Mars, Saturnmond oder Jupitermond: Diese arktischen Mikroben könnten auch im All vorkommen
Die Axel-Heiberg-Insel, einige Hundert Kilometer vom Nordpol entfernt, ist alles andere als einladend. Zwischen Eis und Schnee, Salzablagerungen, Felsen und Permafrostböden liegt eine der kältesten Quellen weltweit. Und genau diese unwirtliche Umgebung hat ein Forschungsteam von 2017 bis 2019 auf Bakterien untersucht.
Das Spannende: Was in der „Lost Hammer“-Quelle überlebt, könnte so oder so ähnlich auch auf dem Mars vorkommen. Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler:innen jetzt im Journal der International Society for Microbial Ecology veröffentlicht.
Mikroben aus der Arktis könnten auch auf Saturn- und Jupitermonden leben
Die meisten Lebewesen auf der Erde brauchen – direkt oder indirekt, also zum Beispiel für ihre organische Nahrung – Sonnenlicht, um zu überleben. Die Mikroben, die im Bodensatz der „Lost Hammer“-Quelle leben, können darauf anscheinend verzichten: Sie atmen anorganische Verbindungen wie Methan und Schwefelwasserstoff ein. Die versorgen die Mikroorganismen mit Nährstoffen und riechen schon von Weitem nach faulen Eiern.
Schon länger vermuten Wissenschaftler:innen, dass in der Vergangenheit auch auf dem Mars Mikroben im Sediment kalter Teiche gelebt haben könnten. Die Spurensuche auf dem roten Planeten läuft, ist aber kostspielig und ziemlich aufwendig.
Weil die Umweltbedingungen in der „Lost Hammer“-Quelle denen auf dem Mars allerdings ziemlich nahe kommen, lassen sich aus der dortigen Forschung Vermutungen aufstellen: „Die Lebewesen, die wir in Lost Hammer gefunden haben, stehen ganz oben auf der Liste der Mikroorganismen, von denen wir annehmen, dass sie auf dem Mars oder auf den Eismonden Enceladus oder Europa leben könnten“, erklärt Mikrobiologie-Professor Lyle White gegenüber Wired. Enceladus ist einer der Saturnmonde, Europa gehört zum Jupiter. Aber auch in der Tiefsee werden ähnliche Organismen vermutet.
Marsmission 2020: Untersuchungen auf der Erde bereiten Forscher:innen auf Probenanalyse vor
Das Wasser, in dem die Mikroben auf der Axel-Heiberg-Insel leben, ist etwa minus fünf Grad kalt. Durch den hohen Salzgehalt, der gut zehnmal so hoch ist wie in normalem Meerwasser, gefriert die Quelle nicht. Auf dem Mars sind hingegen nur noch Salzablagerungen zu finden, die vermuten lassen, dass es auch dort irgendwann ähnliche Soleteiche gegeben hat.
Die Mikroorganismen, die das siebenköpfige Forschungsteam unter die Lupe genommen hat, überleben in fast sauerstofffreiem Wasser und gelten damit als extremophil, also an extreme Lebensbedingungen angepasst. Und während der geringe Sauerstoffgehalt für Erdverhältnisse ungewöhnlich ist, kommt er auf anderen Planeten häufiger vor.
Um mehr über die Mikroben herauszufinden, haben die Wissenschaftler:innen sie aus wenigen Gramm schweren Schlammproben extrahiert und ihr Erbgut sowie die RNA untersucht. Daraus konnten sie Rückschlüsse darauf ziehen, wovon sich die kleinen Lebewesen ernähren und wie sie unter den unwirtlichen Bedingungen überleben.
Mikrobenökologin Jill Mikucki von der University of Tennessee in Knoxville, die zwar nicht Teil der „Lost Hammer“-Untersuchung war, aber ähnliche Forschung betreibt, erklärt gegenüber Wired: Durch die Untersuchung von Mikroorganismen, die extreme Erdbedingungen überleben, können Wissenschaftler:innen grundsätzlich darauf vorbereitet werden, irgendwann entsprechende Proben vom Mars zu untersuchen. „Das lehrt und trainiert uns, wie wir einige dieser Analysen durchführen könnten, wenn wir Proben vom Mars zurückbekommen, zum Beispiel mit der Mars-Mission 2020”, für die der Rover Perseverance aktuell unterwegs ist.