Linkedin: Wie viel KI tut deinem Personal Branding gut?

Künstliche Intelligenz bahnt sich ihren Weg durch alle Bereiche der Arbeitswelt. Selbst auf Karrierenetzwerken wie Linkedin ist sie überall zugegen – ob durch Action-Figuren, Porträt-Fotos oder Posting-Texte, die KI-generiert sind. Content-Creatoren greifen regelmäßig auf KI-Tools wie ChatGPT, Midjourney und Co. zurück, um ihre Inhalte zu produzieren.
Als eine der führenden Linkedin-Expertinnen in Deutschland hat auch Britta Behrens auf der diesjährigen OMR bemerkt, dass die KI-Contentflut auf dem Vormarsch ist. Behrens gehört zu den weltweit 36 Linkedin-Certified-Marketing-Experts und ist Mitglied im Linkedin-Creators-Team. Wir haben sie im Nachgang der OMR gefragt: Wie viel KI tut deiner Personal Brand gut?
t3n: Wir haben diverse KI-Trends auf Linkedin gesehen, die Leute für Personal Branding nutzen: zuletzt kursierten Action-Figuren, Ghibli- und Simpson-Avatare. Ist das noch professionell oder doch schon belanglos?
Britta Behrens: Ich denke, dass da schon ein gewisser Personal-Branding-Faktor mitschwingt. Denn die Leute zeigen damit auch, wie sie sich selbst sehen oder gesehen werden wollen. Nehmen wir die Action-Figuren. An ihrer Seite sind auch ihre Daily-Business-Essentials zu sehen – sei es der Sixt-Mietwagenschlüssel, der Apple-Laptop, der Rimowa-Trolley oder der Starbucks-Becher. Daraus lässt sich natürlich schlussfolgern, dass sie beispielsweise oft unterwegs sind. Witzig war auch, dass einige dann ihren Hund oder ihren Basketball gezeigt haben. Das lässt auch Rückschlüsse auf ihren Charakter zu.
Viele Menschen waren von dem Hype aber auch genervt. Zurecht?
Das stimmt. Man muss aber auch dazu sagen, dass sie mit ihrer offen ausgetragenen Kritik die Sache noch mehr befeuert haben. Was mir dieser Hype gezeigt hat, ist, dass dadurch plötzlich viele Menschen einen Zugang zu KI bekommen haben, der vielleicht vorher nicht da oder nicht besonders ausgeprägt war. Insgesamt würde ich das schon als positiv betrachten. Und davon ab: Haters gonna hate!

Linkedin-Expertin Britta Behrens über KI-Helfer im Personal Branding. (Foto: Oliver Güth)
Einige ließen kürzlich auch ihr Profil von einer KI roasten und haben das Ergebnis mit ihren Followern geteilt. Wie ordnest du solche Stunts ein?
Das würde ich mal unter Eskapismus abspeichern. Im Grunde eher eine Spielerei, die natürlich keine professionelle Profilpositionierung auf Grundlage der Karriere- oder Unternehmensziele ersetzt. Die KI schaut auch hier, wie sich die Person selbst darstellt, aber die Folge ist, dass dann eventuell genutzte Superlative ins Negative gedreht werden. Es zeigt, dass man über sich lachen kann, aber mehr nicht.
KI macht hier nicht Stopp: In vielen Postings ahnt man, dass auch die Texte von ChatGPT und Co. geschrieben sind. Wie blickst du auf den Einsatz dieser KI-Helfer, um Texte zu verfassen?
In der Frage steckt meines Erachtens schon die Antwort: KI-Helfer! Es ist vollkommen legitim, sich unterstützen zu lassen. Wir sind nicht alle Kommunikationsprofis, die tagtäglich mit Texten arbeiten. Viele haben einen operativ anderen Job und nicht die Zeit, an ihren Beiträgen über Stunden oder gar Tage zu arbeiten. Grundsätzlich sehe ich da kein Problem.
Grundsätzlich?
Was meines Erachtens wenig sinnvoll ist, ist, wenn diese Texte dann nicht noch einmal angefasst und mit eigenen Gedanken oder persönlichen Formulierungen überarbeitet werden. Eine 1-zu-1-Kopie der KI gibt mir rein gar nichts über die Person preis. Es konterkariert auch, dass Linkedin eine Mensch-zu-Mensch-Plattform ist, in der sich Individuen austauschen wollen. Bei mir würde das zu einem Unfollow führen.
Woran erkennt man, ob ein Text aus einer KI stammt?
Häufig erkennt man das an der Struktur. Es sind in der Regel sehr kurz knackige Absätze oder reine Stichwortsätze, die auch noch immer mit irgendwelchen Emojis eingeleitet werden. ChatGPT formatiert die Texte häufig auch mit Fett- oder Kursivschriften, die übrigens nicht barrierefrei sind – also am Ende dann ein Schuss ins Knie, sofern Menschen sich die Postings beispielsweise vorlesen lassen. Außerdem ist es immer auffällig, wenn am Ende eine sehr generische Frage anstatt eine konkrete gestellt wird, um noch Interaktionen abzugreifen.
Seit Langem gilt, dass Porträts zur Unterlegung der Texte gut ankommen. Inzwischen sind aber auch die oftmals KI-generiert. Der Vorteil ist klar: Sie sind günstiger als ein Shooting. Aber sind sie auch authentisch?
Das kommt ganz darauf an. Ich sehe für das Personal Branding kein Problem darin, wenn jemand ein Porträt nutzt und auf der Basis sich weitere Porträts oder sich in Umgebungen befindend, erstellen lässt, die es wirklich gegeben hat. Aber hier ist trotzdem auch Vorsicht geboten.
Inwiefern?
Wenn die Bilder zu glatt sind und jeder Makel verschwindet, dann ist das natürlich wenig authentisch. Ich glaube auch, dass Menschen sich von dieser Überzeichnung nicht angesprochen fühlen. Wir sehen das auch in der Modeindustrie, dass sich da ein Trend hin zu mehr Echtheit bewegt.
Du hast es eben beiläufig angesprochen. Stichwort: Mensch-zu-Mensch-Plattform. Stellenweise bekommt man den Eindruck, dass auf mutmaßlich KI-generierte Beiträge mit mutmaßlich KI-generierten Kommentaren geantwortet wird. Sind dir solche Fälle auch schon aufgefallen?
Ja, das ist mir sogar massiv aufgefallen. Ich habe das selbst auch mal in einem Posting thematisiert. Das Ding ist, dass Menschen über Kommentare eine enorme Sichtbarkeit und damit ihren eigenen Personal Brand sehr effektiv aufbauen können. Aber wenn Effektivität mit Effizienz verwechselt wird und die Kommentare darin keinen wirklichen Erkenntnisgewinn bringen, dann ist die ganze Sache wertlos. Wer Linkedin mit KI-generierten Beiträgen und Kommentaren flutet, versteht den Sinn der Plattform nicht.
Aber wenn er Reichweite generiert, hat er dann nicht seinen Zweck erfüllt?
Das ist zu kurz gedacht. Ich habe schon so manch eine Person mit viel Reichweite getroffen, die am Ende fachlich nur sehr wenig Ahnung hatte.
Kommentare also lieber selbst schreiben?
Ja, es ergibt auch keinen Sinn, das eigene Profil zu einem voll automatisierten Marketing- und Sales-Funnel umzuwandeln. Es geht hier um Beziehungspflege. Und ganz ehrlich: einen Kommentar zu verfassen, nimmt in der Regel nicht viel Zeit in Anspruch.
Laut einer Analyse von Stack Marketer sind 24,6 Prozent des Linkedin-Datenverkehrs nicht menschlichen Ursprungs. Welchen Wert hat die Plattform noch, wenn sich künftig nur noch KI mit KI unterhält?
In meinen Augen würde es Linkedin ruinieren, wenn Menschen nur noch durch KI-Avatare repräsentiert werden und die sich allein untereinander unterhalten. Es zerstört langfristig auch das Vertrauen und die Reputation sowohl in den Personal Brand als auch in die Plattform. Der Sinn ist meines Erachtens, über einen Austausch eine Verbindung aufzubauen, die sich dann aus dem Digitalen ins Analoge bewegt. Noch einmal: es geht um Beziehungspflege.
Dennoch ist die Zahl enorm hoch. Höher als in anderen Netzwerken. Nimmt Linkedin das Problem ernst oder wird das wissentlich in Kauf genommen?
Ich denke, Linkedin nimmt das Problem ernst. Es ist auch nur ein kleiner Teil an Nutzerinnen und Nutzer, der es so auf die Spitze treibt. Meines Wissens benutzen überhaupt nur fünf Prozent der aktiven Nutzerinnen und Nutzer regelmäßig die Posting-Funktion und veröffentlichen Inhalte.
Ist es nicht gerade dann attraktiv, ein wenig Fake zu tolerieren?
Linkedin hätte ganz sicher gerne mehr Content-Creatoren, um Impressions zu generieren und so ihre Werbeanzeigen besser vermarkten zu können. Aber das bringt alles nichts, wenn die Anzeigen nur von KI-Bots gesehen werden. Es geht da auch um Glaubwürdigkeit gegenüber den Kundinnen und Kunden.
Was tut das Unternehmen dagegen?
Zunächst einmal geht es streng gegen Automatisierungen vor. Es ist beispielsweise nicht möglich, automatisierte Follow-up-Nachrichten oder massenhafte Kontaktanfragen zu schicken. Das geht alles nur persönlich. Sobald Automatisierungstools erkannt werden, riskieren Nutzerinnen und Nutzer mindestens die Sperrung bis hin zur Löschung ihres Accounts. Linkedin entledigt sich aber auch so regelmäßig von gefälschten Profilen. Zuletzt gab es 2023 eine großangelegte Löschaktion. Inzwischen passiert das in kleinerem Ausmaß, aber dafür regelmäßiger.
Welche Rolle kann die Linkedin-Community selbst einnehmen?
Ich plädiere immer wieder dafür, dass auffällige Accounts mindestens entfolgt und blockiert werden, besser noch gemeldet werden. Linkedin kann durch diese Unterstützung viel effektiver prüfen, ob Accounts selbst oder die Interaktionen, die von ihnen ausgehen, wirklich echt sind. Die Mühe ist es wert.
Danke für das Gespräch!