buds-Ohrstöpsel zu finden; der Lenovo-Shop listet noch immer zahlreiche Tablets und Notebooks, jedoch beschränkt auf Wi-Fi-Modelle, sprich ohne WWAN-Modul und Mobilfunkfähigkeit.
Lenovo hat bereits Berufung angekündigt – vollstreckt wird das Urteil dennoch schon
Bei Interdigital zeigte man sich zufrieden über das Urteil: „Nach der Feststellung des Gerichts hoffen wir, dass Lenovo seinen Kurs ändert und endlich eine faire und vernünftige Lizenz erhält“, zitiert die Wirtschaftswoche Josh Schmidt, den Chief Legal Officer von Interdigital. Lenovo hingegen hat bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen, da man die Schuld für fehlende Linzenzvereinbarungen nicht bei sich sieht: „Wir respektieren die Entscheidung des Münchner Gerichts, sind aber der Meinung, dass IDC selbst gegen die rechtlichen Verpflichtungen verstoßen hat, seine Technologie zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen an Lenovo zu lizenzieren“, so Lenovo.
Interessant ist die Tatsache, dass Interdigital mit einer ähnlichen Klage im Juni 2023 noch vor einem Gericht in Großbritannien gescheitert war. Die deutschen Gerichte gelten hingegen als eher klägerfreundlich, weswegen man, so schreibt die Wirtschaftswoche, nun also den Weg über Deutschland gewählt hat.
Verkaufsverbot für Lenovo: Wie geht es weiter?
Wie bei solchen rechtlichen Auseinandersetzungen üblich, ist zu erwarten, dass sich die gegenüberstehenden Parteien im Patentverfahren noch einigen werden. Ob Lenovo eine Lizenzvereinbarung aushandeln kann, die das Unternehmen als „fair und angemessen“ empfindet, bleibt dabei abzuwarten; der Technologiekonzern sitzt aber klar am kürzeren Hebel, da er seine Produkte weiterhin verkaufen können möchte.
Die EU-Kommission arbeitet schon seit einer Weile daran, die Regulierung von Patenten zu überarbeiten und Schlupflöcher, die überzogene Preise für Lizenzen ermöglichen, zu schließen. Seit einem ersten Vorschlag im April 2023 ist jedoch noch nichts weiter passiert.