
Begonnen hatte es mit der Entlassung von Santiago, einem Rider, wie Gorillas seine Fahrradkuriere nennt, der angeblich wegen eines einmaligen Zuspätkommens um wenige Minuten fristlos entlassen worden war. Am 9. und 10. Juni 2021 hatten Mitarbeitende unter Führung einer sich selbst Gorillas Workers Collective nennenden Gruppe ein Lieferzentrum am Prenzlauer Berg bestreikt. Wesentliche Forderung: Santiago muss sofort wieder eingestellt werden.
Ultimaten wurden gestellt und verstrichen. Die Gorillas-Geschäftsführung unter Kağan Sümer blieb hart. Die Kündigung Santiagos ist bis heute nicht zurückgenommen worden. Mediatoren hätten zu diesem Zeitpunkt bereits warnen können, dass eine Deeskalation auf diese Weise nicht zu erreichen ist.
In der Folge kamen weitere Beschwerdegründe hinzu. Gehälter würden teils verspätet gezahlt, Überstunden nicht sauber abgerechnet. Die Rucksäcke seien zu schwer, die Schutzkleidung bei Regen nicht dicht genug. Zudem würden nicht alle Mitarbeitenden mit den nötigen Hilfsmittel ausgestattet. Das hatte auch in den vergangenen Tagen immer wieder zu spontanen Streiks geführt.
Gorillas sah sich gezwungen, ein improvisiertes Lieferzentrum auf einem Gehweg zu errichten. Das brachte dem Unternehmen zusätzlichen Ärger mit dem Ordnungsamt ein.
Auch in der sich stetig weiter aufheizenden Situation scheint die Gorillas-Geschäftsführung den harten Weg beschreiten zu wollen. So hatten sie zuletzt ihre Mitarbeitenden indirekt vor Arbeitsniederlegungen wegen schlechten Wetters gewarnt. „Nicht aufzutauchen bedeutet, dass der Rest der Crew für dich aufkommen muss“, hatte es in einer internen Mail geheißen. Im Unternehmen soll von Abmahnungen die Rede sein, die angesichts von Arbeitsniederlegungen wegen schlechten Wetters eigentlich erteilt werden müssten. Immerhin bekämen eine vollständige Regenuniform zur Verfügung gestellt, „bestehend aus Cape und Regenhose mit Regenfüßlingen“.
In einer Stellungnahme, die der Morgenpost vorliegt, heißt es: „Wir verstehen, dass bei der heutigen Wetterlage in Berlin auch diese Ausstattung nicht vollständig vor dem Nasswerden schützt. Diesen Umstand jedoch als Anlass für einen spontanen Streik ohne Rechtsgrundlage zu nehmen und zu weiteren Streiks in anderen Warehouses aufzurufen, können wir nicht nachvollziehen.“
Inzwischen hat Gorillas auch Teile der Berliner Politik gegen sich. Das Unternehmen nutze „jede Möglichkeit der Turboexpansion“, lautet einer der Vorwürfe. Die Berliner Spitzenkandidatin der SPD, Franziska Giffey, hatte sich in den Vorgang eingeschaltet und Gorillas ermahnt, „gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen“ zu gewährleisten. In dieser Frage könne es für Startups keine Ausnahmen geben, so die Politikerin.
Ab dem 28. Juni wollte Firmenchef Sümer insgesamt 40 Lager in ganz Deutschland besuchen. Dort wollte er mit den Mitarbeitenden eine dreistündige Schicht übernehmen und deren Fragen beantworten. Dass Sümer tatsächlich auf dieser Reise ist, darf angesichts der aktuellen Entwicklungen als unwahrscheinlich betrachtet werden.
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Bei all dem muss man sich fragen wie es sein kann, dass Unternehmen sich diesn Kurierdienst aussuchen? Ist im Übrigen auch wieder ein Beweis für die Start-Up Szene, die nämöich nichts anderes ist, als ein Kleinunternehmen, das seine Mitarbeiter ausbeutet. Start-Ups sind nichts besonderes und sie sind auch nur darauf aus, Gewinne auf den Schultern der Mitarbeiter zu machen. Wann wird das endlich verstanden?